Die Herrin des Clans. Barbara Cartland
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Herrin des Clans - Barbara Cartland страница 4
Wie er es nach diesen Erfahrungen ertragen sollte, einer einzigen Frau treu zu sein, war ihm unerfindlich. Vielleicht handelte es sich ja um ein liebes, nettes Geschöpf, aber sicherlich besaß sie kein Gehirn und hatte auch nicht die leiseste Ahnung, wie man einen Mann dazu bringen konnte, einen Blick in den Himmel zu werfen.
Ich kann es nicht, sagte der Herzog zu sich selbst.
Er wandte sich vom Fenster ab. Als er zum Schreibtisch zurückkehrte, hinter dem der Marquis schweigend auf ihn wartete, war ihm klar, daß ihm keine andere Wahl blieb.
Während der nächsten zwei Tage kam der Herzog kaum zur Besinnung. Unaufhörlich redete ihm jemand zu, richtete die dringende Bitte an ihn oder versuchte sogar, ihn unter Druck zu setzen. Schließlich kam es soweit, daß er das Gefühl hatte, zuschlagen zu müssen, wenn noch einmal in seiner Gegenwart das Wort Heirat fiel.
Die Beweggründe kannte er natürlich. Die älteren Clan-Mitglieder, die seinetwegen mit einer lebenslangen Gewohnheit gebrochen hatten, um nach London zu kommen, fürchteten voller Verzweiflung, daß sie ihn nicht dazu bringen konnten, ihre Ratschläge zu befolgen.
Sir Iain McCaron war es schließlich, der ihn auf seine fast unerträglich langsame und bedächtige Art überzeugte. Er hielt ihm die astronomisch hohe Schuldensumme vor Augen, die sein Onkel verursacht hatte.
„Wie konnte er nur so viel Geld ausgeben?“ fragte er entsetzt, als er den Gesamtbetrag erfuhr.
„Keith pflegte seine Schulden nie zu bezahlen, mein Lieber. Die meisten Rechnungen lagen ungeöffnet in seiner Schreibtischschublade. Es war eine teuflische Arbeit, sie zu sortieren. Dutzende von Gerichtsvorladungen konnten wir nur parieren, indem wir den Gläubigem versprachen, daß du ihre Forderungen erfüllst.“
Der Herzog lachte.
„Lieber Cousin, meine persönliche Habe würde kaum für die Briefmarken genügen.“
Die Antwort darauf kannte er. Jeder außer ihm selbst hielt die Ehe mit Lady Jane für die einzige Lösung des Problems.
Schließlich kapitulierte er, weil er keine andere Möglichkeit sah, den Familiennamen zu retten und gleichzeitig dem Clan zu nützen.
Von dem Augenblick an, als er seine Einwilligung gab, schien alles in Bewegung zu geraten. Die alten Grauköpfe eilten nach Schottland zurück, um alles für seinen Empfang und die bevorstehende Hochzeit vorzubereiten.
Der Herzog hatte noch eine Nacht in London zur freien Verfügung. Er nahm sich vor, seine Vergangenheit zu wiederholen und sein Leben wie damals zu genießen, als er noch ein kleiner, unbedeutender Offizier gewesen war.
Eine seiner früheren Freundinnen, falls man sie so nennen konnte, trat immer noch im Gaiety Theater auf. Sie sah auch nach drei Jahren immer noch hübsch und anziehend aus.
Nachdem er sich ihre Show, die gut wie eh und je war, angeschaut hatte, lud er sie zum Abendessen bei Romero ein. Dort erzählte sie ihm einiges von ihren Affären seit ihrem letzten Treffen.
Er war amüsiert und schockiert zugleich, als er von den Männern erfuhr, die sie mit Brillanten geschmückt hatten. Ihr derzeitiger Partner hatte ihr großmütig den Abend freigegeben, damit sie ihn mit ihm verbringen konnte.
„Richte ihm aus, daß ich ihm sehr verbunden bin“, sagte der Herzog. „Meine liebe Millie, du bist sogar noch hübscher als zu dem Zeitpunkt, als ich wegfuhr.“
Das entsprach nicht ganz der Wahrheit, war aber wohl das, was sie hören wollte. Sie legte ihre Hand auf die seine.
