Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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für ihn einen fremden, aber doch nicht ganz fremden Klang. „Warten Sie mal, heißt das nicht so etwas wie Zusammenarbeit?"

      „Nun ja, so etwas Ähnliches", erwiderte ich, diesmal nicht überrascht durch eine solche Lücke in seinem Wortschatz, da er ja reiner Autodidakt war, ein Mann, der viel gedacht undwenig, vielleicht gar nicht gesprochen hatte. „Eine uneigennützige Handlung ist eine solche, die man zum Wohle anderer vollbringt. Sie ist uneigennützig, im Gegensatz zu der eigennützigen Handlung, die man zu seinem eigenen Vorteil begeht."

      Er nickte. „O ja, jetzt erinnere ich mich. Ich habe bei Spencer darüber gelesen."

      „Spencer!" rief ich. „Sie haben Spencer gelesen?"

      „Nicht sehr viel", räumte er ein. „Ich verstand allerhand von seinen, Grundprinzipien', aber seine, Biologie' hat mir doch den Wind aus den Segeln genommen, und seine, Psychologie' hat mich lange in der Flaute treiben lassen. Ich konnte mit dem besten Willen nicht verstehen, worauf er hinauswollte. Ich habe damals die Ursache in meiner geistigen Unvollkommenheit gesucht, bin aber später zu der Überzeugung gelangt, daß mir die Voraussetzungen fehlten. Ich hatte nicht die richtige Grundlage. Nur Spencer und ich wissen, wie ich gebüffelt habe. Aber von seinen, Grundlagen der Ethik' habe ich doch etwas gehabt. Und darin fand ich eine Abhandlung über Altruismus und weiß jetzt auch, in welcher Bedeutung er das Wort anwandte."

      Ich hätte gern gewußt, was der Mann von diesem Werke gehabt hatte. Ich erinnerte mich genügend an Spencer, um zu wissen, daß der Altruismus für ihn das höchste sittliche Ideal war. Wolf Larsen hatte offenbar unter der Lehre des großen Philosophen Auslese gehalten und seinen eigenen Bedürfnissen und Wünschen gemäß gewählt und verworfen.

      „Was haben Sie sonst noch darin gefunden?" fragte ich.

      Er runzelte leicht die Stirn vor Anstrengung, einen treffenden Ausdruck für Gedanken zu finden, denen er noch nie Worte verliehen hatte. Ich spürte in mir einen geistigen Hochmut. Jetzt tastete ich seine Seele ab, wie er die anderer abzutasten pflegte. Ich befand mich auf jungfräulichem Gebiet. Eine fremdartige, eine unheimlich fremdartige Gegend entrollte sich hier vor meinen Augen.

      „Mit so wenig Worten wie möglich", begann er, „sagt Spencer etwa folgendes: Zunächst muß ein Mensch zu seinem eigenen Besten handeln - das ist moralisch und gut. Dann muß er zum Besten seiner Kinder handeln. Und drittens zum Besten seiner Familie."

      „Und die höchste, vornehmste und einzig richtige Handlungsweise", warf ich ein, „ist die, die gleichzeitig ihm selbst, seinen Kindern und seiner ganzen Familie frommt."

      „Das unterschreibe ich nicht ganz", erwiderte er. „Ich kann weder die Notwendigkeit noch die Vernunft davon einsehen. Ich nehme Familie und Kinder aus. Für sie würde ich nichts opfern. Das ist nichts als Gefühlsduselei, wenigstens für einen Mann, der nicht an ein ewiges Leben glaubt. Gäbe es Unsterblichkeit, so wäre Altruismus ein Geschäft, das sich bezahlt machte. Dann könnte sich meine Seele vielleicht zu den höchsten Höhen aufschwingen. Aber ohne Aussicht auf etwas anderes Ewiges als den Tod und nur die kleine Spanne dieses Leben genannten Gärungsprozesses vor mir, würde mir eine Handlung, die mir ein Opfer auferlegt, unmoralisch erscheinen. Jedes Opfer, durch das ich auch nur das Geringste dieses Gärungsprozesses verlöre, wäre Torheit, ja nicht nur Torheit, sondern ein Unrecht gegen mich selbst und daher etwas Schlechtes."

      „Dann sind Sie ein reiner Ichmensch. Und", fuhr ich fort, „dazu sind Sie ein Mann, dem man alles zutrauen kann, sobald man seinem Eigennutz in die Quere kommt."

      „Jetzt fangen Sie an zu begreifen", sagte er lebhaft.

      „Sie sind ein Mensch, völlig bar alles dessen, was man Moral nennt."

      „Stimmt."

