ALICE IM TOTENLAND. Mainak Dhar

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ALICE IM TOTENLAND - Mainak  Dhar Alice im Totenland

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style="font-size:15px;">      Verzweifelt sah sie sich um und entdeckte in der Wand zu ihrer Rechten eine kleine Öffnung. Sie lief auf Hasenohr zu und tauchte im letzten Moment unter seinen ausgestreckten, blutverkrusteten Fingern hindurch. Alice war kaum größer als anderthalb Meter und außerdem recht hager, aber Klassenbeste im unbewaffneten Nahkampf. Sie trat dem Biter mit einer geschickten fließenden Bewegung die Beine weg und stand wieder aufrecht, noch bevor dieser auf dem Boden aufschlug. Sie stürmte auf das Loch in der Wand zu und blickte zurück. Vier weitere Biter folgten ihr.

      Alice nestelte an ihrem Gürtel herum und löste die einzelne Blitzgranate, die dort baumelte. Sie zog im Laufen den Sicherungsstift, ließ die Granate hinter sich fallen und stürzte dann so schnell sie konnte in das dunkle Loch. Ein paar Sekunden später hörte sie den dumpfen Schlag der explodierenden Granate und hoffte, dass der grelle Lichtblitz ihre Verfolger für ein paar Sekunden verwirren und sie etwas Zeit gewinnen würde. Doch mit der Hoffnung kam ihr ein ernüchternder Gedanke: Zeit wofür? Sie saß in einem Nest voller Biter fest und verrannte sich immer tiefer in dessen Untiefen. Sie war gefangen.

      Alice rannte, bis sie keine Luft mehr bekam. Dann sank sie auf die Knie und fühlte sich so müde und verängstigt wie noch nie zuvor. Die Dunkelheit und die schmalen Gänge taten ihr Übriges. Sie fühlte sich orientierungslos und eingeengt. Aber zumindest waren die Schritte hinter ihr verstummt, was sie aber nicht besonders überraschte. Eine Blitzgranate hielt die Biter nicht auf, aber sie wusste, dass die Biter das grelle Licht hassten und es sie zumindest ein wenig aufhalten würde. Außerdem war sie eine durchtrainierte junge Frau, die es locker mit den besten erwachsenen Läufern ihres Dorfes aufnehmen konnte. Die Biter, die sie verfolgten, waren zwar gefürchtet wegen ihrer ungehinderten Aggressivität, waren aber im Vergleich zu den geübten lebenden Läufern aufgrund ihres unkoordinierten, schlurfenden Ganges weitaus langsamer, weshalb sie ihnen stets mühelos davonlaufen konnte. Das Problem war eben nur, dass sie in deren Stützpunkt gefangen war und ihre Verfolger einfach nur darauf warten brauchten, dass ihre Kraftreserven zu Ende gingen.

      Als sie hinter sich entfernte Schritte zu hören glaubte, gab ihr die Angst neuen Antrieb und sie rannte weiter, die Hände in die Seiten gepresst, die wegen der Anstrengung schmerzten. Sie rannte gegen eine Wand, fiel hart auf den Rücken und musste feststellen, dass der Tunnel vor ihr eine Abzweigung genommen hatte. Sie schaute den Gang entlang und sah eine Tür, die von dem von der anderen Seite durchdringenden Lichtschein umrahmt wurde. Sie rannte darauf zu, und als sie näherkam, erkannte sie zu ihrem Erstaunen ein bekanntes Symbol, dass auf der Tür prangte. Es war ein Siegel, das einen Adler zeigte, der von Buchstaben eingefasst wurde, die bei dem spärlichen Licht kaum zu entziffern waren. Sie begann die Buchstaben zu lesen, doch nach dem U, dem N und dem I erkannte sie, dass sie nicht weiterlesen musste, um zu verstehen, was da stand. Sie hatte ähnliche Siegel auf alten Dokumenten gesehen, die ihr Vater in einer staubigen Kiste unter Verschluss hielt. Einmal hatte er davon erzählt, dass er vor dem Ausbruch in der Botschaft der Vereinigten Staaten in New Delhi gearbeitet hatte. Sie hatte wenig von dem verstanden, was er ihr zu erklären versucht hatte, aber die anderen Kinder in ihrer Siedlung hatten ihr erzählt, dass ihr Vater ein wichtiger Regierungsbeamter in der Alten Welt gewesen war. Sie erzählten ihr, dass sie und ihre Familie aus einem anderen Land namens Amerika stammten, und sie deshalb mit ihren blonden Haaren und ihrer hellen Haut so anders aussah als ihre braunhäutigen Freunde. Aber das spielte für sie keine Rolle, und auch für alle anderen nicht. Die alten Regierungen und Länder existierten längst nicht mehr. In der Gegenwart hatten alle Menschen, gleich welcher Herkunft, nur noch ein gemeinsames Ziel: im Angesicht der Scharen von Bitern zu überleben. Sie hatte Geschichten gehört, dass die früheren Nationen Kriege wegen der Götter, an die sie glaubten, geführt hatten, oder wegen der Gier nach Öl. Alice erinnerte sich, dass sie in der provisorischen Schule laut losgelacht hatte, als ihr Klassenlehrer ihnen aus jenen Tagen berichtete. Sie glaubte fest, dass ihr Lehrer das nur erfunden hatte. Wie nannten die Alten das noch gleich? Jene, die diese Bücher noch gelesen hatten, bevor die Untoten sich erhoben und die Welt zu brennen anfing.

