Die Entdeckung Alaskas mit Kapitän Bering. Georg Wilhelm Steller

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Die Entdeckung Alaskas mit Kapitän Bering - Georg Wilhelm  Steller Edition Erdmann

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darüber hinaus: »Er suchte die Tiere und Pflanzen in ihrer Umwelt auf, er lebte mit ihnen, beobachtete sie und schilderte ihr Dasein in einem verblüffend modern anmutenden Stil, so exakt und zutreffend, dass seinen Berichten bis heute kaum etwas hinzuzufügen ist« (Wendt). In seinen Forschungsmethoden näherte sich Steller bereits der modernen Verhaltensforschung und Vergleichenden Anatomie. Er war der erste naturwissenschaftlich gebildete Forschungsreisende im Gebiet des Nordpazifiks und der »Pionier der Naturgeschichte Alaskas« (Stejneger). Auf der Kayak-Insel entdeckte er einhundertsechzig Pflanzenarten (Steller hinterließ einen »Katalog der Pflanzen, die innerhalb von sechs Stunden im nördlichen Amerika in der Nähe des Elias-Vorgebirges am 21. Juli unter dem 59. Breitengrad beobachtet wurden«) und den nach ihm benannten Schopfhäher (Cyanocitta stelleri), der ihm als Beweis dafür galt, wirklich in Amerika zu sein. Auf der Beringinsel erlebte er eine reichhaltige arktische Tierwelt, noch bevor sie durch den Eingriff des Menschen gestört wurde. Er beobachtete Seevögel, Steinfüchse, Wale, Seeotter, Seelöwen, Seebären und vor allem die eigentümlichen Seekühe. In seinem großen Werk »De bestiis marinis« (Petersburg 1751; dt. 1753 in Halle unter dem Titel »Ausführliche Beschreibung von sonderbaren Meerthieren«) gibt Steller eine meisterhafte Beschreibung von vieren dieser Meerestiere; im »Resümee der gelehrten Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften« zu Petersburg wird von diesem Werk Folgendes gesagt: »In dieser Abhandlung beschreibt der selige Autor vier Meerestiere, nämlich die Seekuh, den Seebären, den Seelöwen und den Seeotter so sorgfältig, dass man sich keine vollkommenere Darstellung dieser Tiere wünschen kann. Sehr genau und lebendig beschreibt er ihren Körperbau und macht gründliche Angaben über jeden Teil und jedes Glied, ihre Lage, Größe und Proportionen … Aber auch die inneren Teile lässt er nicht unerklärt … Er zeigt, wie man sie zur Nahrung, zu Heilmitteln und ähnlichen Zwecken zubereitet, und erklärt dann die Bewegungsweise, die Eigenart und die Gewohnheiten dieser Tiere.«

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      Unsterblichen Ruhm erlangte Steller durch seine Entdeckung und Beschreibung der nach ihm benannten großen nordischen Seekuh (»Stellersche Seekuh«; Rhytina Stelleri bzw. Hydromalis gigas). Er war der einzige Wissenschaftler, der jemals eine lebende Seekuh sah. Die Ordnung der Seekühe, zu der die Manatis und Dugongs gehören und die den wissenschaftlichen Namen »Sirenia« erhielt, steht in der stammesgeschichtlichen Entwicklung der an das Leben im Wasser angepassten Säugetiere zwischen den Walen und den Robben. Die einzige Seekuhart, die in arktischen Gewässern gelebt hat, ist die »Stellersche Seekuh«, ein riesiges, bis zu acht Meter langes Tier, das sich ausschließlich von Wasserpflanzen ernährte. Auf der Beringinsel bot sich Steller die einzigartige Gelegenheit, einen solchen Meeressäuger auf das Genaueste zu untersuchen und zu beschreiben; die Schwierigkeiten seiner damaligen »Feldforschung« hat er der Nachwelt allerdings nicht verhehlt: »Dass mir dabei nicht alles nach Wunsch geriet, ist auf das schlimme Wetter zur Zeit des Fanges dieser Tiere zurückzuführen. Fast ständig gab es Regen und Kälte, doch mussten die Untersuchungen unter freiem Himmel angestellt werden. Hinzu kamen noch die Gezeiten des Meeres sowie die räuberischen Seevögel, die alles benagten und mir auch unter den Händen wegstahlen. Während ich das Tier untersuchte, holten sie mir Papier, Bücher und Tinte weg. Wenn ich schrieb, plagten sie das Tier. Selbst die Größe des Tieres und das Gewicht seiner Teile waren schwer zu bestimmen, da ich doch alles allein untersuchen, zugleich aber auch alle Arbeit tun musste … Daher ersuche ich den Leser, wegen dieser verstümmelten Beschreibung nicht an meinem Willen und Forscherdrang zu zweifeln, sondern vielmehr die Umstände zu berücksichtigen, in denen ich mich befunden habe.« Bereits im Jahre 1768, also nur siebenundzwanzig Jahre nach ihrer Entdeckung durch Steller, galt die Seekuh infolge intensiver Bejagung als ausgerottet. In einigen Museen finden sich nur noch Skelette oder Skelettteile sowie Hautreste dieses urzeitlichen Meeressäugetiers.