      „Ein Mensch, den man immer fürchten muß ..."

      „Richtig."

      „Wie man eine Schlange, einen Tiger oder einen Hai fürchtet."

      „Jetzt kennen Sie mich. Und Sie kennen mich so, wie ich allgemein bekannt bin. Andere nennen mich, Wolf."

      „Sie sind eine Art Ungeheuer", fügte ich kühn hinzu, „ein Kaliban, der gegrübelt hat und in müßigen Augenblicken nach Einfall und Laune handelt."

      Seine Stirn umwölkte sich bei dieser Anspielung. Er verstand sie nicht, und ich sah sofort, daß er die Dichtung nicht kannte. „Ich lese jetzt gerade Browning", gestand er, „und er ist recht trocken. Ich bin noch nicht weit gekommen und habe so ungefähr die Richtung verloren."

      Um den Leser nicht zu ermüden, will ich nur berichten, daß ich das Buch aus seiner Kabine holte und „Kaliban" laut vorlas. Er war entzückt. Immer wieder unterbrach er mich mit Erklärungen und kritischen Bemerkungen.

      Die Zeit verstrich. Das Abendbrot näherte sich, und noch war der Tisch nicht gedeckt. Ich wurde unruhig, und als Thomas Mugridge, krank und grämlich, die Treppe herunterkam, schickte ich mich an, meinen Pflichten nachzukommen.

      Aber Wolf Larsen rief ihm zu: „Köchlein, du mußt heute allein das Essen besorgen. Hump hat für mich zu tun, und du mußt sehen, allein fertig zu werden."

      Und wieder wurde das unerwartete Ereignis. Diesen Abend saß ich mit dem Kapitän und den Jägern bei Tische, während Thomas Mugridge uns bediente und hinterher das Geschirr wusch - eine Grille, eine Kalibanslaune Wolf Larsens, für die ich, wie ich voraussah, büßen sollte. Jetzt aber redeten und redeten wir, zum großen Ärger der Jäger, die nicht ein Wort davon verstanden.

      Drei Ruhetage, drei gesegnete Ruhetage hatte ich bei Wolf Larsen. Ich saß in der Kajüte und tat nichts, als über Leben, Literatur und Weltall mit ihm zu diskutieren, während Mugridge wütend meine Arbeit neben der seinen verrichtete.

      „Sei auf der Hut - weiter sage ich nichts", warnte Louis mich, als ich zufällig mal auf eine halbe Stunde auf Deck war und Wolf Larsen einen Streit zwischen den Jägern schlichtete. „Was geschehen wird, weiß ich nicht", erwiderte Louis auf meine Bitte, sich deutlicher auszudrücken. „Der Mann ist so unberechenbar wie die Strömungen in See und Luft. Du weißt nie, was er will. Wenn du meinst, du kennst ihn und segelst vor günstigem Wind mit ihm, so schlägt er um und liegt still, um dann plötzlich wie ein Wirbelsturm über dich herzufahren, daß all deine Schönwettersegel in Fetzen reißen."

      Es war daher keine völlige Überraschung für mich, als das von Louis prophezeite Wetter kam. Wir hatten einen hitzigen Streit - über das Leben natürlich - und, übermütig geworden, zeichnete ich einen zu scharfen Riß von Wolf Larsen und seinem Leben. Tatsächlich zergliederte ich ihn bei lebendigem Leibe und wühlte in seiner Seele genauso scharf und unerbittlich, wie er es bei den andern zu tun pflegte. Ich mag vielleicht die Schwäche einer zu großen Konsequenz in der Beweisführung haben, jedenfalls ließ ich alle Zurückhaltung fahren und schnitt und schlitzte an dem Mann herum, bis er knurrte. Sein sonnengebräuntes Gesicht wurde schwarz vor Wut, seine Augen funkelten. Sie drückten nicht mehr Klarheit oder gesunden Verstand aus, sondern nichts als die entsetzliche Raserei eines Wahnsinnigen. Jetzt sah ich den Wolf in ihm, und noch dazu einen tollen.

      Mit Gebrüll sprang er auf mich los und packte meinen Arm. Ich hatte mich ermannt und wollte standhalten, obgleich ich innerlich zitterte, aber die riesige Kraft dieses Mannes war zuviel für meine Standhaftigkeit. Seine Hand hatte mich am Oberarm gefaßt, und als er zupackte, sank ich zusammen und schrie laut. Meine Beine verweigerten mir den Dienst. Ich konnte einfach nicht mehr aufrecht stehen und den Schmerz ertragen. Ich hatte das Gefühl, als wäre mein Oberarm zu Brei gequetscht.

      Was er möglicherweise hätte tun können,

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