Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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mich gegen diesen Kreis brutaler und bösartiger Gesichter, die mich im Halbdunkel anstarrten. Ein plötzliches tiefes Mitgefühl wallte in mir auf. Ich erinnerte mich der Anschauung des Cockneys: Wie mußte Gott sie hassen, daß sie so gepeinigt wurden!

      „Ich habe nichts gesehen oder gehört, glaubt mir!" sagte ich ruhig.

      „Ich sage euch, er ist in Ordnung", hörte ich Leachs Stimme, als ich die Treppe hinaufstieg. „Er liebt den Alten nicht mehr als ihr und ich."

      Ich fand Wolf Larsen in der Kajüte, entkleidet und blutig. Er wartete auf mich und begrüßte mich mit seinem seltsamen Lächeln. „Kommen Sie, und machen Sie sich an die Arbeit, Doktor. Sie scheinen die besten Aussichten für eine ausgedehnte Praxis auf dieser Reise zu haben. Ich weiß nicht, was ohne Sie aus der Ghost geworden wäre, und wenn ich sogenannter edler Gefühle fähig wäre, würde ich Ihnen versichern, daß Ihr Kapitän Ihnen außerordentlich dankbar sei."

      Ich kannte den einfachen Arzneikasten der Ghost, und während ich Wasser auf dem Kajütsofen wärmte und alles für die Behandlung der Wunden Nötige bereitmachte, ging er lachend und plaudernd auf und ab und betrachtete prüfend seine Verletzungen. Ich hatte ihn noch nie entblößt gesehen, und der Anblick seines Körpers benahm mir fast den Atem. Es war nie meine Schwäche gewesen, das Fleisch zu sehr zu preisen - weit entfernt. Aber es steckte genug von einem Künstler in mir, um Wunderwerke anzuerkennen.

      Wolf Larsen war der Mann in seiner Vollkommenheit, beinahe ein Gott. Wenn er sich bewegte oder die Arme hob, sprangen und regten sich die starken Muskeln unter der feinen, glatten Haut.

      Ich vergaß zu bemerken, daß das Braun sich auf sein Gesicht und seinen Hals beschränkte. Sein Körper war, dank seiner skandinavischen Herkunft, weiß. Ich weiß noch, wie er die Hand hob, um seine Kopfwunde zu befühlen, und wie der Bizeps sich wie ein lebendiges Wesen unter einer weißen Hülle bewegte. Dieser Bizeps war es, der mir kürzlich beinahe das Leben herausgepreßt, den ich so viele tödliche Schläge hatte austeilen sehen. Ich konnte die Augen nicht von ihm lassen. Reglos stand ich da und ließ ein Päckchen Watte, das ich in der Hand hielt, sich aufrollen und zu Boden fallen.

      Er sah sich nach mir um, und ich wurde mir bewußt, daß ich dastand und ihn anstarrte:

      „Gott hat Sie schön geschaffen", sagte ich.„Wirklich?" antwortete er. „Ich habe oft dasselbe gedacht und mir den Kopf zerbrochen, warum?" „Absicht...", begann ich.

      „Zweckmäßigkeit", unterbrach er mich. „Dieser Körper ist zum Gebrauch geschaffen. Diese Muskeln sind gemacht, um zuzupacken, um zu zerreißen und zu vernichten, was sich zwischen mich und das Leben stellt. Aber haben Sie an andere Lebewesen gedacht? Auch sie haben Muskeln irgendwelcher Art, um zu packen, zu zerreißen und zu vernichten. Wenn sie aber zwischen mich und das Leben treten, so übertreffe ich sie im Packen, Zerreißen und Vernichten. Eine Absicht erklärt dies nicht, wohl aber die Zweckmäßigkeit." „Das ist nicht schön", wandte ich ein. „Das Leben ist nicht schön, meinen Sie", lächelte er. „Und doch sagen Sie, ich sei schön geschaffen. Sehen Sie her!"

      Er spreizte die Beine und preßte die Zehen gegen den Kajütsboden, als wolle er ihn damit packen. Knoten, Klüfte und Berge von Muskeln spielten unter seiner Haut. „Fühlen Sie!" befahl er. Sie waren hart wie Stahl. Sein ganzer Körper hatte sich, straff und geschmeidig, unbewußt zusammengezogen, die Muskeln streckten sich sanft über Lenden, Rücken und Schultern, die Arme waren leicht erhoben, ihre Muskeln zogen sich zusammen, die Finger krümmten sich, daß die Hände Klauen glichen, und selbst die Augen hatten ihren Ausdruck gewechselt, und die Schärfe und Wachsamkeit eines Raubtieres leuchteten aus ihnen.

      „Festigkeit und Gleichgewicht", sagte er und entspannte seinen Körper wieder. „Füße, um sich am Boden zu halten. Beine, um fest zu stehen und Widerstand zu leisten, wenn ich mit Armen, Händen, Zähnen und Nägeln zu töten versuche, um nicht selbst getötet zu werden. Absicht? Zweckmäßigkeit ist ein besseres Wort."

