Moonlight Romance Staffel 2 – Romantic Thriller. Scarlet Wilson
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Ehe sich weiterer Unmut in Majas Gemüt einzunisten vermochte, ging die gegenüberliegende Wohnungstür im Flur des vierten Stockwerks auf. Ein großgewachsener, schlanker, dunkelhaariger Mann in einem weinroten Jogginganzug, schätzungsweise Mitte fünfzig, mit attraktiven grauen Schläfen und sympathischem Gesicht trat auf Maja zu. Irgendwie kam er ihr bekannt vor, oder? Nein, doch nicht, entschied sie nach genauerem Hinsehen. Wahrscheinlich besaß er eine Ähnlichkeit mit einem bekannten Hollywoodschauspieler – dessen Name ihr jedoch im Augenblick nicht einfallen wollte.
»Es muss endlich aufhören, dass ich bei jedem Fremden glaube, ihn von irgendwoher zu kennen! Das ist doch geradezu albern«, überlegte sie missmutig.
Diesen Nachbarn hatte die junge Frau bewusst noch nie gesehen; er musste erst kürzlich eingezogen sein. Früher hatte dort ein steinaltes, aber noch erstaunlich mobiles Ehepaar gelebt.
»Habe ich Sie durch mein Klingeln gestört? Entschuldigen Sie, bitte, aber ich mache mir Sorgen um Frau Ritter! Das ist meine Tante Claudia, müssen Sie wissen! Wie Sie sehen«, Maja deutete auf ihr sperriges Gepäckstück, »komme ich grade aus den Bergen. Ich habe extra den Wanderurlaub mit meinem Verlobten sausen lassen, um bei meiner Tante sein zu können …«
»Warum, um Himmels willen, rede ich eigentlich so viel? Das Ganze wird den Mann doch kaum interessieren. Vermutlich ist er bloß durch mein andauerndes Läuten genervt!«, überlegte sie und genierte sich auf einmal sehr über ihr Mitteilungsbedürfnis .
Jedoch der Nachbar winkte freundlich lächelnd ab. »Aber, ich bitte Sie! Von einer Störung kann doch keine Rede sein. Ich weiß Bescheid: Frau Ritters Sohn hat bei mir den Wohnungsschlüssel hinterlegt, weil er selbst dringend weg musste. Übrigens, gestatten Sie, dass ich mich vorstelle: Mein Name ist Rolf Fechner!«
Dabei ließ der hilfsbereite Nachbar an einem roten Band einen Schlüsselbund vor Majas Nase hin und her baumeln.
Automatisch wollte sie danach greifen, aber Rolf Fechner zog die Hand zurück. Etwas schüchtern grinste er auf sie herunter.
»Ich hätte noch eine große Bitte an Sie, meine liebe junge Dame! Sie heißen »Maja«, nicht wahr?«, fügte er hinzu und schaute ihr fragend in die blaugrünen Augen.
»Ja, Maja Steinmetz«, gab sie kurzangebunden zur Antwort, wobei sie ihren Familiennamen betonte. Typisch für den unbekümmerten Twen Jens, dass er nur ihren Vornamen weitergegeben hatte! Aber sie mochte es nicht, von Wildfremden gleich so vertraulich angesprochen zu werden. Anders als ihre Altersgenossen blieb sie zu Anfang lieber beim »Sie«.
»Was kann ich für Sie tun, Herr Fechner?« Maja bemühte sich, ihren etwas schroffen Tonfall durch eine liebenswürdige Miene abzumildern.
»Es ist nämlich so«, begann Tante Claudias Nachbar zögerlich, »obwohl ich Jens versprochen habe, mich die nächste Zeit um seine Mutter zu kümmern, bin ich doch ausgesprochen erleichtert, dass Sie, Frau Steinmetz, tatsächlich gekommen sind! Ich bin freischaffender Architekt und zurzeit nicht gerade auf Rosen gebettet. Ausgerechnet heute aber habe ich einen recht viel versprechenden Auftrag zum Entwurf für ein großes neues Einkaufszentrum erhalten, den ich wahrlich gut gebrauchen könnte.
Das heißt für mich im Klartext, dass ich etwa ein, zwei Wochen lang enorm unter Druck stehen werde. Da würde es für mich jetzt eine ungeheure Entlastung bedeuten, falls Sie längere Zeit dableiben würden! Aber in ungefähr zwölf bis vierzehn Tagen könnte ich Sie bei der Betreuung Ihrer Tante wieder ablösen – Sie werden ja auch noch etwas anderes zu tun haben!«
Maja musste schmunzeln.
