Garten der Sehnsucht. Barbara Cartland
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»Dann verstehen Sie sicher auch, weshalb ich etwas unternehmen muß.«
Sie sah ihn beinahe flehend an, als sie fortfuhr: »Ich tanze wirklich sehr gut. Der Tanzlehrer an unserer Schule hat einmal gesagt, ich könnte mich mit jeder ausgebildeten Tänzerin messen, und das brachte mich auf die Idee, mich um eine Anstellung beim Covent Garden Ballett zu bewerben. Es stimmt doch, daß es das beste in London ist, nicht wahr?«
»Ja, das schon«, erwiderte der Fremde, »aber ich sagte Ihnen bereits, daß Sie die Idee vergessen sollen.«
»Weil ich eine Dame bin? Ich kann mir nicht vorstellen, daß man mich deshalb ablehnen würde.«
»Wenn Sie tatsächlich so talentiert sind, wie Sie glauben, wird man Sie nicht ablehnen«, erwiderte der Fremde, »aber es wäre kein Leben für ein so zartes, wohlerzogenes und gebildetes junges Mädchen wie Sie.«
Solita stieß einen Seufzer aus.
»Wie kommen wohlerzogene Damen dann zu Geld?« ,
»Sie heiraten. Es muß doch jemanden geben, der Sie in die Gesellschaft einführen könnte.«
»Ich lege keinen Wert darauf, in die Gesellschaft eingeführt zu werden«, entgegnete Solita. »Mir geht es eigentlich nur darum, genügend Geld für eine Indienreise zusammenzubekommen.«
»Indien?« rief der Herr aus. »Was um alles in der Welt wollen Sie denn in Indien?«
»Dafür gibt es einen sehr persönlichen Grund.«
Bevor er sie fragen konnte, welcher Grund das sei, schrie sie leise auf.
»Das muß das Schloß sein! So habe ich es mir vorgestellt!«
Auf einem Hügel ragte Schloß Calver auf. Es war ringsum von Bäumen umgeben, und mit dem in der Sonne golden glänzenden alten Mittelturm wirkte es wie ein auf Samt gebetteter Edelstein. Die unzähligen hell blitzenden Fenster verliehen dem Schloß das Aussehen eines Märchenpalastes.
»Es ist wunderschön!« sagte Solita leise.
»Ich dachte mir, daß es Ihre Bewunderung erregen würde«, bemerkte der Gentleman.
»Wie kann man ein so zauberhaftes Schloß bewohnen, ohne sich dessen würdig zu erweisen?« murmelte Solita, und es bestand kein Zweifel, daß ihre abfällige Bemerkung dem Herzog galt.
Der Fremde zwinkerte belustigt, während sie das schmiedeeiserne Tor passierten und eine sich daran anschließende lange Eichenallee entlangfuhren. Schließlich überquerten sie eine Brücke, die über einen See führte. Danach ging es eine Anhöhe hoch bis zum Schloß.
»Ich möchte Ihnen danken, daß Sie mich hierhergebracht haben, Sir«, sagte Solita artig. »Ich bin Ihnen außerordentlich verbunden, daß ich den weiten Weg nicht zu Fuß zurücklegen mußte.«
»Dann hätten Sie wohl etwas länger gebraucht, um Ihr Ziel zu erreichen«, bemerkte der Gentleman trocken.
»Vielen, vielen Dank!«
Da er noch immer die Zügel in der Hand hielt, machte Solita keine Anstalten, sich mit einem Händedruck von ihm zu verabschieden.
Mit Hilfe eines Lakaien, der über die Freitreppe herbeigeeilt war, stieg sie aus dem Phaeton und ging über die mit einem roten Läufer bedeckten Stufen nach oben.
Erst als sie etwa auf der Mitte der Freitreppe angelangt war, merkte sie, daß der Gentleman ihr gefolgt war.
Er holte sie ein und schritt neben ihr die Stufen hoch.
»Willkommen daheim, Euer Gnaden!« begrüßte ihn der Butler am Schloßportal.
Solita zuckte zusammen und warf ihrem Begleiter einen vorwurfsvollen Blick zu.
Bevor sie jedoch etwas sagen konnte, sagte der Herzog zu seinem Butler: »Die junge Dame, die ich mitgebracht. habe, will sich nach der langen Reise sicher etwas frisch machen, Dawson. Wir nehmen dann den Tee im Blauen Salon ein.«
»Sehr wohl, Euer Gnaden.«
Der Butler trat neben Solita und sagte respektvoll: »Wenn Sie mir bitte folgen wollen, Madam!«
Er schritt vor ihr die Treppe hoch. Verwirrt und unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, folgte sie ihm.
»Wie hätte ich ahnen sollen, daß der Herzog mit dem Zug reist wie ein ganz gewöhnlicher Fahrgast?« murmelte sie leise bei sich.
Sie war davon ausgegangen, daß in England jeder Herzog einen Privatzug besaß oder zumindest einen eigenen Luxuswagen, der an den Expreß angehängt wurde. Außerdem wäre ihr überhaupt nicht in den Sinn gekommen, daß jede auf der Bedarfsstation aussteigende Person zum Schloß gehören oder gar der Herzog selbst sein könnte.
Eine Haushälterin geleitete sie zu einem prunkvollen Schlafzimmer. Nachdem sie sich die Hände gewaschen und das Haar geordnet hatte, führte die Frau sie zum oberen Treppenabsatz zurück. Unten in der Halle wartete bereits der Butler auf sie.
Die Haushälterin hatte ihr geraten, den Hut abzulegen. Da Solita nach allem, was sie über den Herzog geäußert hatte, mit einem Hinauswurf rechnete, behielt sie den Hut jedoch in der Hand. Wie konnte ich nur so töricht sein, mich so ungebührlich über ihn zu äußern? schalt sie sich.
Doch im Grunde hatte sie ohnehin vorgehabt, dem Herzog all das vorzuwerfen, was er nun bereits wußte. Was machte es also aus, auf welche Weise er es erfahren hatte? Krampfhaft überlegte sie, wo sie übernachten sollte, wenn er ihr im Zorn die Tür weisen würde. Sie hatte das unbehagliche Gefühl, daß es ihr ohne Begleitperson schwerfallen würde, ein anständiges Hotel zu finden.
Eins nahm sie sich jedoch fest vor, während sie langsam die Treppe hinabstieg: Sie würde sich vom Herzog nicht einschüchtern lassen.
Schließlich war es allein seine Schuld, daß sie hier war.
Der Butler lächelte sie freundlich an.
»Seine Gnaden erwarten Sie im Blauen Salon, Madam«, sagte er. »Möchten Sie eine Tasse Tee?«
Er führte sie einen stilvoll ausgestatteten Gang entlang, öffnete dann eine Tür und ließ sie eintreten.
Der Herzog stand vor dem Kamin und wirkte sehr furchteinflößend auf Solita. Sie ging langsam auf ihn zu und blitzte ihn herausfordernd an.
»Vermutlich müßte ich mich jetzt entschuldigen«, sagte sie, »aber Sie haben sich seit unserer letzten Begegnung so verändert, daß ich Sie unmöglich erkennen konnte.«
»Seit unserer letzten Begegnung?« fragte der Herzog. »Wann war das?«
Trotz des Unbehagens, das sie empfand, mußte Solita lächeln.
»Das ist zehn Jahre her. Ich war noch ganz klein; und Sie haben mit mir gelacht und gescherzt, und ich dachte, ich könnte Ihnen vertrauen.«
Der Herzog sah sie verständnislos an.
»Vor zehn Jahren, sagen Sie?«
Plötzlich