Father Brown - Krimis. Гилберт Кит Честертон
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»Nun,« erzählte die Frau etwas unsicher, »die Geistlichen kamen vor einer halben Stunde herein und kauften etwas Pfefferminz und plauderten ein wenig, und dann gingen sie weg, der Heide zu. Aber eine Sekunde darauf kommt der eine von ihnen in den Laden zurück und sagt: ›Habe ich ein Paket liegen gelassen?‹ Well, ich sah überall nach und konnte keines finden; somit sagt er: ›Es tut nichts, aber wenn es zum Vorschein kommt, schicken Sie es, bitte, an diese Adresse‹ und hinterließ mir die Adresse und einen Schilling für meine Mühe. Und wirklich, obwohl ich geglaubt hatte, ich hätte überall nachgesehen, fand ich, daß er ein Paket aus braunem Papier liegen gelassen hatte, und so schickte ich es dorthin, wo er gesagt hatte. Ich erinnere mich nicht mehr der Adresse, es war irgendwo in Westminster. Aber nachdem das Ding so wichtig schien, dachte ich, vielleicht sei die Polizei darum gekommen.«
»Ist sie auch,« sagte Valentin kurz. »Ist die Hampstead-Heide weit von hier?«
»Geradeaus fünfzehn Minuten.« erwiderte die Frau. »und Sie kommen direkt hinaus ins Freie.«
Valentin sprang zum Laden hinaus und begann zu laufen und die anderen Polizisten folgten ihm in widerwilligem Trapp.
Die Straße, durch welche sie kamen, war so enge und in Schatten gehüllt, daß, als sie unerwartet unter den weiten Himmel hinaus ins Freie kamen, es sie überraschte, den Abend noch so hell und klar zu finden. Eine vollendete Kuppel von Pfauengrün senkte sich in Gold zwischen den schwärzlichen Bäumen und den dunkelvioletten Farnen hernieder. Die glühendgrüne Färbung war gerade tief genug, wie Kristallpunkte einen oder zwei Sterne hervorzuheben. Alles, was von Tageslicht übriggeblieben war, lag in einem goldenen Schimmer über dem Rande von Hampstead und jener volkstümlichen Mulde, die den Namen Heidetal trägt. Die Sonntagsausflügler, welche in dieser Gegend umherschweifen, hatten sich noch nicht ganz verlaufen; unförmlich saßen einige Paare auf Bänken und hier und da kreischte noch in der Ferne in einer der Schaukeln ein Mädchen. Rings um die erhabene Niedrigkeit des Menschen vertiefte und erhöhte sich die Pracht des Himmels und auf dem Abhang stehend und über das Tal hinwegblickend erspähte Valentin, was er suchte.
Unter den dunklen und sich verlierenden Gruppen dieser Ferne war eine besonders schwarz, die sich nicht verlor – eine Gruppe von zwei Gestalten in geistlicher Kleidung. Obwohl sie so klein schienen wie Insekten, konnte Valentin doch sehen, daß die eine viel kleiner als die andere war. Obwohl die andere die Haltung eines Studierenden und ein unauffallendes Benehmen zeigte, konnte er sehen, daß der Mann gut sechs Fuß hoch war. Er preßte die Zähne aufeinander und rannte, ungeduldig seinen Stock schwingend, weiter, während sich so die Entfernung erheblich verringert hatte und die beiden schwarzen Gestalten wie in einem umfangreichen Mikroskop an Größe zunahmen, hatte er etwas entdeckt, was ihn überraschte und was er dennoch irgendwie erwartet hatte. Wer immer der lange Priester sein mochte, bezüglich der Identität des kürzeren konnte kein Zweifel bestehen. Es war sein Freund aus dem Harwichzuge, der untersetzte kleine Curé von Essex, den er wegen seines braunen Papierpaketes gewarnt hatte.
