Dr. Daniel Staffel 4 – Arztroman. Marie-Francoise

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Dr. Daniel Staffel 4 – Arztroman - Marie-Francoise Dr. Daniel Staffel

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glaube, ich spreche für alle, wenn ich sage, daß eine so wortreiche Entschuldigung sicher nicht nötig gewesen wäre«, erklärte er. »Wir sind alle nur Menschen und machen Fehler.« Er lächelte Wolfgang an. »Auch ein Chefarzt ist davor nicht gefeit. Aber zumindest ich für meinen Teil freue mich wieder auf die Zusammenarbeit mit dir.«

      Dr. Metzler reichte ihm die Hand. »Danke, Gerrit.« Er nickte auch den anderen dankend zu, dann wandte er sich ab und lehnte sich an seinen Schreibtisch. Diese kurze Unterredung hatte ihn ziemlich erschöpft, aber das lag wahrscheinlich noch immer an dem Medikament, das er in der Nacht noch einmal gespritzt bekommen hatte.

      Währenddessen waren die Ärzte, Schwestern und Pfleger schon dabei, das Büro wieder zu verlassen.

      »Stefan, einen Augenblick noch!« rief Dr. Metzler dem jungen Assistenzarzt zu.

      Mit etwas gemischten Gefühlen blieb Stefan stehen und wünschte sich dabei trotz Wolfgangs beruhigender Worte, er könnte mit den anderen gleich wieder an seine Arbeit gehen.

      »Setz dich, bitte«, bot Dr. Metzler an, während auch er Platz nahm. Er schwieg noch eine Weile, dann sah er den jungen Assistenzarzt an. »Ich habe das Gefühl, als müßte ich mich bei dir persönlich entschuldigen. Du hattest unter meiner Veränderung wohl am meisten von allen zu leiden.«

      Stefan errötete ein wenig, weil er mit so einer Geste am allerwenigsten gerechnet hatte. Schließlich war er in den vergangenen Monaten ein völlig anderes Verhalten von seinem Chefarzt gewohnt gewesen.

      »Ist schon gut, Wolfgang«, murmelte er. »Du hast ja gerade erklärt, woran es lag und… Gerrit hat durchaus auch für mich gesprochen.«

      »Ich bin froh, daß du das sagst, trotzdem ist die ganze Sache in meinen Augen noch längst nicht gut«, entgegnete Dr. Metzler ernst. »Ich habe dich sehr oft mit ungerechtfertigten Vorwürfen bombardiert. Deshalb möchte ich dir heute etwas sagen, was du dir schon längst verdient hast.« Er schwieg kurz. »Du absolvierst zwar erst deine Assistenzzeit, trotzdem bist du schon jetzt ein sehr guter Arzt, und wenn du hier einmal fertig bist, dann würde ich mein Leben medizinisch betrachtet bedenkenlos in deine Hände legen.«

      Stefan errötete wieder, doch diesmal vor Freude über dieses Lob, mit dem er niemals im Leben gerechnet hätte.

      »Wolfgang, das ist…«, stammelte er.

      »Es ist die Wahrheit«, fiel Dr. Metzler ihm ins Wort, dann stand er auf. »Jetzt kannst auch du wieder an deine Arbeit gehen.«

      Das ließ sich Stefan nicht zweimal sagen. Plötzlich war er von einem Enthusiasmus erfüllt, den er seit Monaten nicht mehr an sich gekannt hatte.

      Dr. Metzler sah ihm nach, als er das Zimmer verließ, dann atmete er auf. Es war geschafft. Er hatte seine vielen Fehler der letzten Zeit ausgemerzt, so gut es möglich gewesen war. Und in diesem Moment schwor er sich, daß es nie wieder zu einem solchen Zwischenfall kommen solle.

      *

      Die letzten sechs Wochen in Australien wurden für Gabriela Köster zu einer nicht enden wollenden Qual. Plötzlich schien ihr die sengende Hitze noch unerträglicher als zuvor zu sein, und nicht einmal an den springfreudigen Känguruhs und den niedlichen Pandabären konnte sie noch Gefallen finden. Sie sehnte sich nach dem ihr unbekannten Steinhausen, nach dem kristallklaren See, von dem Erika gesprochen hatte, und nach der Klinik, in der sie endlich wieder in dem Beruf würde arbeiten können, den sie liebte.

      Gerade an dem Tag, an dem die Hitzeperiode ein Ende fand und der Regen wie aus Kübeln vom Himmel fiel, war es für Gabriela endlich soweit. Der Vorarbeiter Jim Pearson hatte es sich nicht nehmen lassen, sie nach Adelaide zu fahren. Gabriela war froh darüber, denn der ruhige und zuverlässige Jim war der einzige wirkliche Freund, den sie in Australien gefunden hatte.

