Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten. Sven Elvestad

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Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten - Sven Elvestad

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      »Ich verstehe nicht recht,« sagte der Polizeichef.

      »Das ist auch nicht notwendig,« erwiderte der Detektiv lächelnd.

      VI.

       Der Sekretär

       Inhaltsverzeichnis

      Gegen neun Uhr am nächsten Tag fuhr Krag allein in die Ziegelei hinaus, wo er bei Tageslicht eine sorgfältige Untersuchung des ganzen Ziegelwerkes und der Umgebung vornahm.

      Es gelang ihm jedoch nicht, neue, interessante Umstände zutage zu fördern, aber er sah doch seine Annahme bestätigt, daß der Wucherer nicht in der Ziegelei ermordet worden war, sondern daß man seine Leiche hinaufgebracht hatte. In welcher Absicht, ahnte der Detektiv noch nicht.

      Krag hatte sich wohl gemerkt, was der Mann in dem kleinen Häuschen am vorigen Abend erzählt hatte: Die beiden, die an ihm vorbeifuhren, hatten nach dem Weg zur Villa Sand gefragt.

      Der Detektiv dachte: Ein Verbrecher, der alles mit dem höchsten Grad von Schlauheit und Berechnung plant, stellt sich nicht so vor dem ersten besten Menschen bloß, den er auf der Landstraße trifft. Er mußte ja wissen, daß die Leiche in der Ziegelei einmal gefunden werden würde und daß die beiden, die im Korbwägelchen hinausfuhren, dann zur Sprache kommen mußten – wie es auch als ein sehr verdächtiger Umstand ins Gewicht fallen mußte, wenn herauskam, daß die Bewohner der Villa Sand an jenem Abend keinerlei Besuch empfangen hatten.

      Der Detektiv schloß darum, daß das Paar im Korbwägelchen Bekannte in der Villa Sand hatte, und daß es ihnen wirklich an jenem Abend einen Besuch abstattete, nachdem es zuerst den Ermordeten in das Trockenhaus der Ziegelei gebracht hatte.

      In der Villa Sand mußte er also erfahren können, wer die zwei mystischen Personen im Wagen waren.

      Dieser Gedanke erschien dem Detektiv so einleuchtend, daß er sich sofort nach der Villa aufmachte, die auf einer kleinen Anhöhe in der Nähe der Ziegelei gelegen war.

      Er beschloß, zur größeren Vorsicht als Privatmann aufzutreten – als Kolporteur, Lebensversicherungsagent oder dergleichen.

      Als er über den Hof ging, bemerkte er ein kleines Korbwägelchen, das in einer Ecke stand. Er konstatierte, daß zwei Menschen und eine Leiche darin Platz finden konnten.

      Der Detektiv ging zum Hauseingang hinein und klopfte an. Ein Mädchen öffnete. Ob er den Besitzer des Hauses sprechen könne?

      Er wurde in ein Zimmer geführt, in dem ein hochgewachsener, frischer Mann, eine typische Gutsbesitzergestalt, ihm entgegenkam. Er streckte dem Detektiv liebenswürdig die Hand entgegen und rief:

      »Nein, ist das aber nett, Sie einmal zu sehen. Guten Tag, Herr Detektiv! Womit kann ich Ihnen dienen?«

       Also erkannt, dachte Krag, der keinen Augenblick die Geistesgegenwart verlor. Blitzschnell hatte er einen neuen Feldzugsplan entworfen.

      »Ja, das werde ich Ihnen sofort sagen,« sagte er, »wenn Sie mir eine Unterredung unter vier Augen gewähren wollen.«

      Der Gutsbesitzer ging an ihm vorbei in das nächste Zimmer, und Krag benützte die Gelegenheit, um rasch eine Diamantnadel aus seiner Krawatte zu ziehen. Es war eine Nadel, die er von einem englischen Parlamentsmitglied bekommen hatte, dem er einmal in Hardanger einen großen Dienst erwiesen hatte.