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       Auszug aus der »Beschreibung sonderbarer Meerthiere« in der Handschrift Georg Wilhelm Stellers

      Nach der Veröffentlichung wichtiger Schriften Stellers im 18. Jahrhundert war er nach der Jahrhundertwende so gut wie vergessen. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu einer Art »Steller-Renaissance« (Hünefeld); deutscherseits hob der Königsberger Anatom Ludwig Stieda in einem Artikel für die »Allgemeine Deutsche Biographie« (Bd. 36, 1893) die Bedeutung Stellers als Naturforscher hervor. Das Genie Stellers erkannte in moderner Zeit jedoch erst der Amerikaner Leonhard H. Stejneger, der im Jahre 1936 eine große und bahnbrechende Biographie über ihn veröffentlichte, die jedoch leider nicht ins Deutsche übertragen wurde. Als junger Naturforscher hatte Stejneger im Jahre 1882 die Beringinsel besucht: »Von diesem Tag an folgte ich achtzehn Monate lang buchstäblich Stellers Fußstapfen. Da ich von Anfang an die gewaltigen Schwierigkeiten erkannte, unter denen er gearbeitet hat, wuchsen mein Staunen und meine Bewunderung für seine Unerschrockenheit, seinen Fleiß, sein vielseitiges Wissen und seine Genauigkeit und Glaubwürdigkeit von Tag zu Tag.« Unvergessen blieb Georg Wilhelm Steller auch in seiner Heimatstadt Windsheim, die das Andenken an ihn auf vielerlei Weise wachhält und pflegt (Steller-Gasse, Georg-Wilhelm-Steller-Gymnasium, Steller-Gedenktafel am Platz seines Geburtshauses, Steller-Denkmal, Feierlichkeiten zu Geburtstagen Stellers).

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       Das neue Steller-Denkmal in Bad Windsheim

      In der Geschichte des Reisens verkörpert Steller Hanno Beck zufolge den Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert, vom Barock zur frühen Aufklärung. Er war der naturwissenschaftlich führende Forschungsreisende des frühen 18. Jahrhunderts; als Zoologe gilt er in dieser Epoche als unübertroffener Meister. Deshalb verdient es Steller, der in der russischen und amerikanischen Wissenschaftsgeschichte bereits einen ehrenvollen Platz einnimmt, auch in der deutschen Wissenschaftsgeschichte nicht vergessen zu werden. Spätestens seit der von Dr. Wieland Hintzsche initiierten und viel beachteten Ausstellung der Frankeschen Stiftungen zu Halle im Jahr 1996: »Die Grosse Nordische Expedition. Georg Wilhelm Steller (1709–1746). Ein Lutheraner erforscht Sibirien und Alaska« sowie seit Gründung der »Internationalen Georg-Wilhelm-Steller-Gesellschaft« in Halle kommt Steller endlich auch in Deutschland die Aufmerksamkeit zu, die ihm schon lange gebührt.

       Volker Matthies

      Beschreibung der Seereise von Kamtschatka nach Amerika mit dem Kapitän-Kommandeur Bering

      Ende Mai 1741 war endlich alles Nötige für die Amerikanische Reise vorbereitet, und so legten sich die beiden Paketboote1 »St. Peter« und »St. Paul« am 29. Mai aus dem Hafen2 auf die Reede der Awatscha-Bucht, um dort vor Anker auf günstige Winde zum Auslaufen zu warten. Auf der »St. Peter«, auf der ich mich einschiffte, befanden sich der Herr Kapitän-Kommandeur Bering als Chef, der Leutnant Waxell, der Schiffsmeister Kitrow, der Steuermann Hesselberg, der Untersteuermann Juschin, der Unterchirurg Betge, der Unterkonstabler Roselius, der Seekadett Sind, der Bootsmann Nils Jansen, der Unterschiffer Charainzow, der Kommissar Lagunof und der Landmesser Plenisner; die übrige, sechsundsiebzig Köpfe zählende Mannschaft bestand aus Matrosen, Soldaten, kamtschatkischen Kosakensöhnen, Dolmetschern und ortskundigen Leuten – darunter ein Schütze in meinen Diensten – sowie dem Sohn des Leutnants. – Das andere Paketboot, »St. Paul«, hatte eine ebenfalls sechsundsiebzig Mann zählende, ähnlich zusammengesetzte Mannschaft unter dem Kapitän Tschirikow; ferner befand sich der Professor der Sternenkunde Delisle de la Croyère auf diesem Schiff.

      Am 4. Juni gegen neun Uhr liefen wir aus der Awatscha-Bucht in die See aus und traten bei günstigem Wind und Wetter endlich die eigentliche Reise an. Mit Südwestwinden segelten wir nach Ostsüdosten, sodass wir uns am achten Tag der Reise, am 11. Juni, einhundertfünfundfünfzig Meilen von Awatscha auf der Breite von 46 Grad und 47 Minuten befanden.

      Am 12. Juni nahm man erstmals Anzeichen eines im Süden oder Südosten liegenden

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