Das Narrenschiff. Sebastian Brant
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Dies ist das kräftigste Narrenkraut,
die Kappe klebt lang an der Haut.
Wer spricht, daß Gott barmherzig sei
allein, und nicht gerecht dabei,
der hat Vernunft wie Gäns’ und Säu’.
14. Von Vermessenheit gegen Gott – Sünden werden bestraft
und hat die Büchse an dem Hals,
wer sprechen darf, daß Gott der Herr
barmherzig sei und zürn’ nicht sehr,
wenn man auch etwa Sünd’ vollbringe,
und wägt die Sünden so geringe,
daß er sie für ganz menschlich nimmt.
Den Gänsen sei doch nicht bestimmt
von Gott des Himmelreiches Pracht,
auch hat man allzeit Sünd’ vollbracht
und fang’ nicht erst von neuem an.
Die Bibel er erzählen kann
und andere Historien viel,
daraus er doch nicht merken will,
daß Strafe überall darnach
geschrieben steht mit Plag’ und Rach’,
und daß es Gott nie lang’ vertrug,
wenn man ihn auf die Backen schlug.
Gott ist kein Böhme und Tatar,
doch ihre Sprache ist ihm klar;
ist sein Erbarmen noch so groß,
ohn’ Zahl, Gewicht und Maße los,
so bleibt doch die Gerechtigkeit
und straft die Sünd’ in Ewigkeit
an allen, die nicht tuen recht,
gar oft bis in das neunte Geschlecht.
Barmherzigkeit nicht lang’ besteht,
wenn Gottes Gerechtigkeit vergeht.
Wahr ist’s, der Himmel kommt nicht zu
den Gänsen; doch auch keine Kuh,
kein Narr, Aff’, Esel oder Schwein
kommt je ins Himmelreich hinein;
denn was gehört in des Teufels Zahl,
das nimmt ihm niemand überall.
Wer bauen will, der schlage an,
was ihn der Bau wohl kosten kann,
sonst sieht er nicht das Ende an.
15. Von törichtem Planen – Man muss es auch bezahlen können
und nicht zuvor anschlägt, wieviel
es kosten kann, und ob er mag
vollbringen es nach dem Anschlag.
Groß Werk hat mancher ausersehn
und konnte nicht dabei bestehn.
Der König Nebukadnezar
vermaß sich einst, zu sagen gar,
daß Babylon, die große Stadt,
durch seine Macht gebaut er hat,
und doch kam es gar bald dazu,
daß er im Feld lag wie ’ne Kuh.
Nimrod wollt’ bauen in die Luft
einen Turm, stärker als Wassers Kluft,
und schlug nicht an, daß ihm zu schwer
sein Bauen und nicht möglich wär’.
Es baut nicht jeder so geschickt,
wie es Lucullus einst geglückt.
Wer nicht gern Reu’ beim Bau gewinnt,
bedenk sich wohl, eh’ er beginnt,
denn manchem kommt die Reu’ zu spät,
dann, wenn es ans Bezahlen geht.
Wer großes Werk zu tun begehrt,
muß selber erst recht sein bewährt,
daß er gelangen mög’ zum Ziel,
das er für sich erreichen will,
damit ihn nicht des Glückes Fall
mach’ zum Gespött den Menschen all.
Viel besser ist es nichts beginnen,
als Schaden, Schand’ und Spott gewinnen.
Die Pyramiden kosten viel,
das Labyrinth auch dort am Nil,
und mußten doch schon längst vergehn:
Kein Bau der Welt kann lang’ bestehn!
In künftige Armut billig fällt,
wer Völlerei stets nachgestellt
und sich den Prassern zugesellt.
16. Von Völlerei und Prassen – Maßvoll trinken ist weise und gesund