      »Bitte nehmen Sie Platz,« sagte der Gutsbesitzer; »ich hoffe, es ist doch nicht mit einem meiner Leute etwas vorgefallen? Oder handelt es sich vielleicht um den toten Mann unten in der Ziegelei?«

      »Nein, keineswegs,« erwiderte der Detektiv, indem er dem Gutsbesitzer gegenüber Platz nahm, »es handelt sich überhaupt um kein Verbrechen.«

      »Ihnen soll der Teufel glauben,« erwiderte der Gutsbesitzer, indem er laut auflachte, »Sie haben es faustdick hinter den Ohren.«

      Krag zuckte zusammen. Sollte er ahnen? ... Im nächsten Augenblick schob er den Gedanken wieder von sich. Das war ja gar nicht möglich.

      Er zog die Diamantnadel hervor.

      »Mein Besuch bei Ihnen betrifft diese Nadel,« sagte er; »es ist eine sehr kostbare Nadel.«

      Der Gutsbesitzer sah sie bewundernd an.

      »Ist sie gestohlen worden?« fragte er.

      »Nein, sie ist verloren.«

       »Verloren?«

      »Am Morgen des Zwölften fand man die Nadel hier unten auf dem Wege gerade vor dem kleinen Häuschen. Sie hat einen Wert von mindestens 500 Kronen. Die Nadel wurde vom Finder der Polizei übergeben. Wir haben nach dem Besitzer annonciert, aber es war uns nicht möglich, ihn ausfindig zu machen. Wir haben nun gedacht, daß es ein Fremder sein könnte, und haben genauere Untersuchungen vorgenommen. Der Mann, der das kleine Häuschen dort unten bewohnt, erzählt, daß am Abend vorher, also am Elften, draußen ein Wagen hielt, in dem ein junger Herr und eine Dame saßen. Sie fragten ihn nach dem Weg in die Villa Sand. Nun hat sich die Polizei gedacht, daß vielleicht diese Leute die Nadel verloren haben, und darum hat mich der Polizeichef hierhergeschickt, um nachzufragen, wer die beiden waren, die Ihnen am Elften abends einen Besuch abgestattet haben.«

      Der Gutsbesitzer, der die Erklärung des Detektivs mit großem Interesse angehört hatte, erwiderte:

      »Ein junger Herr und eine Dame, sagen Sie? Nein, das muß ein Mißverständnis sein. Ich habe in den letzten paar Monaten nie abends den Besuch eines Herrn und einer Dame gehabt. Es war wohl ein Brautpaar? Nein, wissen Sie, ich kenne überhaupt kein Brautpaar.«

      Der Detektiv überlegte.

      »Das ist aber doch seltsam,« sagte er, »sie fragten ausdrücklich nach dem Weg zur Villa Sand.«

      »Ja, freilich, das klingt ganz mystisch,« warf der Gutsbesitzer ein.

       »Sie kamen in einem Korbwägelchen gefahren.«

      »In einem Korbwägelchen?«

      Der Gutsbesitzer war aufgestanden.

      »War das am Elften?« fragte er.

      »Ganz richtig.«

      »Am Abend, so gegen neun Uhr?«

      Er begann im Zimmer auf und ab zu gehen. Der Detektiv hatte den Eindruck, daß ein Gedanke ihn beschäftigt. Er hörte ihn in sich hineinmurmeln: »Lieber Gott, kann der eine so kostbare Nadel haben?«

      »Wer?« fragte der Detektiv rasch und scharf.

      Der Gutsbesitzer sah ihn an.

      »Ich meine den Sekretär,« sagte er, »Sekretär Ström, der zum Umgangskreis meiner Familie gehört. Er war an einem Nachmittage vor ungefähr vierzehn Tagen bei mir. Gegen sechs Uhr bat er mich, ihm ein Pferd und das Korbwägelchen zu leihen. Er wollte ein bißchen spazierenfahren.«

      »Allein?« fragte Krag.

      »Ja,

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