Heimatkinder Staffel 4 – Heimatroman. Kathrin Singer

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Heimatkinder Staffel 4 – Heimatroman - Kathrin Singer Heimatkinder Staffel

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aber jeder konnte sehen, wie froh sie war! »Oh, wie schön habt ihr alles gemacht!« Sie klatschte leicht in die Hände, trat an den Tisch, auf dem die runde Vase mit dem üppigen Wiesenblumenstrauß stand, strich mit dem Zeigefinger über das lustige Papier der Schachtel. »Ist das für mich?« fragte sie zaghaft.

      Martin horchte auf, sah überrascht von einem zum andern. »Was habts euch denn da ausgedacht, Mutter?« fragte er augenzwinkernd.

      Nun war es an Anna, sich zu wundern. »Ich dachte, du…«

      In diesem Augenblick hatte Roserl die Schachtel bereits geöffnet, nahm vorsichtig den Teddy heraus und drückte ihn selig an ihre Brust. »Der ist aber schön, mei, ist der lieb!«

      Als der junge Vater begriff, daß niemand von ihnen dieses Geschenk gemacht hatte, wollte er es dem Kind entreißen, doch Anna stellte sich drohend vor ihn hin und zischte ihm zu: »Laß ihr die Freud! Mach jetzt keinen Fehler, Bub!«

      Glücklicherweise war Roserl so sehr mit ihrem »Bertl« beschäftigt, daß sie von dem seltsamen Gebaren ihres Vaters nichts bemerkte.

      Martin war bei der Erinnerung an Josepha blaß geworden. Ihretwegen hatte sein Töchterl leiden müssen und damit auch er! Das würde er niemals verwinden. Dieser Teddy konnte nur von ihr sein, sie mußte ihn heimlich ins Zimmer gelegt haben, bevor sie das Haus verlassen hatte.

      Merkwürdig, dachte er plötzlich, damals, als ich sie aus der Stadt geholt hatte, glaubte ich wirklich, sie wäre so sanft und liebevoll, wie ich mir meine Marianne gewünscht hatte! Vor seinem geistigen Auge sah er Josephas leises Lächeln, ihren verständnisvollen Blick, hörte den hellen Klang ihrer warmen Stimme.

      Der Bursch fuhr sich verwirrt über die Augen.

      »Vater, wo ist Sepherl?« Rosemarie sah ihren Vater abwartend an, den Teddy noch immer vor der Brust.

      »Sepherl? O ja, Josepha ist in der Stadt. Ich weiß net, wann sie wiederkommt, Liebes!« wand er sich. »Komm, Roserl, die Großmutter hat einen feinen Kuchen gebacken, den wollen wir jetzt anschneiden, gell?«

      Doch das Kind rührte sich nicht. Die Enttäuschung war zu groß. »Warum ist Sepherl in der Stadt?«

      Die Falten auf Martins Stirn kündeten nichts Gutes an.

      Die Bäuerin nahm ihm die Antwort ab. Sie schob das Mädchen aus dem Zimmer, während sie ihm verschwörerisch zuflüsterte: »Ich möcht dir gschwind etwas zeigen, Roserl! Da wirst Augen machen!«

      Für kurze Zeit war das Kind von dem Gedanken an Josepha abgelenkt.

      Der Bäuerin war das winzige Kälbchen eingefallen, das ihr der Xaver am Morgen stolz gezeigt hatte und nun hoffte sie innig, daß Rosemarie zumindest für einige Zeit Josepha vergessen würde!

      *

      Niemand hatte die schmale Gestalt bemerkt, die das Haus im Schutz der Stallgebäude beobachtete.

      Josepha war glücklich, daß sie Roserl gesund wiedersehen durfte – wenn auch nur aus der Ferne!

      Der heimlich geliebte Martin erschien ihr sehr verändert, wie er so mit dem Dirndl umging. Wie liebevoll hatte er es an sich gedrückt, als er es vom Zweispänner hob!

      Tieftraurig huschte Josepha in den dichten Wald, der ihr in den letzten Wochen zum einzigen Trost geworden war.

      Sie mied den Weg über den Hirschbichl, der dem Achnerhof zum Schicksal geworden war, und stieg über die Senneralm zum Nachbardorf, wo sie inzwischen eine Stellung gefunden hatte.

