Mami Staffel 3 – Familienroman. Gisela Reutling
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Читать онлайн книгу Mami Staffel 3 – Familienroman - Gisela Reutling страница 39
verwandelt. Erst jetzt fühle
ich mich wirklich heimisch darin.«
Ihr Puls beschleunigte sich, und sie fühlte ein warmes Glücksgefühl in sich aufsteigen. Aber dann dachte sie daran, was sie ihm zu sagen hatte, und zog schmerzlich die Brauen zusammen. Christoph ließ seine Augen nachdenklich auf ihrem Gesicht ruhen. Er hätte sie gern gefragt, was sie bedrücke, aber er fürchtete, aufdringlich zu erscheinen.
»So, jetzt geht’s aber los!« rief Onkel Heinrich laut. »Wir gehen in Richtung Westen, da kommt nach ein paar Kilometern ein Kinderspielplatz, wo man auch picknicken kann. Was meint ihr, können wir die ganzen guten Sachen, die die liebe Frau Falkenroth uns eingepackt hat, bis dahin tragen?«
»Na klar!« riefen die Kinder einstimmig. Der Proviant wurde verteilt, und die kleine Prozession marschierte los. Zuerst durchwanderten sie ein dichtes Tannengehölz. Es war kühl und dämmerig, und der Boden war mit feinen Nadeln bestreut. Vorneweg gingen mit weit ausholenden Schritten Heinrich Zott und Erika Falkenroth, dann folgte Christoph, um den sich die Kinder drängten. Christine bildete die Nachhut und hielt ein wenig Abstand zu den anderen.
Trotzdem hörte sie, wie Julia schuldbewußt zu dem Professor sagte: »Wir haben den Brief immer noch nicht gefunden!«
Christine hörte seine Antwort nicht, aber der Gedanke an das verschwundene, kostbare Dokument verstärkte ihre bedrückte Stimmung noch zusätzlich. Florentine sah sich nach ihrer Mutter um und lief schnell zu ihr. Christine lächelte ihrer kleinen Tochter zu und faßte sie an der Hand. Sie nahm sich ganz fest vor, dem Mann, zu dem sie sich auf so unerklärliche Weise, mit fast schmerzhafter Sehnsucht hingezogen fühlte, bei der erstbesten Gelegenheit zu erzählen, daß sie gebunden sei.
Nach einer knappen Viertelstunde kamen sie aus dem Tannendunkel in eine helle Buchenwaldung. Alles war licht und grün, und die Sonne malte durch die Zweige hindurch Muster auf den Waldboden. Auf dem Picknickplatz, der von mächtigen Buchen überschattet wurde, waren keine anderen Ausflügler zu sehen. Onkel Heinrich baute den mitgebrachten Gaskocher auf, um Kaffee zu kochen, aber das Gerät funktionierte nicht. »Es geht doch auch ohne«, sagte Frau Falkenroth. »Ich habe Tee in einer Thermoskanne dabei.«
Aber der alte Mann bestand auf dem Kaffee, an den er gewöhnt war. »Wir kriegen schon ein Feuerchen zustande, die Kinder müssen bloß ein paar dürre Zweige im Wald sammeln«, meinte er. Julia und Markus, die sich sofort auf die Schaukeln auf dem Spielplatz gestürzt hatten, schwangen sich sofort herab. Sie waren von der Aussicht begeistert, zu dem Festmahl etwas beitragen zu können.
»Und wie wäre es, wenn ihr auch gleich ein paar Walderdbeeren sammeln würdet?« schlug Frau Falkenroth vor. »Sie müßten gerade reif sein. Geht nur alle los, wir alten Leute bereiten den Rest vor.«
»Eine gute Idee!« rief Christoph aus und war mit zwei Schritten an Christines Seite. Zusammen mit den Kindern gingen sie einen schmalen Waldpfad entlang. Aber schon bald liefen die Kinder voraus, um als erste eine Stelle mit Walderdbeeren zu finden. Christoph sah die schöne Frau an, die mit niedergeschlagenen Augen an seiner Seite ging. Ihre langen Wimpern warfen feine Schatten auf ihre Wangen. Er konnte den Blick kaum von dem feingezeichneten Profil und den schönen dunkelblonden Locken lösen.
»Du bist so schweigsam heute, Christine«, sagte er schließlich. »Fehlt dir etwas?« Sie zuckte die Achseln und schüttelte mit halbem Lächeln den Kopf. Er wollte sie nicht weiter ausfragen, holte tief Atem und fühlte, wie die frische Waldesluft seinen Brustkorb weitete. Über ihnen sprang ein Eichhörnchen von Ast zu Ast, und von ferne hörte man das Klopfen eines Spechts.
