PLÖTZLICH ZAUBERER. Scott Meyer
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу PLÖTZLICH ZAUBERER - Scott Meyer страница 4
Martin schaute auf die Uhr. Es war mittlerweile drei Uhr morgens. Er hatte sechs Stunden einfach nur dagelegen, an die Decke gestarrt und so die Panik etwas gelindert. Er stand wieder auf und schluckte zwei Schlaftabletten mit einem doppelten Bourbon herunter, dann schaltete er überall das Licht aus und verlor schließlich das Bewusstsein.
Kapitel 2
Der Wecker klingelte um sieben. Martin spürte noch immer die Wirkung der Pillen, die er eingenommen hatte. Obwohl seine Augen offen waren und sein Körper sich bewegte, konnte er nicht klar denken.
Er duschte, putzte sich die Zähne und rasierte sich.
Normalerweise würde sein Verstand nun langsam erwachen, aber Martin zog es vor, nicht zu denken.
Während er durch sein Apartment lief, war sein Blick auf die zittrigen Bleistiftmarkierungen am Türrahmen des Schlafzimmers gerichtet. Für einen Moment starrte er vor sich hin und verzog das Gesicht, dann schaltete er seinen Verstand wieder ab. Er kochte sich Kaffee und steckte Waffeln in den Toaster. Während er aß, starrte er seinen Computer an. An diesem Morgen las er die Nachrichten lieber auf seinem Smartphone. Das fühlte sich sicherer an.
Er fuhr mit seinem Kombi zur Arbeit. Als er das Firmengebäude erreichte, konnte er sich nicht mehr daran erinnern, wie er überhaupt hergefahren war. Er saß an seinem Arbeitsplatz und ging Papierkram durch. Als er Feierabend hatte, stellte er fest, dass er sich an fast gar nichts, was an diesem Tag passiert war, erinnern konnte. Wie betäubt hatte er den Tag durchlebt. Er ging zum Parkplatz, setzte sich in sein Auto und betrachtete sich selbst im Rückspiegel. So konnte es nicht weitergehen. Darum beschloss er an Ort und Stelle, dass er den Rest seines Lebens damit verbringen würde, die Existenz dieser Datei zu leugnen.
So schnell er konnte, fuhr er nach Hause und schaltete sofort seinen Computer ein. Dann öffnete er die Datei. Er hatte sich überlegt, dass er ihre Existenz nicht leugnen konnte, bevor er nicht wenigstens herausgefunden hatte, um was genau es sich handelte.
Wieder suchte er nach seinem Namen und fand den Datenblock, der seine Existenz definierte. Er wusste, wo er seine Größenangabe fand, aber die anderen nützlichen Parameter herauszufiltern, gestaltete sich deutlich schwieriger. Seine Intelligenz, sein Körperfettanteil, seine Stärke und sein Gesundheitsniveau waren alle unmöglich gegenständlich zu beziffern, unabhängig davon, was die Leute sagten, die Diätpläne erstellten.
Martin fand sein Gewicht, wagte jedoch nicht, es zu ändern. Er dachte darüber nach und kam dann zu dem Schluss, dass weniger zu wiegen nicht unbedingt bedeutete, dass man weniger fett war. Er könnte sich problemlos so ändern, dass sein Körper weniger Dichte aufwies. Er konnte sich plötzlich bildlich seine Eltern vorstellen, die auf seiner Beerdigung gefragt wurden, woran ihr Sohn denn gestorben sei und sich eingestehen mussten, dass sich das niemand erklären konnte. Er habe sich einfach von selbst in einen Schwamm verwandelt.
Martin ging anders vor. Auf seinem Smartphone öffnete er die Banking-App und sah sich seinen Kontostand an. Er suchte in der Datei nach dieser Zahl und fand sie sofort. Dann atmete er tief ein, bewegte das Komma eine Stelle nach rechts und drückte auf Speichern.
Er aktualisierte seine Banking-App. Der Kontostand betrug nun $ 839,00.
GESCHAFFT!
