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DVDs (nur die Silberscheiben) übereinanderlegen, ergäbe das einen Turm von knapp 332 000 Kilometern (zum Vergleich: Der Mond ist von der Erde 382 000 Kilometer entfernt). Das alles sind so gigantische Zahlen, dass man sie sich im Grunde gar nicht mehr vorstellen kann.

      Cisco geht weiter davon aus, dass 2016 45 Prozent der Weltbevölkerung Zugang zum Internet haben werden. Und diese Menschen werden ja nicht nur konsumieren. Sie werden auch produzieren, kreativ sein, Dinge erfinden, Nachrichten verfassen etc. Dieser enorme Ausstoß an Informationen wird wiederum zu mehr Kommunikation in einem globalen Maßstab führen. Kurz: Ein Ende der Informationsflut ist nicht in Sicht.

       Elf Millionen Sinneseindrücke in der Sekunde verarbeitet der moderne Mensch

      Was bedeutet diese Informationsflut für uns ganz persönlich? Eine Folge: Wir können uns schlechter konzentrieren. Vielleicht kennen Sie das: Früher ging man in den Keller und vergaß manchmal, warum. Man fragte sich: »Wieso bin ich noch mal hier runtergegangen?« Verwirrt schüttelte man den Kopf und ärgerte sich. Heute sitzt man vor dem Computer und fragt sich: »Wieso, zum Teufel, habe ich dieses Browserfenster noch mal aufgemacht?« Es sind diese kleinen Momente, die uns zeigen, dass unsere Aufmerksamkeit, gebündelt in der sogenannten Exekutivfunktion, die Informationsflut nicht mehr bewältigt. Eine intakte Exekutivfunktion ist überlebensnotwendig, um im Alltag zurechtzukommen. Jede Sekunde stürzen enorme elf Millionen Sinneseindrücke auf uns ein, wovon wir jedoch lediglich einen winzigen Bruchteil auswählen – nur etwa 40.15 Das Allermeiste blendet das Gehirn automatisch aus. Zum Beispiel das Ticken der Wanduhr, das wir nach einiger Zeit nicht mehr hören. Wir wissen irgendwann, dass aus dem Ticken der Uhr für uns keine relevante Information mehr erwächst.

      Unser Gehirn zieht daraus den Schluss, dass es im Moment Wichtigeres gibt – vielleicht die Seite des Buches, das wir gerade lesen – und wirft das akustische Ticken aus der Exekutivfunktion. So gleiten wir von Sekunde zu Sekunde durch unser Leben, während im Hintergrund still und unsichtbar die Exekutivfunktion in rasender Geschwindigkeit und Komplexität für uns Reize aus der Umwelt wahrnimmt, sortiert, priorisiert, in den Mittelpunkt stellt und wieder verwirft. Die Exekutivfunktion ist wie der Kellner in einem Restaurant, der die Gäste bedienen muss. Bis zu einer gewissen Anzahl von Gästen hat er die Sache im Griff, ab einem bestimmten Punkt wird es dann mühsam. Er beginnt Fehler zu machen, rechnet Posten falsch zusammen oder schüttet den Kaffee über die Hose eines Gastes. Ist das Lokal schließlich komplett mit Gästen (sprich: Informationen) gefüllt, hat er keine Chance mehr. Dann sinkt der Service rapide, und der Kellner kann nur noch still vor sich hin leiden.

       Multitasking ist keine Lösung für das menschliche Gehirn

      Wenn wir unser Gehirn (= Lokal) über längere Zeit unkontrolliert bzw. unkritisch mit zu vielen Informationen (= Gäste) füllen, leidet unsere Konzentration. Dann versuchen wir uns mit Dingen wie Multitasking aus der Affäre zu ziehen – was in der Regel schlecht funktioniert.16 Multitasking ist der Versuch, das Prinzip der parallelen Maschinenverarbeitung auf den Menschen zu übertragen. Ein Versuch, der scheitern muss. Unser Gehirn ist für serielle, nicht parallele Verarbeitung gedacht – jedenfalls dann, wenn wir von geistigen Aufgaben sprechen, die Konzentration erfordern, von der Benutzung höherer Hirnfunktionen wie Planung oder Kreativität.

      Doch wir leiden nicht nur im kognitiven Bereich, in unserer Konzentration. Auch unser Gefühl, unser Wohlbefinden wird beeinträchtigt. Immer mehr Menschen leiden daher an einem subjektiven Gefühl der Überforderung.

