Gesammelte Werke. Isolde Kurz

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke - Isolde Kurz страница 240

Gesammelte Werke - Isolde Kurz Gesammelte Werke bei Null Papier

Скачать книгу

Ren­te fah­ren, auf die er bin­nen kur­z­em An­spruch ge­habt hät­te, kün­dig­te au­gen­blick­lich sei­nen Pos­ten und lös­te sei­nen Haus­halt auf, um mir zu Hil­fe zu ei­len und mei­ne Mut­ter noch ein­mal zu se­hen. Sie wuss­te, dass er über alle Hin­der­nis­se hin­weg zu uns ei­len wür­de, und die­ses Wis­sen er­leich­ter­te ihr das Schei­den. Er kam ge­ra­de in ih­rer letz­ten schwe­ren Nacht und saß bis zum Mor­gen war­tend, ob ich ihn rie­fe. Aber er soll­te sie nicht mehr le­bend se­hen, denn ihr Geist war schon fern und hät­te ihn nicht mehr er­kannt.

      In die­sem Freund hat­te mir das Schick­sal einen Aus­gleich für die Ver­lus­te und Ent­täu­schun­gen mei­nes Le­bens von lan­ge her auf­ge­spart. Aber ich konn­te es noch nicht ver­ste­hen. Mein In­ne­res war für Leid und Freu­de tot, ich spür­te nichts mehr als eine un­ge­heue­re Lee­re. Ich glitt wie ein Schat­ten über den Erd­bo­den hin, den mei­ne Füße nicht mehr er­reich­ten, weil ich mit der Wur­zel her­aus­ge­zo­gen war. Der Freund um­sorg­te mich aus zart­ge­fühl­tem Ab­stand und war­te­te, wann er mir um ein Klei­nes mehr sein dürf­te. Ein freund­li­cher Zu­fall hat­te es ge­fügt, dass ge­ra­de bei sei­ner An­kunft aus Russ­land eine an­ge­neh­me son­ni­ge Woh­nung im glei­chen Hau­se, ein Stock­werk tiefer als die mei­ni­ge, frei wur­de. Die­se be­zog er und rich­te­te sie ein mit dem Sinn für das Trau­lich-Häus­li­che, den er aus sei­nem hei­mi­schen Pfarr­haus mit­ge­bracht und auch in­mit­ten der so­ge­nann­ten »Brei­ten Na­tur« des da­ma­li­gen Rus­sen­tums sich be­wahrt hat­te, – ein lie­ber Freund­schafts­win­kel für die kom­men­den Welt­stür­me. Aber da­mals glitt ich acht­los an al­lem vor­über. So sehe ich mich schat­ten­haft un­be­tei­ligt ne­ben teu­ren Freun­den durch die Brun­nen­an­la­gen und Park­we­ge von Karls­bad wan­deln, wo­hin sie mich vom Ster­be­haus weg­ge­holt hat­ten, sehe mich mit Er­win und sei­ner Fa­mi­lie die Fel­sen­stu­fen von Stub­ben­kam­mer er­klet­tern und auf der Spit­ze von Ar­ko­na dem Swan­te­wit in sei­nem Tem­pel einen Be­such ab­stat­ten und we­ni­ge Wo­chen spä­ter mit ei­ner Frei­zü­gig­keit, wie sie nur der ge­nießt, der nir­gends hin­ge­hört, über den Rol­le­pass in dem Do­lo­mi­ten­dorf San Mar­ti­no di Ca­stroz­za ein­fah­ren. Dort war­te­te der ita­lie­ni­sche Freund auf mich, um ge­mein­sam ein paar Be­stei­gun­gen aus­zu­füh­ren, wie sie mir frü­her schon ein­mal heil­sam ge­we­sen und von de­nen er an­nahm, dass sie mich wie­der aus der Er­star­rung er­we­cken müss­ten. Es kam auch so, dass in der un­ge­heu­ren Grö­ße der Berg­welt, bei den kris­tal­le­nen Wun­der­gär­ten des Ei­ses un­ter der herbst­lich ge­mil­der­ten Süd­son­ne und im kal­ten Glanz der Ster­nen­näch­te die in sie­ben schwe­ren Not­jah­ren tief­hin­ab­ge­drück­ten in­ne­ren Sprung­fe­dern sich wie­der auf­rich­te­ten und mich an der Um­welt teil­neh­men lie­ßen. Ich mach­te land­schaft­li­che Auf­zeich­nun­gen für den vor­längst ge­plan­ten, aber nicht be­gon­ne­nen Do­lo­mi­ten­ro­man »Der Ca­li­ban«, der da­nach noch lan­ge Zeit im Lim­bo der Un­ge­bo­re­nen woh­nen soll­te. Und end­lich sehe ich mich wie­der in For­te in ei­ner noch war­men No­vem­ber­nacht da­mit be­schäf­tigt, im Vor­gar­ten mei­nes Hau­ses einen Holz­stoß aus harz­duf­ten­den Schei­tern und pras­seln­den Lor­beerzwei­gen zu ent­zün­den, da­mit der letz­te un­er­füll­ba­re Her­zens­wunsch der Ge­schie­de­nen, dem ge­lieb­tes­ten ih­rer Söh­ne in dem Land ih­rer Lie­be in die Flam­men zu fol­gen, doch im Sym­bol noch er­füllt wür­de. Eine stil­le un­ver­ge­ss­li­che Fei­er, mit Van­zet­tis und des halb­blin­den Ar­man­do Hil­fe aus dem Tiefs­ten ih­rer ei­ge­nen See­le her­aus für sie im An­ge­sicht des rau­schen­den Mee­res voll­zo­gen und spä­ter mit­ten un­ter dem Schre­cken des Welt­kriegs zum blei­ben­den Ge­dächt­nis in die füg­sa­me Mas­se des Wor­tes ge­prägt.

