Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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Tod Larsen befehligt den einzigen Robbendampfer der ganzen Flotte, die Macedonia, die vierzehn Boote trägt, während die übrigen Fahrzeuge nur je sechs haben. Es heißt, sie habe Kanonen an Bord, und es laufen wilde Gerüchte um über seltsame Beutezüge und Expeditionen des Schiffes, von Opiumschmuggel nach den Staaten und Waffenschmuggel nach China bis zu Sklavenhandel und offener Seeräuberei. Und ich muß Louis glauben, denn ich habe ihn noch nie bei einer Lüge ertappt, und er ist ein lebendiges Lexikon in bezug auf alles, was mit Robbenjagd und Robbenjägern zusammenhängt.

      Wie auf dem Vorschiff und in der Kombüse, so geht es auch im Zwischendeck und auf dem Achterdeck dieses wahren Höllenschiffes zu. Die Leute kämpfen wie wilde Tiere. Die Jäger erwarten jeden Augenblick eine Schießerei zwischen Smoke und Henderson, deren alter Streit noch nicht beigelegt ist, während Wolf Larsen sagt, daß er, wenn es dazu käme, den Überlebenden töten würde. Er sagte ohne Umschweife, daß seine Stellungnahme in dieser Sache nichts mit Moral zu tun habe und daß die Jäger sich seinetwegen gern alle gegenseitig totschlagen und auffressen könnten, wenn er sie nicht so nötig zur Jagd brauchte. So gefährliche Burschen sie auch sind: ihn fürchten sie.

      Thomas Mugridge bezeigt mir eine hündische Unterwürfigkeit, aber meine geheime Furcht vor ihm schläft nie. Mit meinem Knie geht es viel besser, wenn es auch zuweilen noch längere Zeit schmerzt, und mein Arm, den Wolf Larsen gepackt hatte, wird nach und nach wieder gebrauchsfähig. Im übrigen befinde ich mich in glänzender körperlicher Verfassung und fühle das. Meine Muskeln werden fester und nehmen an Umfang zu. Meine Hände jedoch bieten einen jämmerlichen Anblick. Sie sind mit Brandblasen übersät, und die Nägel sind abgebrochen, schmutzig und von wildem Fleisch überwuchert. Dazu leide ich an Furunkeln, wohl eine Folge der Kost, denn ich habe noch nie etwas mit dieser Plage zu tun gehabt.

      Die letzten vierundzwanzig Stunden sind Zeugen eines reinen Karnevals von Roheit gewesen. Von der Kajüte bis zur Back verbreitete es sich wie eine ansteckende Krankheit. Ich weiß kaum, wo beginnen. Wolf Larsen war der eigentliche Urheber. Das Verhältnis unter der Besatzung war gespannt und feindselig infolge von Groll und Streitigkeiten. Bis jetzt war das Gleichgewicht gewahrt worden, aber nun flammten die bösen Leidenschaften auf und loderten wie ein Präriebrand.

      Thomas Mugridge ist ein Duckmäuser, ein Spion und Denunziant. Er hat versucht, sich beim Kapitän wieder lieb Kind zu machen, indem er die Mannschaft anschwärzte. Ich weiß, daß er Wolf Larsen einige voreilige Worte Johnsons hinterbrachte. Johnson soll sich Ölzeug aus der Schiff skleiderkiste gekauft haben, das von sehr zweifelhafter Güte war. Er hielt mit dieser Tatsache nicht hinter dem Berge. Die Schiffskleiderkiste ist eine Art Miniaturwarenlager, das ein Robbenschoner an Bord hat und das den Ansprüchen der Matrosen gemäß zusammengestellt ist.

      Was ein Matrose kauft, wird später von seinem Verdienst am Robbenfang abgezogen, denn Puller und Bootssteurer erhalten, ebenso wie die Jäger, statt der Heuer einen Anteil am Gewinn, nämlich einen gewissen Betrag für jedes von ihrem Boot erbeutete Fell.

      Von Johnsons Unzufriedenheit mit dem Ölzeug wußte ich jedoch nichts, und was ich erlebte, kam daher wie ein Blitz aus heiterem Himmel für mich. Ich war gerade mit dem Aufräumen der Kajüte fertig, als Johansen, von Johnson gefolgt, die Kajütstreppe herunterkam. Johnson nahm nach Seemannsart die Mütze ab, stand ehrerbietig, schwer im Rollen des Schoners schwankend, mitten in der Kajüte und blickte dem Kapitän offen in die Augen.

      „Schließen Sie die Tür, und riegeln Sie ab", sagte Wolf Larsen zu mir.