      Ich widersprach ihm nicht. Ich hatte den Mechanismus einer primitiven kämpfenden Bestie gesehen, und er machte einen Eindruck auf mich wie die Maschinen eines großen Kriegsschiffes oder eines Ozeandampfers. Wenn ich an den heißen Kampf im Vorderkastell dachte, war ich überrascht von der Oberflächlichkeit seiner Verletzungen, und ich glaube sagen zu dürfen, daß ich sie gut pflegte. Mit Ausnahme einiger häßlicher Wunden waren es nur tüchtige Beulen und Schrammen. Der Schlag, den er auf den Kopf erhalten hatte, ehe er über Bord flog, hatte seine Schädeldecke mehrere Zentimeter breit bloßgelegt. Ich reinigte die Wunde und nähte sie nach seiner Anweisung zusammen, nachdem ich die Wundränder rasiert hatte. Dann hatte er einen schlimmen Riß in der Wade, der aussah, als hätte sich eine Bulldogge hinein verbissen.

      „Ja, wie gesagt, Hump. Sie sind ein brauchbarer Mensch", begann Wolf Larsen, als ich mit meiner Arbeit fertig war. „Wie Sie wissen, fehlt uns ein Steuermann. Von jetzt an übernehmen Sie die Wache, erhalten fünfundsiebzig Dollar monatlich und werden vorn und achtern Herr van Weyden angeredet."

      „Ich - verstehe nichts von Navigation, das wissen Sie doch", keuchte ich.

      „Gar nicht nötig."

      „Ich mache mir wirklich nichts aus einer solchen Beförderung", wandte ich ein. „Ich finde das Leben schwer genug in meiner jetzigen bescheidenen Stellung. Ich habe keine Erfahrung. Alle Mittelmäßigkeit hat ihre Grenzen."

      Er lächelte, als wäre die Sache abgemacht.

      „Ich will nicht Steuermann auf diesem Höllenschiff sein!" rief ich trotzig. Ich sah sein Gesicht hart werden und den unbarmherzigen Schimmer in seine Augen treten. Er ging in seinen Schlafraum, indem er sagte: „Und jetzt, Herr van Weyden, gute Nacht."

      „Gute Nacht, Herr Larsen", antwortete ich schwach.

      Ich kann nicht behaupten, daß die Stellung als Steuermann mir einen andern Vorteil gebracht hätte, als daß ich nicht mehr Geschirr abzuwaschen brauchte. Ich wußte nicht das geringste von den elementarsten Pflichten eines Steuermanns, und es würde mir schlecht ergangen sein, hätte ich nicht die Zuneigung der Matrosen besessen. Die Männer bemühten sich, mich anzuweisen - namentlich Louis war ein tüchtiger Lehrer -, und meine Untergebenen machten mir keine Schwierigkeiten.

      Anders die Jäger. Mehr oder minder mit dem Leben zur See vertraut, nahmen sie mich für eine Art Scherz. Zwar konnte ich es selbst nicht ernst nehmen, daß ich, die ausgemachteste Landratte, das Amt des Steuermanns bekleiden sollte, - wenn aber andere einen nicht ernst nehmen, ist das etwas anderes. Ich beklagte mich nicht, aber Wolf Larsen forderte die pünktliche Einhaltung der Schiffsgesetze in bezug auf mich - in weit höherem Maße, als er es bei dem armen Johansen getan, und nachdem er ein paar von ihnen verprügelt und sie eindringlich ermahnt und bedroht hatte, kamen die Jäger zur Vernunft. Ich war vorn und achtern Herr van Weyden, und nur inoffiziell geschah es wohl, daß Wolf Larsen mich noch Hump nannte.

      Es war ganz unterhaltend. Während wir bei Tisch saßen, schlug zum Beispiel der Wind um, und wenn ich dann aufstand, sagte er: „Herr van Weyden, würden Sie die Güte haben, nach Backbord umzulegen." Und ich ging an Deck, rief Louis zu mir und ließ mir von ihm sagen, was zu tun war. Wenn ich dann seine Anweisungen verdaut und das Manöver verstanden hatte, ging ich daran, meine Befehle zu erteilen.

      Ich erinnere mich an einen der ersten Fälle dieser Art. Als ich gerade meine Befehle erteilen wollte, erschien Wolf Larsen auf der Szene. Er rauchte seine Zigarre und schaute ruhig zu, dann kam er nach achtern und stellte sich neben mich. „Hump", sagte er, „Verzeihung: Herr van Weyden, ich gratuliere. Jetzt können Sie Ihrem Vater die Beine ins Grab zurückschicken. Sie haben Ihre eigenen entdeckt und gelernt, auf ihnen zu stehen. Noch ein bißchen Arbeit in den Tauen, einige Übung im Segelsetzen und etwas Erfahrung bei Sturm, und Sie können am Ende der

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