Gesammelte Werke. Джек Лондон
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„Ich finde, er ist ein besserer Mensch als Sie", antwortete ich, wohl von dem Wunsch getrieben, einen Teil des Zornes abzulenken, der sich, wie ich fühlte, über das Haupt des Matrosen entladen mußte. „Seine menschlichen Phantastereien, wie Sie es zu nennen belieben, schaffen Edelmut und Männlichkeit."
Er nickte mit wilder Lust. „Ganz recht, Hump, ganz recht. Mit dem Prediger in der Bibel sage ich aber, daß ein lebendiger Hund besser ist als ein toter Löwe. Ich kenne nur eine Lehre: die der Selbstsucht und des Lebenswillens. Wissen Sie, was ich tun werde?"
Ich schüttelte den Kopf.
„Nun, ich werde Ihnen das Recht des Stärkeren demonstrieren und Ihnen zeigen, wohin Edelmut führt. Passen Sie auf."
Drei Meter saß er von Johnson entfernt. Volle drei Meter! Und doch machte er geradewegs aus seiner sitzenden Stellung einen Satz wie ein Tiger, und wie ein Tiger durchschoß er den Raum zwischen sich und dem Matrosen. Es war eine Lawine von Wut, die Johnson vergebens abzuwehren versuchte.
Ich bin nicht imstande, alle Einzelheiten der grauenvollen Szene, die jetzt folgte, wiederzugeben. Es war empörend. Selbst jetzt noch werde ich krank, wenn ich daran denke. Johnson leistete tapferen Widerstand, aber einem Wolf Larsen war er nicht gewachsen, und noch weniger Wolf Larsen und dem Steuermann zusammen. Es war furchtbar.
Ich hatte nie gedacht, daß ein menschliches Wesen soviel ertragen und dabei noch leben und kämpfen könnte. Und Johnson kämpfte. Natürlich hatte er keine Hoffnung, nicht die leiseste Hoffnung, und das wußte er ebenso gut wie ich, aber seine Mannhaftigkeit erlaubte ihm nicht, den Kampf aufzugeben.
Es wurde zuviel für mich, ich konnte es nicht mehr mitansehen. Ich fühlte, daß ich im Begriff war, den Verstand zu verlieren, und stürzte die Kajütstreppe hinauf, um die Tür zu öffnen und an Deck zu fliehen. Aber Wolf Larsen ließ einen Augenblick von seinem Opfer ab, erwischte mich mit einem seiner ungeheuren Sprünge und schleuderte mich zurück in die fernste Ecke der Kajüte.
„Die Lebenserscheinungen, Hump", höhnte er. „Bleiben Sie stehen, und beobachten Sie. Sie können Material über die Unsterblichkeit der Seele sammeln. Im übrigen können wir Johnsons Seele ja gar nicht verletzen. Wir können höchstens ihre vergängliche Form zerstören."
Jahrhunderte schienen vergangen - obwohl die Mißhandlung in Wirklichkeit wohl nicht mehr als zehn Minuten dauerte. Wolf Larsen und Johansen waren ganz von ihrem Tun in Anspruch genommen. Sie trafen Johnson mit ihren Fäusten, stießen ihn mit ihren schweren Schuhen, schlugen ihn zu Boden und rissen ihn wieder hoch, um ihn von neuem hinzuschleudern.
Seine Augen waren geblendet, und er konnte nichts sehen. Das Blut rann ihm aus Ohren, Nase und Mund und verwandelte die Kajüte in ein Schlachthaus. Und als er sich nicht mehr erheben konnte, schlugen sie weiter auf den am Boden Liegenden ein.
„Sachte, Johansen, sachte, es ist genug!" sagte Wolf Larsen endlich. „Tür auf, Hump!" wurde mir befohlen.
Ich gehorchte, und die beiden Unmenschen hoben den Ohnmächtigen wie einen Sack Lumpen auf und zwängten ihn die Treppe hinauf und durch die enge Türöffnung an Deck.
Während ich die Kajüte säuberte, hatte Leach sich Johnsons angenommen. Ich kam an Deck, um frische Luft zu schöpfen und zu versuchen, meine erregten Nerven ein wenig zur Ruhe zu bringen. Wolf Larsen rauchte seine Zigarre und untersuchte das Patentlog, das gewöhnlich achtern nachschleppte, aber jetzt aus irgendeinem Grunde eingeholt war.
Plötzlich drang Leachs Stimme an mein Ohr. Sie war angestrengt und heiser vor verhaltener Wut. Ich drehte mich um und sah ihn gerade an der Backbordseite der Kombüse neben der Kajüte stehen. Sein Gesicht war weiß und verzerrt, seine Augen blitzten, und er hob die geballten Fäuste gegen Wolf Larsen.
