Garten der Sehnsucht. Barbara Cartland
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»Was geschieht jetzt mit mir?« hatte sie ihn schluchzend gefragt. »Du schickst mich doch nicht in ein Waisenhaus?«
Hugo Leigh wußte, daß ihr davor graute, seit sie die Waisenhäuser in Indien gesehen hatte. Die Kinder dort waren zwar gut genährt, aber einem strengen Regiment unterworfen.
Unwillkürlich verstärkte sich der Druck seiner Arme um den zierlichen Körper, als er ihr feierlich versprach:
»Das werde ich niemals zulassen!«
»Aber ... wo soll ich dann hin?«
Tränen strömten über die bleichen Wangen, während sie ängstlich zu ihm aufblickte. In diesem Augenblick erschien sie ihm liebreizender als je zuvor.
»Ich denke mir etwas aus«, sagte er.
»Versprichst du das? Gibst du mir dein heiliges Ehrenwort?« fragte sie.
»Ich verspreche es dir«, erwiderte er, ohne zu wissen, ob er dieses Versprechen jemals würde einlösen können.
Bei ihrer Ankunft in Neapel war ihm seine Cousine väterlicherseits eingefallen, die in Sorrento lebte.
Mildred Leigh ging auf die Sechzig zu und litt an Rheumatismus. Die Ärzte hatten ihr deshalb geraten, sich in wärmeren Gefilden niederzulassen.
Sie war eine sanftmütige Frau, die nie geheiratet hatte und sich deshalb besonders in dem fremden Land oft einsam fühlte.
Einem spontanen Entschluß folgend war der Herzog mit Solita zu ihr gefahren.
Mildred hatte sein Problem sofort erfaßt und sich bereit erklärt, für Solita zu sorgen.
»Es wäre für mich ein großes Glück, mein lieber Junge«, versicherte sie dem Herzog. »Sie wird die beste Schule von Neapel besuchen und ganz sicher zu einer kleinen Schönheit heranwachsen.«
So schien alles nach Wunsch zu verlaufen, doch der Abschied war herzzerreißend. Solita klammerte sich an ihn und wollte ihn nicht mehr loslassen. Er war der einzige Mensch, der ihr geblieben war, nachdem sie ihre Eltern verloren hatte, und deshalb hing sie mit kindlicher Liebe an ihm.
»Du . . . wirst mich doch nicht vergessen?« fragte sie flehend. »Du besuchst mich doch bald wieder, nicht wahr?«
»Sobald ich kann«, versprach er. »Du darfst nicht vergessen, daß ich ein Soldat bin - wie dein Vater.«
»Aber du denkst oft an mich, ja?«
»Ganz bestimmt werde ich das tun.«
Er hatte ihr zum Abschied einen Kuß gegeben.
Er erinnerte sich, wie die kleine verlorene Gestalt mit Tränen in den Augen auf den Stufen vor der Villa gestanden und ihm lange nachgewinkt hatte.
Monatelang hatte er Solita aus allen Teilen der Welt Ansichtskarten geschrieben und sich nach ihrem Befinden erkundigt.
Dann erfolgte seine Versetzung nach Westindien. Zwei Jahre später wurde er mit einem Sonderauftrag nach Indien abkommandiert.
In Kalkutta hatte ihn dann eine Nachricht erreicht, die er nie für möglich gehalten hatte.
Ihm war der Titel des vierten Herzogs von Calverleigh zugefallen.
Sein Vater war der jüngere Sohn des dritten Herzogs gewesen und der Tradition entsprechend sehr kurz gehalten worden, während der gesamte Besitz an seinen älteren Bruder übergegangen war.
Hugo Leigh hatte das nichts ausgemacht. Er hatte sein Auskommen als Soldat und war damit völlig zufrieden.
Deshalb traf ihn die Unglücksnachricht aus England wie ein Blitz aus heiterem Himmel.
Sein Großvater, der amtierende Herzog, und sein Onkel, der Marquis von Calver, waren bei einer stürmischen Überfahrt über die Irische See ertrunken.
Sie waren auf dem Weg nach Irland gewesen, um dem Vizekönig einen Besuch abzustatten und Zuchtstuten für das Gestüt des Herzogs zu erwerben.
Hugo Leigh war sofort von Indien nach Hause geeilt und hatte eine Menge zu ordnen gehabt.
Königin Viktoria hatte ihm in Windsor eine Audienz gewährt, woraufhin sich sein ganzes Leben auf phantastische Weise änderte.
Aus dem unbekannten Hauptmann war ein wohlhabender Aristokrat geworden, dem eines der schönsten Schlösser Englands gehörte.
Der Herzog gestand sich ein, daß er Solita darüber vernachlässigt hatte.
Er hatte immerhin sofort nach seiner Ankunft in England die Familienanwälte beauftragt, Nachforschungen nach dem Hab und Gut von Charles Gresham anzustellen.
Sie sollten die rechtliche Grundlage dafür schaffen, daß vorhandene Gelder gewinnbringend für das Kind des Gefallenen investiert wurden.
Danach hatte er sich nicht mehr darum gekümmert, wie er jetzt zu seinem Bedauern feststellen mußte, da er davon ausgegangen war, daß Mildred sich mit ihm in Verbindung gesetzt hätte, wenn etwas nicht in Ordnung gewesen wäre.
Während er nun Solitas vorwurfsvollen Blick auf sich spürte, wurde ihm seine Unterlassungssünde erst richtig bewußt, und er konnte nur bedauernd sagen: »Es tut mir leid, Solita. Hoffentlich können Sie mir verzeihen.«
»Du hast versprochen, mich nicht zu vergessen«, verfiel sie unwillkürlich in den vertraulichen Ton von früher.
Er hatte einen Augenblick den Eindruck, mit dem achtjährigen Kind von damals zu sprechen, das ihm einen tränenfeuchten Abschiedskuß gegeben hatte.
»Ich weiß«, sagte er, »und ich bin sehr zerknirscht, aber ich hatte eine Menge zu erledigen und zu bedenken.«
»Wenigstens Weihnachten hättest du mir schreiben können«, sagte Solita, »und Tante Mildred war zutiefst verletzt, weil du ihr nicht eine einzige Karte geschickt hast, seit sie mich bei sich aufgenommen hatte.«
Der Herzog setzte sich neben sie auf das Sofa.
»Wie wär’s, wenn du mir eine Tasse Tee einschenken und wir uns über deine Zukunft unterhalten würden«, machte er einen Vorschlag zur Güte. »Alles Bedauern kann die Versäumnisse der Vergangenheit nicht ungeschehen machen.«
»Das ist wahr«, erwiderte Solita, »aber ich habe dich so lange . . . gehaßt, daß es mir jetzt schwerfällt, etwas anderes für dich zu empfinden.«
Der Herzog lachte bitter.
»Klingt nicht sehr ermutigend«, stellte er fest. »Doch jetzt bist du in England und wirst ein völlig neues Leben beginnen.«
Solita schenkte ihm und sich selbst Tee ein.
»Papa muß mir doch etwas Geld hinterlassen haben«, sagte sie dann. »Wenn nicht, muß ich eben Ballettänzerin werden.«
»Du wirst nichts dergleichen tun!« entgegnete der Herzog energisch. »Als dein Vormund werde ich das mit allen Mitteln zu verhindern wissen!«
»Sagtest