      »Wo warst denn wieder?« wurde sie unwirsch vom vierschrötigen Wirt des Dorfkrugs empfangen. »War ganz schon viel los zur Mittagszeit. Du hast gefälligst dazubleiben, bis ich dir freigeb.«

      Gleichgültig hob Josepha die Schultern und stolzierte hocherhobenen Hauptes in ihr neues Reich, die Küche vom Dorfkrug. Nein, lange wurde sie diesen ungehobelten Mann nicht mehr ertragen. Anfangs hatte sie geglaubt, mit Freundlichkeit und Arbeitseifer den Wirt ein bißehen nachsichtiger zu stimmen, aber es hatte nichts gebracht.

      Andererseits wußte das Dirndl, daß es schwer war, zum Winter hin eine gscheite Arbeit zu finden – sie hatte es längst auf anderen Höfen versucht. Von dem Geld, das sie aus dem Erbteil der Mutter aufbewahrte, rührte sie nichts an. Wer wußte denn schon, was noch alles geschah?

      Die Frau des Wirts stand ihrem Mann in nichts nach. Als Josepha die Küche betrat, zeterte sie herum: »Du wirst dafür bezahlt, daß du mir zur Hand gehst, verstehst? Wo warst denn schon wieder? ’s ist jetzt schon das dritte Mal, daß du einfach verschwindest!«

      »Ich hab halt frische Luft gebraucht! Hier bei euch ist mir der Gestank manchmal unerträglich!« Das Madl wußte selbst nicht, warum sie der dicken Frau diese Worte entgegenschleuderte!

      Freilich hatte das Konsequenzen. Diese Frechheit ließ sich die Wirtin nicht gefallen und wies Josepha kurzerhand die Tür.

      Trotz allem war das Dirndl zutiefst erleichtert. Es wußte weder, wo es wohnen, noch, wo es Arbeit finden würde, aber es war froh, diesem ungastlichen Haus entronnen zu sein!

      Die Dämmerung war hereingebrochen und ein kühler Abendwind kam auf. Fast wie von selbst trugen Josephas Beine sie in den Achnerforst. Die Sehnsucht nach ihrem ehemaligen Daheim wurde übermächtig. Wie viele glückliche Stunden hatte sie dort verbracht und durfte sich geborgen fühlen!

      Josepha zog ihr Tuch fest um die Schultern. Wehmütig dachte sie daran, daß sie es damals ebenfalls getragen hatte, als sie Martin Achner zum erstenmal begegnet war.

      Das Mädchen hatte es nicht eilig. Ihr war es gleich, wo sie diese Nacht verbringen würde, wenn sie nur in der Nähe des Hofes bleiben konnte.

      Plötzlich drangen Schritte an ihr Ohr. Wer mochte um diese Zeit noch im Wald sein?

      »Jessas, haben Sie mich erschreckt!« entfuhr es dem Forstmeister Hubert Grasegger, der tief in Gedanken versunken dahingegangen war.

      Josepha atmete auf. »Sie mich aber auch!«

      Erst jetzt erkannte er das Mädchen. »Sie sind doch Josepha vom Achnerhof! Was tun Sie um diese Zeit mutterseelenallein im Forst?«

      Er erhielt keine Antwort, statt dessen wandte sich Josepha ab und wollte weitergehen.

      Der Bursch griff nach ihrem Arm. »Hören Sie, Josepha, Sie müssen mir nix sagen, wenn Sie net wollen. Aber hier können Sie net bleiben!«

      Josepha kam eine Idee. »Hubert, ich bin auf Stellungssuche. Brauchen Sie net zufällig eine Haushälterin? Sie brauchen mir auch net viel zu zahlen, ich brauch halt nur ein bisserl was zum Essen und Schlafen.« Atemlos wartete sie auf seine Antwort.

      Der Forstmeister kratzte sich am Hinterkopf. »Nun ja, eigentlich könnt ich schon jemand brauchen, aber Sie sind jung und wenn wir zwei – ich mein, wir könnten ins Gerede kommen, gell?«

      Das Mädchen lachte herzhaft auf. »Das meinen S’ aber net im Ernst, gell, Herr Forstmeister?«

      Hubert Grasegger, der für gewöhnlich als sehr zurückhaltend galt, was das weibliche Geschlecht anging, nahm wie selbstverständlich ihre Hand und marschierte mit ihr zur Hütte hinauf. Insgeheim dachte er, daß es auch sein Gutes gehabt hatte, daß er noch einmal spazierengegangen war!

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