Er verspürte plötzlich einen Stich. Es waren allerdings keine Gewissensbisse, denn er hatte schließlich von niemandem Geld gestohlen. Das Geld hatte er einfach so aus dem Nichts erschaffen. Es hatte vorher gar nicht existiert. Jetzt aber schon. So wie er es sah, hatte er der Welt sogar einen Gefallen getan! Der Stich war die Angst gewesen, die er empfand! Er wusste, es war zu einfach, und wenn die Behörden herausfanden, was er getan hatte, würde man ihn bestrafen, selbst wenn er technisch gesehen gar nicht gegen das Gesetz verstoßen hatte. Martin wusste, dass die Beweislast beim Kläger lag. Also würde jeder, der versuchte, ihn wegen elektronischen Bankbetrugs strafrechtlich zu verfolgen, erst einmal beweisen müssen, wie er es ohne Zugriff auf den Bankcomputer angestellt hatte. Außerdem schlussfolgerte er, dass es bei jedem Diebstahl zwei Dinge gab: Einem Besitzer eine Sache wegnehmen und sie für sich selbst behalten. Und Martin nahm schließlich niemandem etwas weg. Darum glaubte er, dass es gar kein Diebstahl war, oder zumindest war es nur halb so wahrscheinlich, dass man ihn überführte. Es war eine fadenscheinige Begründung, aber sie war gut genug, um ihn schlafen lassen zu können. Er versetzte das Komma wieder eine Stelle zurück und verließ für diese Nacht den Computer.
Erneut sah er sich etwas im Fernsehen an, ohne zu bemerken, was überhaupt lief. Wieder griff er auf frei verkäufliche Schlafmittel und billigen Bourbon zurück, um die Ruhe zu bekommen, die er so dringend brauchte.
Der nächste Tag war ein Freitag. Er durchsegelte die Arbeit wie der Fliegende Holländer. Das Schiff war in Bewegung, aber niemand befand sich am Steuer. Seine Vorgesetzte war besorgt, weil Martin sich äußerst seltsam benahm, aber er schaffte sogar mehr Arbeit als üblich. Darum beschloss sie, ihn lieber nicht zu stören.
Martin begriff, dass er die Datei doch nicht ignorieren konnte. Was er erfahren hatte, konnte er schließlich nicht ungeschehen machen. Er musste einfach nur etwas Willenskraft aufbringen. Er beschäftigte sich eingehend mit all den Dingen, mit denen er sich nicht beschäftigen sollte. Dinge, die möglich werden würden, wenn man die Datei benutzte, die aber wahrscheinlich zu nichts Gutem führen würden. Den ganzen Freitag verbrachte er damit, gefährliche Ideen zu sammeln. Als er in dieser Nacht an seinem Computer saß, gab es eine Menge Dinge, die er ausprobieren wollte, und er hatte das gesamte Wochenende Zeit dafür.
Kapitel 3
Zuerst wählte Martin das gesamte Datenpaket aus, von dem er glaubte, das es ihn betraf, und kopierte es in eine separate Datei, die er verschlüsselte und auf die Speicherkarte seines Handys übertrug.
Dann bewegte er das Komma seines Kontostandes drei Stellen nach rechts.
Zuerst zog er in Erwägung, sich zum Millionär zu machen, doch dann überlegte er, warum er die damit verbundenen Risiken eingehen sollte, wenn er sich doch zu jeder Zeit zum Tausendär machen konnte.
Ich muss vorsichtig sein, dachte er. Ich möchte das hier schließlich nicht vermasseln.
Er fragte sich, wie etwas so Komplexes, wie das menschliche Wesen, in ein Datenpaket passen konnte, das klein genug war, um es zu verwalten. Aber als er sich wieder beruhigt und darüber nachgedacht hatte, wurde ihm klar, wie es wohl funktionierte. Er sah, dass die Datei eine Liste von Parametern ohne detaillierte Beschreibungen war. Er konnte den Code erkennen, der seine Herztätigkeit festlegte, und überprüfte das, indem er seinen Puls maß und dabei beobachtete, wie die Zahlen in Echtzeit schwankten. Für ihn machten die Zahlen allerdings keinen Sinn. Selbst für Kardiologen würden sie wahrscheinlich keinen Sinn ergeben, aber sie änderten sich in vorhersehbarer Weise zusammen mit seinem Puls. Der Code beschrieb, was das Herz gerade tat und inwiefern es sich von den Herzen anderer Leute unterschied, aber der Code definierte nicht das Herz an sich. Es schien so, als ob es irgendwo anders eine weitere Datei gab, die menschliche Herzen im Detail beschrieb. Und die Daten jeder einzelnen Person bezogen sich darauf, ihr spezifisches Herz zu rendern. Dasselbe galt anscheinend auch für all die anderen Organe, auch wenn das für ihn viel weniger interessant war, als er feststellte, dass er keinen Zugriff auf die grundlegende Struktur seines Körpers hatte. So konnte er zum Beispiel die Knochen seines Skeletts nicht in unzerbrechliches Metall verwandeln.
Es waren auch andere Verknüpfungen in das System integriert. Er suchte nach seinem aktuellen Längen- und Breitengrad. Weil er in seinen späten Teenagerjahren mit Geocaching