„Vielen Dank, lieber Talbot. Ich habe dich nie vergessen. Da du jetzt Herzog und sicher nicht mehr so knapp bei Kasse bist...“
Er hinderte sie am Weitersprechen.
„Ich fahre morgen früh nach Schottland, Millie. Ob ich jemals wiederkomme, steht in den Sternen.“
Sie stieß einen kleinen Schreckensschrei aus.
Als er bei Morgengrauen ihre Wohnung verließ, war er nicht sicher, ob er überhaupt zurückzukehren wünschte.
Vielleicht werde ich älter, dachte er seufzend.
Woran es auch immer lag, die Beziehung hatte ihren Glanz verloren. Vielleicht war es ohnehin nur eine trügerische Erinnerung gewesen, die ihn nach seinem letzten Heimaturlaub bis nach Indien begleitet hatte.
Sein Empfang im Schloß verlief so, wie er erwartet hatte. Die Dudelsackpfeifer, Ältesten und sonstigen Clan-Mitglieder waren meilenweit übers Moor gewandert, um ihn zu begrüßen. Selbstverständlich trugen sie alle einen Kilt in den McCaron-Farben.
Der Herzog war sehr froh, daß er seinerzeit im Lagerraum seines Clubs einen Koffer deponiert hatte, der seine schottische Nationaltracht enthielt. Das versetzte ihn in die Lage, in altherkömmlicher Tradition vor seine Leute zu treten.
Es wurden unzählige Reden gehalten, Trinksprüche ausgebracht und Erinnerungen an seine Kindheit ausgetauscht.
Als er schließlich im Schlafzimmer des Chieftains, in dem sein Onkel gestorben war, allein war, wußte er, daß er nach Hause gekommen war. Wenn auch Opfer von ihm verlangt wurden, sie waren der Mühe wert.
Kein Zweifel, daß viele seiner Clansleute in bitterer Armut lebten. Die Kilts waren zerschlissen, Schuh- und Stiefelsohlen abgelaufen, und die Häuser, die er gesehen hatte, waren dringend reparaturbedürftig.
Dasselbe ließ sich auch vom Schloß sagen. Der Marquis hatte recht gehabt mit seiner Behauptung, es wäre ein Vermögen erforderlich, um es vor dem Einsturz zu bewahren.
Der Herzog konnte nur hoffen, daß seine zukünftige Frau nichts dagegen hatte, wenn ihr Geld für solche Zwecke verwendet wurde.
Von außen wirkte es nach wie vor sehr eindrucksvoll mit seinen mit Schießscharten versehenen Türmchen. Die Löcher im Dach waren zum Glück nicht zu sehen. Die hohen Bleiglasfenster glänzten in der Sonne. Die Mauern waren mit Pfeilschlitzen versehen, durch die die Bogenschützen sich gegen angreifende Feinde gewehrt hatten.
Im Schlafzimmer des Chieftains stand seit drei Jahrhunderten das gleiche, riesige, Himmelbett. Doch der Teppich war zwischenzeitlich zerschlissen, die Vorhänge waren so abgeschossen, daß man sich kaum noch an ihre ursprüngliche Farbe erinnern konnte. Das zerrissene Innenfutter hing in Fetzen herunter, und einige Glasscheiben in den Fenstern zeigten Sprünge.
Als er seine Jacke mit den glänzend polierten Knöpfen auf einen Stuhl warf, brach eines der Beine ab.
Meine zukünftige Frau muß einen hohen Preis dafür bezahlen, daß ich sie zur Herzogin mache, dachte er bitter.
Am folgenden Tag verdrängte er alle unangenehmen Gedanken und ging Fischen. Im Fluß, wo er als Junge diesen Sport gelernt hatte, fing er gleich zwei herrliche Lachse.
Wohin er auch immer den Schritt lenkte, kamen die Leute aus ihren Hütten, um ihn zu begrüßen. Sie alle versicherten ihm auf Gälisch, wie sehr sie sich über seine Rückkehr freuten.
Der Herzog kannte den wahren Grund für ihre Freude. Für sie verkörperte er die Sicherheit und Beständigkeit, die sie solange entbehrt hatten.