Butler Parker 151 – Kriminalroman. Günter Dönges
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Die Villa lag auf einer sanften Anhöhe und wurde von Pinien und Zypressen umrahmt. Es gab zwei Terrassen, die zum Eingang führten. Blumen und saftig grünes Strauchwerk schufen einen zusätzlichen Rahmen. Das Haus, das an einen kleinen Palazzo erinnerte, war schon alt und zeichnete sich durch die Harmonie seiner Architektur aus.
Weniger harmonisch hingegen wirkte Luciano Parcutti, der auf der oberen Terrasse saß und sich gerade Bericht erstatten ließ. Der Kurzbeinige hatte vor einem runden Eisentisch Platz genommen, kaute auf einer Zigarre und musterte die Auffahrt zum Haus. Er wartete auf Besuch.
»Diese Lady Simpson ist steinreich«, faßte Cäsare Fermo zusammen, der Sekretär des Mafiagangsters, ein schmaler, agiler Mann von etwa fünfunddreißig Jahren, »sie ist seit vielen Jahren Witwe und bezeichnet sich als Amateurkriminalistin.«
»Nicht mehr lange«, warf der Gangsterboß ein.
»Unsere Freunde in London berichten, daß diese Lady allerdings sehr erfolgreich ist«, redete Cäsare Fermo weiter, »aber die Erfolge gehen auf das Konto ihres Butlers, der Josuah Parker heißt.«
»Für mich ist auch dieser Amateur bereits gestorben«, sagte Parcutti.
»Mike Rander ist Anwalt und war vor seinen Jahren in den USA mit dem Butler zusammen«, erläuterte Fermo, »sie waren gefürchtet wegen ihrer Methoden.«
»Was stell’ ich mir darunter vor?« wollte der ehemalige Mafiaboß wissen.
»Die Methoden waren ungewöhnlich«, sagte Fermo, »sie taten immer genau das, was man nicht erwartete.«
»Bei mir werden sie auflaufen«, versprach Parcutti und lächelte siegessicher. »Da soll’s noch eine Frau geben, wie?«
»Kathy Porter, Sekretärin der Lady und Freundin des Anwalts«, bestätigte Fermo, »sie ist gefährlich, obwohl man’s ihr nicht ansieht.«
»Das werde ich testen«, versprach Parcutti, der nun ein wenig schmierig lächelte, »die Kleine wird nicht angerührt, die nehme ich mir selbst vor. Wie viele Leute haben das Hotel eingekreist?«
»Insgesamt acht Spezialisten«, erwiderte Fermo, »erstklassige Leute. Sie müßten gleich auftauchen. Bevor sie das Hotel verließen, haben sie angerufen.«
»Und warum sind diese vier Briten hier in Verona«, fragte Parcutti. »Hat der Besuch was mit mir zu tun?«
Auf keinen Fall. Nach meinen Erkundigungen wollen sie sich die Opernaufführung in der Arena ansehen.«
»Sie werden die Oper aus nächster Nähe nachvollziehen«, versprach Parcutti, »ich habe nachgedacht, Fermo. Ich weiß jetzt, wie wir die vier Barbaren verschwinden lassen.«
»Ihnen ist bestimmt was Einmaliges eingefallen.« Fermos Gesicht drückte Höflichkeit aus.
»Ich werde die Briten einmauern lassen«, redete der Mafiaboß weiter, »wissen Sie, Fermo, genau wie in der Oper. Ich werde sie einmauern lassen. Sorgen Sie dafür, daß ich für diesen Zweck was Passendes finde.«
»Geht in Ordnung«, antwortete Fermo, »das läßt sich leicht arrangieren. Man wird die vier Amateure niemals finden.«
»Was hat man sonst noch aus London berichtet?«
»Man nennt die Briten das ›Quartett‹ und wäre sehr froh, wenn es nicht nach London zurückkäme.«
»Unvorstellbar, daß man dieses ›Quartett‹ nicht schon längst begraben hat«, wunderte sich Luciano Parcutti, »wir in den Staaten hätten da verdammt kurzen Prozeß gemacht, das können Sie mir glauben. Vier Amateure können doch keine ernstzunehmenden Gegner sein.«
»Natürlich nicht«, lautete die Antwort von Cäsare Fermo. Er deutete hinunter auf die Auffahrt, »sie werden angeliefert. Der erste Fiat kommt.«
»Gießen Sie mir was ein, Cäsare«, verlangte der ehemalige Mafiaboß, und Fermo kam diesem Verlangen nach. Ein aufmerksamer Betrachter hätte mitbekommen, wie widerwillig er es tat. Luciano Parcutti lehnte sich im Sessel zurück und beobachtete den Fiat, der in schneller Fahrt sich der Villa näherte und dann für einen Moment unterhalb der zweiten Terrasse verschwand. Wenig später tauchte der Wagen wieder auf, befand sich bereits auf der eigentlichen Auffahrt und nahm Richtung auf den Hauseingang.