»Da machen Sie sich mal keinen Kopf, Herr Fechner! Ich bin Lehrerin und habe noch fast sechs Wochen Sommerferien vor mir. Ich gehe davon aus, dass meine Tante Mitte September, wenn die Schule wieder beginnt, das Gröbste überstanden haben wird und sich wieder einigermaßen in der Lage fühlt, ohne fremde Hilfe auszukommen.
Von gelegentlichen Handreichungen oder Einkäufen schwererer Gegenstände mal abgesehen! Aber dafür ist dann ja wohl ihr Sohn Jens wieder zuständig!«, fügte sie mit ein wenig Nachdruck hinzu.
Insgeheim war sie schon verstimmt, dass der junge Kerl einfach so mir nichts, dir nichts, verschwunden war. Er hatte sich demnach also nicht nur auf ihre Gutmütigkeit, sondern auch auf die Hilfsbereitschaft eines Nachbarn verlassen … »Verantwortungsgefühl« sah in Majas Augen etwas anders aus.
»Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie erleichtert ich bin«, gestand Rolf Fechner. Als er Maja jetzt den Schlüsselbund überreichte, versuchte er, ihr die einzelnen Schlüssel zu erklären: Wohnungs-, Haustür-, Speicher-, Kellerabteil- und Waschküchenschlüssel. Aber diese Dinger waren der jungen Frau keineswegs unbekannt – sie war oft genug schon hier gewesen.
Zum Schluss ließ er Maja noch wissen, dass er, falls sie nicht aufgetaucht wäre, den Auftrag selbstverständlich zurückgegeben hätte.
»Ich hatte schließlich Claudia mein Wort gegeben, mich um sie zu kümmern, falls ihr Sohn verhindert sein sollte.«
Das fand die junge Lehrerin zwar sehr sympathisch, aber fast schon zu übertrieben. Der Auftrag schien doch überaus wichtig für ihn zu sein! Interessant erschien ihr auch die Tatsache, dass Fechner bei ihrer Tante von »Claudia« sprach: Standen sich die beiden womöglich näher? Sie beschloss, das bald heraus zu bekommen.
So ganz wurde Maja, die sich noch einmal für die Schlüssel bedankte, aus Rolf Fechner noch nicht schlau. Im Laufe des Gesprächs war ihr erneut die Ähnlichkeit mit jemandem, der ihr absolut nicht einfallen wollte, stark aufgefallen. Aber in dem Augenblick, in dem sie die doppelt abgesperrte Wohnungstür aufschloss, hatte sie den hilfsbereiten Herrn auch fast schon wieder vergessen: Wichtig war nur noch, wie es ihrer Tante ging.
Leise machte Maja die Tür hinter sich zu und ließ ihren Rucksack im Flur neben dem Schuhschrank stehen und eilte auf Zehenspitzen den langen Gang entlang. Die Türen von Küche, Ess- und riesigem Wohnzimmer, sowie einem kleineren Gästezimmer standen offen, nur diejenigen von Bad und Schlafzimmer ganz am Ende des Ganges waren geschlossen. Falls Claudia Ritter schlief, hatte sie demnach weder das Klopfen an der Wohnungstür, noch das Klingeln hören können.
Maja wollte ihre Tante zwar nicht unbedingt aufwecken, aber nach ihr zu sehen drängte es sie sehr. Endlich würde sie sich mit eigenen Augen vom Gesundheitszustand ihrer Verwandten überzeugen können. Seit sie am Hauptbahnhof in das Taxi gestiegen war, hatte sich in ihr ein vages Gefühl breit gemacht, sie könnte möglicherweise eine Überraschung erleben. Hoffentlich war es keine der unangenehmen Art!
Sachte drückte die junge Frau auf die Klinke der Schlafzimmertür um sie einen Spalt weit zu öffnen. Im Raum war es dämmerig, aber nicht allzu finster, da nur die luftigen Übergardinen, aber nicht die Rollläden geschlossen waren. Maja hörte ein leises Schnarchen, was sie nicht nur erheiterte, sondern auch irgendwie beruhigte: Claudia schien tief und fest zu schlafen.
Immer noch auf Zehenspitzen – bereits im Zug hatte Maja die schweren Bergstiefel gegen leichte Ballerinas ausgetauscht – näherte sie sich dem breiten französischen Bett, in welchem ihre Tante wie üblich auf einem Berg von Daunenkissen seelenruhig schlummerte.
Sie sah eigentlich aus wie immer, wobei Maja eingestehen musste, keine genaue Ahnung zu haben, ob und in welchem Maße sich das Aussehen von Menschen verändern konnte, die kürzlich einen Schlaganfall erlitten hatten. Claudia Ritters feines ebenmäßiges Gesicht schien wie eh und je, nichts war verzogen oder schief – nur blass war sie,