Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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war tatsächlich der ekelhafteste, widerwärtigste Mensch, den ich je getroffen habe. Seine Kocherei war eine unbeschreibliche Schweinerei, und da er alles kochte, was an Bord gegessen wurde, mußte ich mir mit allergrößter Vorsicht das am wenigsten Schmutzige aus dem Fraß heraussuchen.

      Ich war nicht gewohnt zu arbeiten, und meine Hände schmerzten sehr. Die Nägel wurden schwarz und die Haut so schmutzig, daß selbst eine Scheuerbürste sie nicht mehr reinigen konnte. Immer neue Blasen schmerzten, und dazu hatte ich eine große Brandwunde am Unterarm, die ich mir zugezogen hatte, als ich einmal beim Rollen des Schiffes das Gleichgewicht verlor und gegen den Herd geschleudert wurde. Mein Knie hatte sich noch nicht gebessert. Es war immer noch geschwollen. Das Herumhumpeln von früh bis in die Nacht war nicht dazu angetan, es zu heilen. Wenn es überhaupt besser werden sollte, mußte ich Ruhe haben.

      Ruhe! Nie zuvor hatte ich den Sinn dieses Wortes verstanden. Ohne es zu wissen, hatte ich mein ganzes Leben geruht. Aber jetzt! Hätte ich nur eine halbe Stunde stillsitzen können, ohne etwas zu tun, ja, ohne zu denken - es wäre das Schönste von der Welt für mich gewesen. Aber es war doch eine Offenbarung für mich.

      Jetzt wäre ich besser imstande, das Leben eines Arbeiters zu würdigen.

      Es gibt Anzeichen von zunehmender Mißstimmung im Zwischendeck, und es heißt, daß schon eine Prügelei zwischen Smoke und Henderson stattgefunden habe. Henderson scheint der beste von den Jägern zu sein, ein besonnener Bursche, der schwer aus der Ruhe zu bringen ist. Diesmal muß er aber sehr erbost gewesen sein, denn als Smoke zum Abendbrot in die Kajüte kam, hatte er ein blaues Auge und sah bös aus.

      Gerade vor dem Abendbrot hatte sich auf Deck etwas ereignet, das für die Gefühllosigkeit und Roheit dieser Männer bezeichnend ist. Unter der Mannschaft befindet sich ein junger Mensch namens Harrison, ein plump aussehender Bauernbursche, der, vermutlich von Abenteuerlust getrieben, seine erste Seereise macht. In dem leichten veränderlichen Wind laviert der Schoner ziemlich viel, und dann muß jedesmal ein Mann nach oben gehen, um das vordere Gaffeltoppsegel umzulegen.

      Irgendwie hatte sich nun, als Harrison oben war, die Schot im Block am Ende der Gaffel festgeklemmt. Soviel ich verstand, gab es zwei Möglichkeiten, sie loszubekommen - erstens, das Segel herunterzufieren, was verhältnismäßig leicht und gefahrlos war, zweitens auf der Piek bis zum Ende der Gaffel hinauszuklettern, ein gewagtes Unternehmen. Johansen rief Harrison zu, er solle hinausklettern.

      Alle sahen, daß der Junge Angst hatte, und dazu hatte er alle Ursache: fünfundzwanzig Meter über dem Deck und nichts, um sich festzuhalten, als dies dünne, ruckweise hin und her geschleuderte Tau! Hätte ein stetiger Wind geweht, so würdees nicht so schlimm gewesen sein, aber die Ghost rollte ohne Ladung in der Dünung, und bei jedem Überholen gerieten die Segel in schwingende Bewegung und schlugen, und die Falle wurden schlaff und dann mit einem Ruck wieder straff. Sie vermochten einen Mann hinunterzufegen wie eine Peitschenschnur eine Fliege.

      Harrison hörte den Befehl und verstand, was man von ihm verlangte, zögerte jedoch. Vermutlich war er das erstemal in seinem Leben in der Takelung. Johansen, von Wolf Larsens Herrschsucht angesteckt, brach in einen Strom von Flüchen aus.

      „Genug, Johansen", sagte der Kapitän schroff, „das Fluchen auf dem Schiff besorge ich selbst, daß Sie und alle es wissen. Wenn ich Ihre Hilfe brauche, werde ich Sie rufen."

      „Jawohl, Herr", antwortete der Steuermann unterwürfig.

      Unterdessen war Harrison auf das Fall hinausgeklettert. Ich blickte durch die Kombüsentür hinauf und konnte sehen, wie er zitterte, als wären ihm alle Glieder vom Schüttelfrost gepackt. Er kroch ganz langsam und vorsichtig, Zentimeter um Zentimeter. Von dem klaren Blau des Himmels hob er sich ab wie eine Riesenspinne, die an ihrem Netzwerk entlangkriecht.