„Gott verdamme deine Seele in die Hölle, Wolf Larsen! Die Hölle ist noch zu gut für dich, Feigling, Mörder, Schweinehund!" Mit diesem Gruß begann er. Ich war wie vom Donner gerührt. Ich erwartete seine augenblickliche Vernichtung.
Aber Wolf Larsen war nicht in der Laune, ihn zu vernichten. Er schlenderte langsam weiter, stützte die Ellbogen auf das Kajütendach und blickte nachdenklich und neugierig den aufgeregten Jungen an.
Die Matrosen und Jäger drängten sich heraus, und als Leach auch jetzt noch nicht schwieg, blickten sie besorgt herüber. Ich selbst war erschüttert, so bewunderte ich den Jungen, in dem ich jetzt die herrliche seelische Unüberwindlichkeit sah, die sich über die Furchtsamkeit des Fleisches erhob, um die Ungerechtigkeit zu verfluchen.
Leach wütete, und während dieser ganzen Zeit stand Wolf Larsen ruhig und untätig, auf die Ellbogen gestützt, da und blickte, wie in tiefe Neugier versunken, hinunter. Jeden Augenblick erwartete ich - und alle mit mir,-, daß er sich auf den Jungen stürzen und ihn vernichten würde. Aber in der Laune war er nicht.
Seine Zigarre ging aus, und er blickte weiter, stumm und prüfend. Leach hatte sich in eine wahre Ekstase ohnmächtiger Wut verrannt.
In diesem Augenblick betrat Thomas Mugridge, von seiner ruhelosen Seele getrieben, den Schauplatz. Er hatte an der Kombüsentür gelauscht, kam aber jetzt heraus, vorgeblich, um Abfall über Bord zu werfen, in Wirklichkeit aber, um zu sehen, wie Leach getötet würde, was er bestimmt erwartete. Er schmunzelte in seiner fettigen Art Wolf Larsen zu, der ihn jedoch nicht zu sehen schien. Aber das störte den Cockney nicht. Er wandte sich an Leach: „Welche Sprache! Pfui Teufel!" Leachs Wut war nicht mehr ohnmächtig. Hier war ein Gegenstand, an dem er sie auslassen konnte. Und dazu war es das erste Mal, daß der Koch ohne sein Messer an Deck erschien, seit er Leach angefallen hatte.
Kaum hatte er ausgesprochen, als Leach ihn auch schon zu Boden schlug. Dreimal sprang Mugridge auf und versuchte, die Kombüse zu erreichen, und jedesmal wurde er wieder niedergeschmettert.
„O Gott!" schrie er. „Hilfe! Hilfe! Haltet ihn, hört ihr, haltet ihn!"
Die Jäger lachten aus reiner Erleichterung. Die Tragödie war jetzt vorbei, jetzt begann der Schwank. Die Matrosen rotteten sich achtern zusammen, grinsten und schoben sich immer näher, um zu sehen, wie mit dem verhaßten Cockney abgerechnet wurde. Und selbst ich fühlte eine große Freude in mir aufsteigen. Ich gestehe, daß ich mich über die Prügel, die Thomas Mugridge von Leach bekam, freute, obgleich sie schrecklich, fast ebenso schrecklich waren wie die, die Mugridge Johnson verschafft hatte. Aber in Wolf Larsens Gesicht zeigte sich nicht die geringste Regung. Er änderte nicht einmal seine Stellung, sondern blickte weiter mit großer Neugier herab. Trotz all seiner unfehlbaren Gewißheit schien er Spiel und Bewegung des Lebens in der Hoffnung zu beobachten, etwas Neues zu erfahren und in seinen tollsten Zuckungen etwas zu finden, das ihm bisher entgangen war - vielleicht den Schlüssel zu dem Geheimnis, der alles offenbarte. Aber die Prügelei! Sie war ähnlich der, der ich in der Kajüte beigewohnt hatte. Vergebens suchte der Koch sich gegen den rasenden Jungen zu wehren. Und vergebens suchte er die schützende Kombüse zu erreichen. Er rollte, kroch, fiel zu ihr hin, wenn er zu Boden geschlagen wurde. Aber ein Schlag folgte dem andern mit verwirrender Schnelligkeit, bis er endlich, hilflos auf dem Deck liegend, wie Johnson geschlagen und gestoßen wurde. Und keiner ging dazwischen. Leach hätte ihn töten können, aber da das Maß seiner Rache offenbar voll war, zog er sich von seinem niedergestreckten Feind zurück, der winselte und jammerte wie ein Hund, und schritt nach der Back.
Aber diese beiden Scharmützel waren nur die einleitenden Ereignisse des Tagesprogramms. Am Nachmittag