       Die star­re Pa­nia, Hoch­sitz der Ge­wit­ter,

       Stand geis­ter­haft in ih­res Mar­mors Glas­ten,

       Es wet­ter­leuch­te­te in der blau­en Nacht

       Um ihre Stirn, doch ihre Flan­ke trug

       Zwei stil­le Feu­er, große wa­che Au­gen,

       Die nie­der­sa­hen, Al­ler­see­len­feu­er.

       Das Fest der To­ten war’s. Auch wir ent­fach­ten

       Die Lohe hell. Und was das Haus ver­barg

       An Hei­lig­tü­mern, Hül­len der Ver­b­lass­ten,

       Noch wie be­lebt von ih­res Le­bens Spur,

       Das ga­ben wir der hei­li­gen Na­tur

       Zum Op­fer, dass die Zeit es nicht ver­seh­re.

       Zu wür­zi­ger Zäh­re schmol­zen die Zy­pres­sen,

       Der Lor­beer flamm­te pras­selnd, hoch­auf stieg

       Der Rauch und wall­te breit als schwar­ze Fah­ne

       Hin­aus aufs Meer. Er trug die Düf­te hin

       Wie Grü­ße der Ge­schie­de­nen. Doch die Flam­me

       Um­wan­delnd dämm­te sie mit sei­nem Sta­be

       Der Freund, und wo sie all­zu gie­rig leck­te,

       Ward sie ge­löscht mit Güs­sen ed­len Weins.

       Und sieh, ein An­blick, nim­mer zu ver­ges­sen,

       Wie plötz­lich tief in des Gerüs­tes Mit­te

       Ein selt­sam feu­ri­ges Ge­bild ent­stand,

       Gleich ei­nem Vo­gel mit ge­brei­te­ter Schwin­ge.

       Es sprach der Freund: Wird jetzt ihr Herz zum Aar

       Des Him­mels, dass es auf zum Äther drin­ge?

       Zum Phö­nix, sprach ich leis. Nun sank die Glut

       Zu­sam­men. Wie ein Korb voll ro­ter Ro­sen

       Lag sie am Grund und glomm die Nacht hin­durch.

       Aus »Jen­seits des Blutstroms«, 1915)

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или

Скачать книгу