»Man müßte viel öfter solche Ausflüge machen!« sagte er. »Ich bin zwar schon immer viel gewandert – aber meistens allein. Mit dir und deinen Kindern ist es so viel schöner!«
Christine fühlte eine wehmütige Freude über seine Worte. Sie wünschte, daß er weiterreden würde, aber gleichzeitig drängte sie eine innere Stimme, endlich auszusprechen, was sie sich vorgenommen hatte.
»Sven wollte auch mitkommen«, sagte sie so leichthin, wie sie konnte.
»Und wer ist Sven? Ach ja, dein Untermieter«, sagte er ohne großes Interesse und stieß plötzlich einen Laut der Überraschung aus. »Sieh mal! Da sind ja Erdbeeren! Die Kinder haben sie wohl vor lauter Hast übersehen!« Und ehe Christine antworten konnte, hatte er sie an der Hand gefaßt und vom Wege ab zu einer kleinen Böschung gezogen, an der Dutzende der zarten grünen Pflänzchen wuchsen. Die kleinen Walderdbeeren waren schon dunkelrot und dufteten köstlich.
Beide wollten sich hinhocken und mit dem Pflücken beginnen, als Christine unversehens in ein Erdloch trat, das zu einem verlassenen Fuchsbau gehörte, und das Gleichgewicht verlor. Instinktiv streckte er die Arme aus, und sie taumelte an seine Brust. Er schloß die kräftigen Arme fester um sie und fühlte, wie ihr schlanker Körper bebte. »Christine«, sagte er leise, »sieh mich an.«
Fast willenlos hob sie den Kopf zu ihm empor. Sie legte die Hände an seine Brust, als ob sie ihn von sich stoßen wollte, aber es war, als ob alle Kraft sie verlassen hätte. »Christine, Liebste!« flüsterte er und küßte sie leidenschaftlich auf die roten Lippen.
Sie schloß verwirrt die Augen und fühlte ein unaussprechliches Glücksgefühl in sich aufsteigen. Nur einen Augenblick lang – dann riß sie sich wie erwachend los und trat einen Schritt zurück. Verwundert und erschrocken sah er sie an. Sie wollte etwas sagen, brachte aber nur einen wehen Laut zustande. Dann wandte sie sich um und begann zu laufen.
»Christine!« hörte sie ihn hinter sich rufen. »Bitte, komm zurück!« Der sehnsüchtige Ton seiner Worte tat ihr weh, und sie rannte schneller, um sie nicht mehr hören zu müssen. Erst lief sie ziellos durch den Wald. Ihre hastigen Schritte schreckten die Vögel auf, daß sie von ihren Ästen flatterten. Dann schätzte sie an dem Sonnenstand die Richtung ab, in der sich der Parkplatz befinden mußte, und eilte darauf zu.
Sie fühlte immer noch seinen Mund brennend auf dem ihren, und ihr war, als würde sie diese Empfindung nie wieder verlieren, als hätte sie sich ihr für ewig eingeprägt. Ihr Herz klopfte wie rasend. Sie sah Christoph vor sich, sah seinen Blick voll leidenschaftlicher, zärtlicher Liebe, und dann mußte sie an Sven denken, der zu Hause fleißig an seiner Kampagne arbeitete und auf ihre Rückkehr wartete. Hatte sie sich vor wenigen Wochen nicht noch gewünscht, Sven möchte sie heiraten? Wieviel sich doch in dieser kurzen Zeit in ihrem Herzen verändert hatte!
Christine hatte den Saum des Waldes erreicht und trat aus dem Tannendickicht hervor. Ihr und Christophs Wagen standen nebeneinander. Kurz dachte sie an die Kinder, an Onkel Heinrich und Frau Falkenroth; der Platz in dem anderen Auto würde nicht für alle reichen. Aber sie fühlte, daß sie sofort nach Hause fahren mußte. Keine Sekunde länger konnte sie diese Ungewißheit ertragen. Nur eine Aussprache mit Sven würde ihr Klarheit über ihre Gefühle verschaffen, sie aus dieser tiefen Verwirrung des Herzens retten!
Christine ließ den Motor an und fuhr eilig in die Stadt zurück.
*
Sven und Bernadette waren an diesem Tag spät aufgestanden. Erst gegen elf Uhr ging das junge Mädchen laut gähnend in die Küche hinunter, um das Frühstück vorzubereiten. Bald darauf gesellte sich Sven zu ihr und setzte Kaffee auf.
»Endlich mal ein ganzer Tag ungestört mit dir!« seufzte Bernadette und legte ihm zärtlich die Arme um den Hals. »Ich kann den Urlaub kaum erwarten. Sonne, Strand, Meer… und Musik! Ist es eigentlich wirklich ein Fünf-Sterne-Hotel?«
»Tja, das ist es, Schatz. Aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob der Urlaub wirklich