      Er mußte leicht aufwärts klettern, denn das Segel stand nach oben. Das Fall, das durch verschiedene Blöcke an Gaffel und Mast lief, gab ihm einige Stützpunkte für Hände und Füße.

      Aber das schlimmste war, daß der Wind nicht kräftig und stetig genug wehte, um das Segel zu blähen. Als er sich etwa in der Mitte befand, machte die Ghost eine Schlingerbewegung nach Luv und wieder zurück in ein Wellental. Harrison hielt inne und klammerte sich fest. Fünfundzwanzig Meter unter ihm konnte ich seine krampfhaften Muskelbewegungen sehen: Er kämpfte um sein Leben. Das Segel wurde schlaff und schwang mittschiffs. Das Fall gab nach, und obgleich sich das alles mit großer Schnelligkeit abspielte, konnte ich doch sehen, wie es unter seinem Körpergewicht durchsackte.

      Dann schwang die Gaffel mit einem Ruck zur Seite, das große Segel schwoll mit einem Donnerschlag, und die dreifache Reihe von Reffbändsein klatschte wie eine Gewehrsalve gegen die Leinwand.

      Harrison sauste, immer noch festgeklammert, durch die Luft, aber das Fall straffte sich wieder mit einem scharfen Ruck. Es war wie ein Peitschenhieb. Da verlor er den Halt. Die eine Hand wurde losgerissen, die andere krampfte sich einen Augenblick verzweifelt fest, dann folgte auch sie. Der Körper sauste abwärts, aber glücklicherweise blieb er mit den Füßen hängen. Durch eine schnelle Bewegung gelang es ihm, das Fall zu packen, aber es dauerte lange, bis er sich wieder hochgeschwungen hatte. Da hing er - ein kläglicher Anblick.

      „Wetten, daß ihm heute das Abendbrot nicht schmecken wird", hörte ich Wolf Larsen sagen, dessen Stimme um die Ecke der Kombüse zu mir drang. „Johansen, abhalten! Passen Sie auf! Jetzt kommt die Bö!"

      Harrison mußte sich sehr elend fühlen. Lange klammerte er sich an seinen schwankenden Halt, ohne auch nur einen Versuch zu machen, sich zu bewegen. Aber Johansen trieb ihn an, seine Aufgabe zu vollenden. „Es ist eine Schande!" hörte ich Johnson in langsamem, aber korrektem Englisch knurren. Er stand beim Großmast, ganz nahe bei mir. „Der Junge hat guten Willen. Mit der Zeit wird er es schon lernen. Aber das ist ..." Er machte eine Atempause und beendete dann sein Urteil: „Mord!"

      „Willst du still sein!" flüsterte Louis ihm zu. „Wenn dir dein Leben lieb ist, so halt den Mund."

      Aber Johnson knurrte weiter.

      Der Jäger Standish sagte zu Wolf Larsen: „Er ist mein Puller, und ich möchte ihn nicht verlieren."

      „Stimmt, Standish", lautete die Antwort. „Wenn du ihn im Boot hast, ist er dein Ruderer, solange ich ihn aber hier an Bord habe, ist er mein Matrose, und da mache ich mit ihm, was mir gefällt."

      „Aber das ist doch kein Grund ...", begann Standish erregt.„Es ist gut", unterbrach ihn Wolf Larsen. „Ich habe meine Meinung gesagt, und damit genug. Der Mann gehört mir, und wenn es mir paßt, kann ich Suppe aus ihm kochen und sie essen."

      Die Augen des Jägers funkelten zornig, aber er drehte sich um und ging die Treppe zum Zwischendeck hinab, wo er stehenblieb und hinaufsah. Alle Mann befanden sich an Deck, und alle Augen waren nach oben gerichtet, wo es um Leben oder Tod ging. Die Gefühllosigkeit dieser Menschen war entsetzlich.

      Ich, der ich abseits vom Trubel der Welt gelebt hatte, hätte mir nie träumen lassen, daß es draußen so zuging. Das Leben war mir stets als etwas besonders Heiliges erschienen, und hier galt es nichts, war nur eine Ziffer in einer geschäftlichen Berechnung. Ich muß gestehen, daß manche Matrosen doch Mitgefühl empfanden, wie Johnson zum Beispiel, aber die Vorgesetzten - die Jäger und der Kapitän - waren ganz herzlos. Selbst der Einspruch Standishs war nur dem Wunsche entsprungen, seinen Bootspuller nicht zu verlieren. Hätte es sich um den Ruderer eines anderen Jägers gehandelt, so würde er sich wie sie darüber belustigt haben. Doch zurück zu Harrison! Johansen schmähte und beleidigte den armen Kerl, aber es dauerte volle zehn Minuten, bis er ihn wieder in Bewegung gebracht hatte. Kurz darauf hatte er das Ende der Gaffel erreicht, wo er sich, auf der Spiere reitend, besser festhalten konnte.

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