      Genau, Märchen.

      Alice hörte Schritte hinter sich, und das brachte sie in die Realität zurück. Sie kämpfte mit der Tür und versuchte verzweifelt, sie aufzubekommen. Sie fand einen Griff, zog mit aller Kraft daran, und schließlich bewegte sie sich. Die gusseiserne Tür war so schwer, dass sie all ihre Kraft aufwenden musste, um sie einen Spalt weit zu öffnen, durch den sie hindurchschlüpfen konnte. Alice spähte durch die offene Tür zurück und hörte das Stöhnen, bevor sie Schatten im Tunnel auftauchen sah. Sie zog die Tür zu und hoffte, dass die Biter so dumm waren, wie man behauptete. Sie dachte an den alten Witz, wie viele Zombies man brauchte, um eine Tür zu öffnen …

      Alice schaute sich um. Der Raum, in dem sie sich befand, wurde von einer kleinen Kerosinlampe an der Decke erhellt und war gesäumt von Regalen, die randvoll mit Papier und Dokumenten vollgestopft waren. In einer Ecke stand ein kleiner Schreibtisch, und als sie näher herantrat, erkannte sie einige Zeitungen darauf. Sie hatte noch nie zuvor eine Zeitung gesehen und war fasziniert von den Worten und den Bildern. Sie brauchte die Worte nicht zu entziffern, um zu verstehen, worum es in den Berichten ging. Das waren Reliquien aus den letzten Tagen des Ausbruchs und dessen Folgen. Es gab körnige Fotos von den ersten Untoten, und sie konnte sich vorstellen, dass sie für diejenigen, die so etwas noch nie zuvor gesehen hatten, sicher ein ganz besonderer Anblick waren. Dann gab es Fotos von verbrannten Städten – die Überbleibsel des Großen Feuers, das die Regierungen in unzähligen Städten entfesselt hatten, als alles verloren schien. Das war die karge, trostlose Welt, die Alice als ihr Zuhause kannte – das Ödland außerhalb Neu-Delhis, wo Millionen Menschen durch die Biter und Abermillionen durch die Regierungen starben, welche die Seuche mit Nuklearwaffen einzudämmen versuchten. Die Menschen hatte die Erde lieber zerstört, anstatt sie herzugeben. Aber ganz war es ihnen nicht gelungen, und so war in den Feuern der Apokalypse ein neuer Überlebenskampf entbrannt zwischen den Menschen und den Untoten des Ödlandes, dass man mittlerweile einfach nur noch das Totenland nannte.

      Alice war so fasziniert von all dem, dass sie völlig vergessen hatte, wo sie sich befand, und sie schrie vor Schreck auf, als sie feststellen musste, dass da noch eine andere Tür war, halb von einem Stuhl verdeckt und einen Spaltbreit offen. Sie konnte schlurfende Schritte dahinter hören und wusste, dass ihr Fluchtweg in Wahrheit nichts anderes als eine Todesfalle war.

      Sie zog die Pistole aus ihrem Gürtel, und während sie diese entsichern wollte, stellte sie erschrocken fest, dass sie in all dem Chaos vergessen hatte, nachzuladen. Die Schatten drangen bereits zur Tür herein, und Alice wusste, dass ihr dafür keine Zeit mehr blieb. Sie nahm das Scharfschützengewehr von ihrer Schulter. Die Waffe war für lange Distanzen gemacht und würde ihr in der kleinen Kammer nichts nützen, aber sie ließ sich vielleicht noch auf andere Art einsetzen.

      Schon von Kindestagen an wollte sich Alice immer ins Getümmel stürzen. Ihre Eltern wurden nicht müde, auf sie einzureden, dass sie sich zurücknehmen müsse, anstatt bei jedem Kampf dabei zu sein. Aber als sie einmal während eines Nachtangriffs zwei Biter erschoss, hatte sich ihr Vater später tüchtig betrunken, um den Sieg zu feiern, und ihr gesagt, dass er ihr Temperament liebe und sie niemals, egal wie aussichtslos es sein möge, ihrer Angst nachgeben dürfe. Im Angesicht der Untoten Angst zu zeigen bedeutete den sicheren Tod, oder – schlimmer noch – einer von ihnen zu werden.

      Alice erinnerte sich an die Worte ihres Vaters, und ihre Angst schmolz dahin. Sie wusste, dass die Biter darauf aus waren, jeden Menschen, den sie fanden, zu beißen und zu einem von ihnen zu machen, aber auch, dass es vorkam, dass sich Menschen so sehr wehrten, dass die Zombies wütend wurden und ihre Gegner zerfleischten, anstatt sie zu Untoten zu machen.

      Lieber tot als untot.

      Das war das Motto der Schule, in der man sie Überlebens- und Kampftechniken gelehrt hatte. Die Kinder früher hatten mit Spielsachen gespielt oder Fernsehen geschaut, Alice hingegen hatte mit Waffen und Sprengstoff gespielt und gelernt, auf welche Weise man die Untoten am Effektivsten ausschalten konnte.

      Sie

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