      Als ich gehorchte, bemerkte ich einen ängstlichen Ausdruck in Johnsons Augen, aber die Ursache ließ ich mir nicht träumen. Ich ahnte nicht, was kommen sollte, bis es geschah, er aber wußte vom ersten Augenblick an, was seiner wartete, und sah seinem Schicksal tapfer in die Augen. Und seine Handlungsweise war für mich die völlige Widerlegung von Wolf Larsens ganzem Materialismus. Der Matrose Johnson war im Recht, und er wußte das und war furchtlos. Er würde im Notfall für dieses Recht gestorben sein. Er blieb sich und seiner Seele treu. Und das kennzeichnete den Sieg des Geistes über das Fleisch, die Unbestechlichkeit und Größe seiner Seele, die sich nicht unterjochen ließ, sondern sich über Zeit, Raum und Stoff erhob mit einer Sicherheit und Unüberwindlichkeit, die nichts anderm entspringt als Ewigkeit und Unsterblichkeit.

      Ich bemerkte zwar den ängstlichen Ausdruck in seinen Augen, hielt ihn jedoch irrtümlich für die angeborene Schüchternheit und Verlegenheit des Mannes. Johansen, der Steuermann, stand etwa einen Meter entfernt neben ihm, und gut drei Meter ihm gegenüber saß Wolf Larsen auf einem Kajütendrehstuhl.

      Als ich die Tür geschlossen und abgeriegelt hatte, trat eine merkbare Pause ein, eine Pause, die eine ganze Minute dauern mochte. Sie wurde von Wolf Larsen beendet. „Yonson", begann er.

      „Ich heiße Johnson, Herr", verbesserte ihn der Matrose kühn.

      „Schön, also Johnson, in Teufels Namen! Kannst du erraten, warum ich dich rufen ließ?"

      „Ja und nein, Herr", antwortete er langsam. „Meine Arbeit tue ich gut. Das weiß der Steuermann, und das wissen Sie, Herr. Es kann also keinen Grund zur Klage über mich geben."

      „Und das ist alles?" fragte Wolf Larsen; seine Stimme war sanft und leise, er schnurrte fast wie eine Katze.

      „Ich weiß, daß Sie es auf mich abgesehen haben", fuhr Johnson mit unerschütterlicher schwerfälliger Langsamkeit fort. „Sie können mich nicht leiden. Sie - Sie ..."

      „Weiter", trieb ihn Wolf Larsen an. „Hab nur keine Angst vor meinen Gefühlen."

      „Ich habe keine Angst", entgegnete der Matrose rasch, und eine leichte Zornesröte wurde unter seiner sonnenverbrannten Haut sichtbar. „Wenn ich langsam spreche, so kommt es daher, daß ich meine Heimat noch nicht so lange verlassen habe wie Sie. Sie können mich nicht leiden, weil ich zu sehr Mann bin, das ist der Grund, Herr."

      „Du bist zu sehr Mann, um dich der Schiffsdisziplin zu fügen, wenn du das meinst und wenn du verstehst, was ich meine", erwiderte Wolf Larsen.

      „Ich verstehe Englisch, und ich weiß, was Sie meinen, Herr", antwortete Johnson und errötete noch mehr bei der Anspielung auf seine Sprachkenntnisse.

      „Johnson", sagte Wolf Larsen mit einem Ausdruck, der erkennen ließ, daß er alles Bisherige nur als Einleitung angesehen hatte und jetzt auf die Hauptsache kommen wollte, „ich höre, daß du nicht zufrieden mit dem Ölzeug bist?"

      „Nein, ich bin nicht zufrieden. Es taugt nichts, Herr."

      „Und du hast große Töne darüber geredet."

      „Ich sage, was ich denke, Herr", antwortete der Matrose mutig, ohne die an Bord des Schiffes herrschende Etikette zu vergessen.

      In diesem Augenblick fielen meine Augen zufällig auf Johansen. Seine großen Fäuste ballten und öffneten sich wieder, und sein Gesicht hatte einen geradezu teuflischen Ausdruck, so furchtbar blickte er Johnson an. Ich sah, daß Johansen noch ein blaues Auge hatte, ein Denkzettel von den ihm von Johnson vor einigen Nächten erteilten Prügeln.

      Jetzt erst begann ich zu ahnen, daß sich etwas Schreckliches abspielen sollte, wenn ich mir auch nicht denken konnte, was.

      „Weißt du, was dem geschieht, der sagt, was du über mich und meine Waren gesagt hast?" fragte Wolf Larsen.

      „Ich weiß es, Herr."

      „Was denn?" fragte Wolf Larsen scharf und gebieterisch.

      „Was Sie und der Steuermann im Begriff sind, mit mir zu tun, Herr."

      „Sehen

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