Sophienlust Staffel 8 – Familienroman. Diverse Autoren
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»Das ist eine gute Idee.« Guido umfing mit seinem Blick die aufreizende Gestalt seiner Geliebten. »Pia, ich…«
Sie wandte sich lächelnd um. »Guido, hast du es?« fragte sie gespannt.
»Noch nicht, Pia. Aber es ist mir gelungen, Abdrücke von den entscheidenden Schlüsseln zu machen.« Er zeigte ihr die Abdrücke.
»Und du bist ganz sicher, daß diese Schlüssel zum Giftschrank im Krankenhaus gehören?« fragte sie skeptisch.
»Ganz sicher«, erwiderte er fest. »Am nächsten Wochenende muß ich wieder nach Maibach fahren. Diesmal wird es klappen«, versprach er.
»Wirklich?« fragte sie spöttisch. »Mir scheint, du suchst nur einen Grund, um deine Frau wieder besuchen zu können.«
»Blödsinn. Fahr’ du doch!« höhnte er.
»Du weißt, daß das unmöglich ist, mein Lieber. Trotzdem paßt es mir keineswegs, daß ich jedes Wochenende allein verbringen muß. Am liebsten würde ich dich begleiten.«
»Das wäre unklug, Pia. Maibach ist eine Kleinstadt, in der jeder alles vom anderen weiß. Würde man uns beide zusammen sehen, würde meine Frau noch am gleichen Tag erfahren, daß ich mit einem hübschen Mädchen angekommen bin.«
»Na ja, man muß halt Opfer bringen«, seufzte sie. »Aber diesmal darfst du nicht ohne Ware zurückkommen. Versprichst du mir das?«
»Alles, was du willst, Pia«, flüsterte er, durch ihre Nähe bis zum äußersten erregt, und riß sie an sich.
*
Ingrid hatte ihren freien Tag. Sie entschloß sich jäh, ihre Kinder in Sophienlust zu besuchen. Im letzten Augenblick erreichte sie den Zug nach Bachenau. Erleichtert sank sie auf einen Sitz. Da sie ihren Besuch in Sophienlust diesmal nicht angemeldet hatte, mußte sie mit dem Bus nach Wildmoos fahren.
Doch als sie sich erkundigte, wann der nächste Autobus abfuhr, erfuhr sie zu ihrem Leidwesen, daß eben einer abgefahren war und der nächste erst in einer Stunde ging.
Da das Wetter schön war, wollte Ingrid die wenigen Kilometer zu Fuß gehen.
Fröhlich schritt sie aus. Dabei stellte sie sich vor, wie überrascht ihre Kinder sein würden, wenn sie plötzlich vor ihnen stehen würde.
Aber der Weg nach Sophienlust war weiter, als Ingrid geglaubt hatte. Auch meinte es die Sonne an diesem Tag besonders gut. Der anstrengende Nachtdienst der letzten Woche hatte Ingrid ebenfalls stark mitgenommen. Auf einmal fühlte sie sich gar nicht wohl. Ihr wurde schwindelig, so daß sie leicht taumelte.
Ingrid blickte auf die andere Straßenseite, wo eine Baumgruppe stand. Dort würde es kühler sein, dachte sie und wollte schnell über die Straße laufen. Dabei achtete sie nicht auf den Wagen, der in ziemlich schnellem Tempo auf sie zukam. Obwohl der Fahrer hart auf die Bremse trat, streifte er sie noch.
Ingrid taumelte und schlug hin. Doch sie richtete sich gleich darauf, wenn auch etwas benommen wieder auf und erblickte einen hochgewachsenen Mann, der auf sie zueilte.
»Mein Gott, wie konnte das nur geschehen«, murmelte er, weiß bis in die Lippen. »Ist Ihnen etwas passiert?«
»Ich glaube nicht.« Ingrid stand mit seiner Hilfe auf. Jetzt erst spürte sie das Brennen an den Knien. Auch ihr rechter Ellbogen schmerzte bei jeder Bewegung.
»Können Sie gehen?« fragte der Herr besorgt.