      Im Arbeitsleben baut sich das wie eine Welle auf. Immer mehr Informationen branden heran, überlagern und verstärken sich, bis sich die Riesenwelle Information tsunamigleich an der Küste unserer begrenzten Fähigkeiten bricht. Und das passiert nicht nur einmal, sondern eben immer öfter. Nicht wenige Menschen glauben, nur sie hätten ein Problem mit der Informationsflut, wären vielleicht weniger leistungsfähig oder von ihrer Persönlichkeit her anfällig. Doch das ist ein Irrtum. Unsere Umwelt produziert ständig Informationswellen und ab und zu auch eine Tsunami-Welle, unabhängig davon, wie unsere Persönlichkeit aussieht. Deswegen müssen wir uns kollektiv von der Vorstellung verabschieden, wir könnten diese Informationswellen abstellen oder das Meer, aus dem sie entspringen, trockenlegen. Das Meer der Information wird von nun an immer voll sein. Mit diesem Gefühl des ständigen Heranwogens der Wellen bzw. der Information müssen wir leben lernen. Wir können natürlich Dämme einziehen oder unser Haus auf Stelzen bauen. Aber an der grundlegenden Tatsache, dass potenziell immer mehr Informationen auf uns einströmen, als wir verarbeiten können, ändert das nichts. Die Informationsflut wird als Nebeneffekt einer digitalisierten, vernetzten Welt auf Jahre, wahrscheinlicher noch auf Jahrzehnte hinaus unser ständiger Begleiter sein.

      Das zeigt sich besonders im Sektor der Wissensarbeit. Dort werden Aufgaben immer virtueller und kommunikationsintensiver. Da in einer technologischen Gesellschaft wie der unseren immer mehr Spezialisten agieren, die auf ihrem Gebiet Experten sind, aber auch die Grenzen ihrer Kompetenz kennen (sollten), brauchen Mehrwerte und kreative Fortschritte meist die intensive Auseinandersetzung mit anderen Spezialisten. Darin erkennt auch die Zukunftsforscherin Lynda Gratton einen entscheidenden Trend: Ihrer Einschätzung nach müssten arbeitende Menschen in der Zukunft »eingehend darüber nachdenken, welche Berufslaufbahnen mit welchen Wissensund Fachgebieten im Kommen sind. Ihre Herausforderung besteht darin, sich zu spezialisieren und sich mit der Zeit auch auf anderen Gebieten und über neue Netzwerke durch Wechsel und Wandel persönlich weiterzuentwickeln und ein meisterhaftes Können zu erwerben«.17 Mit anderen Worten: Der Generalist gehört der Vergangenheit an – jedenfalls bei den Wissensarbeitern. Gefragt ist der kommunikationsstarke und gut vernetzte Spezialist.

      Wir erinnern uns: Innerhalb der Dritten Transformation haben wir es mit dem Übergang vom Denken des Einzelnen zum vernetzten Denken (»networked mind») zu tun. Diese Erweiterung unseres Arbeits- und Kommunikationsfeldes macht eine neue Palette von sozialen und technischen Fertigkeiten nötig, die bis vor ein paar Jahren, geschweige denn Jahrzehnten so noch gar nicht absehbar waren. Vieles in der Art, wie wir kommunizieren, uns informieren oder wie wir arbeiten, hat sich verändert. Die Phase des Analogen, der Bakelit-Telefone und der Zettelkästen wurde zunächst von der Phase des Digitalen abgelöst. Diese Phase hat unsere Arbeitswelt – aber nicht nur diese – mittlerweile bis in den letzten Winkel geprägt. Vom »Web 1.0«, den statischen Internetauftritten, über das »Web 2.0«, das Verwenden interaktiver Elemente bis zur kleinteiligen Produktion eigenen Inhalts (»content») durch die breite Masse der Internet-Nutzer hat sich das Digitale einen immer breiteren Weg in unsere Kommunikations- und Informationsstrukturen gefräst. Dass dabei auch Dinge umstürzen und einige Geschäftsmodelle in ihrer alten Form nicht mehr überlebensfähig bleiben, zeigen das Zeitungssterben und die Krise des Print-Journalismus während der letzten Jahre (die unter anderem die Financial Times Deutschland, die Frankfurter Rundschau und so manche komplette Zeitungsredaktion in Deutschland dahinraffte).

      Die nächste Stufe der digitalen Vernetzung stellt das Arbeiten in der Cloud, die gemeinschaftliche Nutzung von Dokumenten, Terminkalendern etc., dar. Obwohl es solche Lösungen bislang innerhalb von Unternehmen gab, als Groupware oder Intranet, bewegen wir uns nun auf Lösungen in viel größerem Maßstab zu. Arbeiten in der Cloud, in der »Wolke« stellt beispielsweise an die Sicherheit der digitalen Infrastruktur in Unternehmen, aber auch auf unseren Laptops und Tablets daheim ganz neue Anforderungen.

       Arbeiten in der »Wolke«: den eigenen Gedanken entfremdet?

      Man darf gespannt sein, wie sich eine weitere »Auslagerung unseres Gehirns«, wie es ja bereits bei den Smartphones geschieht, auf unsere kognitiven Fähigkeiten auswirkt: »Das Denken wandert nach außen, heißt: Die innere Stimme wird eine äußere, und zwar in einem Umfang, der noch vor wenigen Jahren unvorstellbar gewesen wäre. Schon heute erleben viele Menschen, die im Netz kommentieren, bloggen, in sozialen Netzwerken kommunizieren […], eine sonderbare Abkopplung von sich selbst. Aufmerksamkeit, Zeit und Konzentration reichen nicht aus, die

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