      »Schade, daß du uns wieder verläßt«, erklärte er, und sein Bedauern in der Stimme klang echt. Er sah sie an, was auf den menschenleeren Straßen nicht einmal bei dieser Sintflut, die vom Himmel stürzte, ein großes Risiko war. »Mit dir konnte man sich immer so gut unterhalten.« Er lächelte. »Und im Schachspielen bist du eine Meisterin. Ich glaube, da wirst du mir schon sehr fehlen.«

      Auch Gabriela lächelte. »Es hat mir Spaß gemacht, meine geistigen Fähigkeiten mit den deinen zu messen – obwohl ich dabei meistens verloren habe.« Dann wurde sie ernst. »Aber irgendwann wäre ich sowieso wieder gegangen. Ich bin für dieses Leben einfach nicht geschaffen.«

      Jim nickte. »Es war wahrscheinlich ein Fehler, daß du überhaupt hergekommen bist.«

      »Ich weiß nicht so recht«, entgegnete Gabriela nachdenklich. »Vielleicht lernt man nur auf diese Weise das zu schätzen, was einem sonst am Leben ganz selbstverständlich zu sein scheint.«

      Dann herrschte Schweigen zwischen ihnen, doch es war kein peinliches Schweigen. Gabriela fühlte, daß Jim sie verstand, und sie wußte schon jetzt, daß sie seine Freundschaft, die nie auf irgendwelche Intimitäten ausgerichtet gewesen war, vermissen würde.

      In Adelaide wartete eine kleine Chartermaschine, die Gabriela nach Sydney brachte. Und von hier startete knapp drei Stunden später die Maschine nach Deutschland. Es war ein endlos langer Flug, und Gabriela hatte schon das Gefühl, als würde sie ihr Ziel niemals erreichen. Doch dann setzte die Maschine endlich auf dem Rollfeld auf, und Gabriela hätte am liebsten laut aufgejubelt vor Glück. Sie war wieder zu Hause! Für einen Moment kehrte der Gedanke an Harald und seine unmißverständliche Drohung zurück, doch sie schüttelte diese Erinnerung rasch wieder ab. Harald war in der Schweiz. Er würde sicher nie erfahren, daß sie wieder nach Deutschland zurückgekehrt war, und vermutlich würde es ihn auch gar nicht interessieren. Schließlich hatte er sein Ziel jetzt erreicht. Er war Chefarzt, und das hatte er ja schon immer werden wollen.

      Ein wenig unschlüssig stand Gabriela mitten im Frankfurter Flughafen. Obwohl es sie mit aller Macht nach Steinhausen und in die Waldsee-Klinik zog, entschloß sie sich nach einigem Überlegen doch, zuerst zu Hause anzurufen.

      »Gabi! Endlich!« stieß ihr Vater überglücklich hervor, und dann ließ er sich nicht mehr davon abhalten, umgehend nach Frankfurt zu fahren, um seine Tochter abzuholen.

      Er erschrak ein wenig über Gabrielas verändertes Aussehen. Die harte Arbeit auf der Farm hatte sie förmlich abgezehrt, und die unbarmherzige australische Sonne hatte ihre Haut nicht nur tief gebräunt, sondern auch richtiggehend gegerbt. Dazu kam der ernste Ausdruck in ihren schönen tiefblauen Augen, der früher nicht dagewesen war und für den sicher Harald verantwortlich war. Obgleich Gabriela nichts mehr darüber gesagt hatte, war ihr Vater sicher, daß sie unter dem eiskalten Verrat ihrer Liebe noch immer litt.

      Jetzt schloß Helmut Köster seine Tochter zärtlich in die Arme. »Gabi, mein Liebes, wie bin ich froh, daß du wieder nach Hause gefunden hast.« Er sah sie an. »Ich glaube, es war unnötig, daß du eine so weite Entfernung zwischen dich und Harald gelegt hast. Ich kann nicht glauben, daß er diese entsetzliche Drohung wirklich ernst gemeint hatte. Er war doch nur verärgert und…«

      »Nein, Vati«, entgegnete Gabriela voller Überzeugung. »Ich kenne Harry besser als du und weiß daher, daß er jedes Wort völlig ernst gemeint hat. Und ich halte ihn sogar für fähig, daß er jetzt noch seine billige Rache üben würde, wenn er jemals erfahren würde, daß ich wieder hier bin.« Sie schwieg kurz. »Sicher, Australien hätte es wohl nicht unbedingt sein müssen, andererseits… vielleicht war es sogar ganz gut, daß ich mal gesehen habe, unter welch schwierigen Bedingungen andere Menschen ihr Dasein fristen müssen. Es war eine harte, aber auch lehrreiche Zeit, die ich in Australien verlebt habe.«

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