»Aber ja. Ich glaube, ich habe nur einige Hautabschürfungen abbekommen. Ja, und mein Ellbogen tut ein bißchen weh. Machen Sie sich keine Sorgen deshalb. Es war meine Schuld. Ich habe weder nach rechts noch nach links geschaut, als ich die Straße überquerte. Seien wir froh, daß nicht mehr geschehen ist.«
»Das bin ich auf alle Fälle. Darf ich Sie mitnehmen?« fragte er und hob ihre Handtasche auf.
»Ich möchte nach Sophienlust, um dort meine Kinder zu besuchen.« Ingrid strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn und sah verlegen in seine Augen, die sich besorgt auf sie richteten.
»Nach Sophienlust? So ein Zufall! Ich fahre ebenfalls dorthin. Mein Sohn ist dort. Mein Name ist Heidenreich«, stellte er sich vor.
»Peters Vater?« fragte sie überrascht.
»Ja, das stimmt. Kennen Sie meinen Sohn?«
»Und ob. Meine Kinder und er sind unzertrennlich.«
»Dann können Sie nur Frau Laurens sein, Schwester Ingrid?«
»Ja, die bin ich«, entgegnete sie und blickte lächelnd in die grauen Männeraugen. »Was für ein lustiger Zufall«, bemerkte sie nun ihrerseits.
»Ich werde mir in Sophienlust sogleich Ihre Abschürfungen genauer anschauen. Bitte, steigen Sie ein.«
Das ließ sich Ingrid nicht zweimal sagen. Zwar brannten ihre Knie noch immer wie Feuer, und ihr rechter Arm tat auch noch sehr weh, trotzdem fühlte sie sich jetzt bedeutend wohler als vor dem kleinen Unfall. »Peter ist ein lieber Junge«, sagte sie.
»Ja, das ist er. Nur hat er den Tod seiner Mutter noch immer nicht ganz überwunden. Das ist auch ein Grund weshalb ich ihn nach Sophienlust gebracht habe. Frau von Schoenecker lernte ich durch einen Freund kennen. Sie meinte, daß Peter in der Gesellschaft anderer Kinder eher mit seinem Kummer fertig werden würde, und hatte recht. Peter lacht jetzt wieder und scheint das Schlimmste überwunden zu haben. Er hat mir viel von Ihnen erzählt, Frau Laurens. Auch, daß Sie mit ihm und Ihren Kindern auf dem Friedhof waren, um das Grab meiner Frau zu besuchen.«
»Er hat mir auch Ihr Haus gezeigt.«
»Ich weiß. Der Junge war ganz traurig, weil damals niemand da war. Ich hatte lange Jahre eine ausgezeichnete Haushälterin. Leider wird die Gute nicht mehr zurückkommen. Sie hat eine schwere Operation hinter sich und wird nicht mehr arbeiten können. Darum verbringe ich die meiste Zeit im Krankenhaus. Allerdings habe ich nun vor, eine Praxis zu eröffnen. Ich bin auf der Suche nach einer Frau, die meinen Haushalt führt. Dann kann ich Peter wieder zu mir nehmen.«
»Das ist schön für den Jungen. Er hängt sehr an Ihnen.« Lächelnd sah Ingrid Peters Vater an und stellte fest, daß er ein äußerst sympathischer und auffallend gutaussehender Mann war. Sein dichtes dunkelblondes Haar war schon mit Silberfäden durchzogen. Auch
die Schläfenhaare schimmerten silbern. Der schwermütige Ausdruck in seinen Augen verlieh ihm eine interessante Note. Ingrid konnte sich gut vorstellen, daß er viel Erfolg bei Frauen hatte. Sie schätzte ihn auf Ende der Dreißig.
»Haben Sie große Schmerzen?« fragte Dr. Heidenreich, als sie in die Straße einbogen, die nach Sophienlust führte.
»Ein bißchen« gab sie zu.
»Das tut mir leid. Ich hätte besser reagieren müssen«, klagte er sich an.
»Es war ganz allein meine Schuld Ich hatte Nachtdienst und bin dem entsprechend müde.«
»Da vorn ist schon das Herrenhaus«, stellte er aufatmend fest. »Dann kann ich Sie sogleich verarzten.«