»Ein schöner Nachmittag«, meinte Parcutti und erhob sich, »jetzt werde ich meinen Freunden in London mal zeigen, wie man mit Amateuren umgeht, Fermo. Kommen Sie, begrüßen wir sie! Diese Lady wird ihre Ohrfeige noch sehr bereuen ...«
*
Mit schnellen Schritten ging der ehemalige Mafiaboß auf den Fiat zu, der inzwischen stand. Parcutti kam gar nicht auf den Gedanken, seine Leute könnten vielleicht überlistet worden sein. Cäsare Fermo benahm sich ebenfalls sehr sorglos. Er verzichtete darauf, Parcuttis Leibwächter in der Villa zu informieren. Für ihn gab es keinen Zweifel daran, daß zwei Mitglieder des ›Quartetts‹ im Fiat saßen, und zwar gegen ihren Willen. Was hatte man also zu befürchten?
Es fehlten Parcutti noch etwa fünf bis sechs Meter bis zum Schlitten, doch plötzlich blieb er stehen und faßte reflexartig nach seinem linken Oberschenkel. Irgendetwas hatte ihn gestochen, er glaubte an ein stacheliges Insekt. Dann aber stutzte er, senkte den Blick und starrte in einer Mischung aus Entsetzen und Unglauben auf einen bunt gefiederten Pfeil, der kaum länger war als eine kleine Stricknadel. Die Spitze dieses Blasrohrpfeils saß fest im Fleisch, der Schaft wippte noch ein wenig.
Parcutti sog scharf die Luft ein und sah zu seinem Sekretär hinüber, der allerdings ähnlich geschockt war. Cäsare Fermo zog gerade angewidert und mit spitzen Fingern seinen dünnen, kleinen Pfeil aus dem allerdings rechten Oberschenkel und warf ihn auf den Kies der Auffahrt.
»Was ... Was ist das?« fragte Parcutti. Er traute sich nicht, seinen Pfeil aus dem Oberschenkel zu ziehen.
»Sie sollten unnötige und hastige Bewegungen tunlichst vermeiden«, war die Stimme des Butlers zu vernehmen, der neben dem Wagen stand, »ein zu schneller Transport des Pfeilgiftes könnte sich unter Umständen tödlich auswirken.«
»Gift?« Luciano Parcutti sprach ein amerikanisch gefärbtes Englisch. Er starrte den Butler an.
»Von durchaus verträglicher Konzentration, falls man sich nicht zu betont bewegt.«
»Was Sie von mir aus ruhig machen können«, schaltete die ältere Dame sich ein. Sie hielt in der rechten Hand eine schallgedämpfte Automatik aus den Beständen der jungen Gangster.
»Gift, Fermo«, hechelte Parcutti.
»Bluff«, meinte der Sekretär des ehemaligen Mafiabosses und versuchte vorsichtig, an seine eigene Schußwaffe heranzukommen. Parker beobachtete dieses Unterfangen. Er hatte seinen Universal-Regenschirm auf das Wagendach des Fiats gelegt und die Spitze des Regenschirmes auf Fermo gerichtet.
Parcutti hielt sich an die Warnung des Butlers und bewegte sich nicht. Er blieb wie eine Statue aus Bronze stehen und atmete schnell. Cäsare Fermo aber wollte den Dingen unbedingt doch noch eine andere Wendung geben. Er hatte seine Hand in Brusthöhe gebracht und wollte schnell nach der Waffe in der Schulterhalfter greifen.
Die Hand erstarrte inmitten dieser Bewegung, und zwar nicht ohne Grund.