Soweit also fügte sich schließlich alles ganz vernünftig ineinander. Valentin hatte durch seine Erkundigungen am Morgen erfahren, daß ein Father Brown von Essex ein silbernes Kreuz mit Saphiren, eine Reliquie von hohem Werte, mit sich gebracht hatte, um es einigen der fremden Geistlichen auf dem Kongresse zu zeigen. Dies war unzweifelhaft das »Silber mit blauen Steinen«; und Father Brown war zweifellos der kleine Grünschnabel vom Zuge. Nun lag nichts Wunderbares in der Tatsache, daß, was Valentin herausgefunden, hatte, auch Flambeau herausfinden konnte. Es lag auch nichts Wunderbares in der Tatsache, daß, wenn Flambeau von einem Saphirkreuze hörte, er es zu stehlen versuchen würde; das war vielmehr das natürlichste von allen natürlichen Dingen. Und ebensowenig lag etwas Wunderbares in der Tatsache, daß Flambeau mit so einem einfältigen Schafe, wie es der Mann mit seinem Regenschirm und den Paketen war, seine eigenen Wege ging. Gehörte dieser doch zu jener Sorte, daß ihn der Nächstbeste an einem Bindfaden bis zum Nordpol geschleppt hätte; es lag also nichts Überraschendes darin, daß ein Schauspieler wie Flambeau in der Verkleidung eines Priesters ihn nach der Hampstead-Heide schleppen konnte. Soweit schien das Verbrechen klar genug, und während der Detektiv den Priester ob seiner Hilflosigkeit bemitleidete, empfand er etwas wie Verachtung für Flambeau, daß dieser sich dazu hergab, sich ein so leicht zu täuschendes Opfer auszusuchen. Doch als Valentin alles überdachte, was sich inzwischen ereignet hatte, all das, was ihn zu seinem Triumph geführt hatte, spannte er sein Gehirn aufs äußerste an, um wenigstens ein ganz klein wenig Sinn oder Verstand herauszufinden. Was hatte es, wenn jemand einem Priester aus Essex ein Silberkreuz stahl, damit zu tun, daß man die Suppe auf die Papiertapete an der Wand schüttete? Oder damit, daß man Nüsse Orangen nannte, oder Fenster zuerst bezahlte und sie dann einwarf? Gewiß, er war am Ende seiner Jagd angekommen, aber das Mittelstück hatte er verfehlt. Wenn er sich einmal täuschte (was selten vorkam), hatte er gewöhnlich den Faden erhascht, aber nichtsdestoweniger den Verbrecher verfehlt. Hier hatte er den Verbrecher erhascht, noch aber konnte er des Fadens nicht habhaft werden.
Die beiden Gestalten, denen sie folgten, krochen wie schwarze Fliegen über den mächtigen, grünen Umriß des Hügels. Sie waren sichtlich in ein Gespräch vertieft und möglicherweise achteten sie gar nicht darauf, wohin sie gingen; sicherlich aber schritten sie den verwilderteren und stilleren Höhen der Heide zu. Als die Verfolger näherkamen, mußte Valentin sich zusammenkauern wie ein Indianer, sich hinter Baumgruppen decken und selbst lang ausgestreckt im tiefen Grase kriechen. Mittels dieser ungewöhnlichen Finten kamen die Jäger ihrem Wilde nahe genug, um das Gemurmel der Unterhaltung zu vernehmen, doch ließ sich nichts unterscheiden als das Wort »Vernunft«, das oft in einer hohen und beinahe kindlichen Stimme wiederkehrte. Einmal hinter einem steilen Abhange verloren die Verfolger wirklich die beiden Gestalten, denen sie folgten. Zehn angstvolle Minuten hindurch fanden sie die Spur nicht wieder und dann führte sie um einen Vorsprung eines großen, kuppelartigen Hügels, von dem man ein Amphitheater reicher und einsamer Sonnenuntergang-Szenerie überblickte. Unter einem Baume auf diesem beherrschenden, jedoch vernachlässigten Platze stand eine alte, baufällige Bank und auf dieser Bank saßen die zwei Priester immer noch in ernstem Gespräch. Das prächtige Grün und Gold hing noch am dunklen Horizonte, aber die Kuppel darüber ging langsam aus Pfauengrün in Pfauenblau über und die Sterne traten mehr und mehr als wirkliche Diamanten hervor. Stumm sich gegen seine Begleiter wendend gelang es Valentin, sich hinter dem großen ästereichen Baume hinaufzuschleichen, und in tödlichem Schweigen dort stehend vernahm er zum ersten Male die Worte der sonderbaren Priester.
Ein teuflischer Zweifel erfaßte ihn, nachdem er anderthalb Minuten gelauscht hatte. Vielleicht hatte er doch die zwei englischen Polizisten in die Einöde einer nächtlichen Heide zu einem Gange mitgeschleppt, der nicht vernünftiger war, als wollte man Feigen auf den Disteln suchen. Denn die zwei Priester sprachen genau wie zwei Priester, fromm, gelehrt und gelassen über die luftigsten Rätsel der Theologie. Der kleine Priester aus Essex, mit seinem runden Gesichte zu den erstarkenden Sternen gewendet, sprach einfacher; der andere hingegen sprach mit gebeugtem Kopfe, als wäre er nicht einmal wert, zu ihnen aufzublicken. Aber man hätte sich keine unschuldigere geistliche Unterhaltung denken können, weder in einem weißen italienischen Kloster noch in einer schwarzen spanischen Kathedrale.
Das erste, was er auffing, war der Schluß eines von Father Browns Sätzen »… was man im Mittelalter wirklich unter den ›unbestechbaren Himmeln‹ verstand«.
Der größere Priester nickte mit dem gebeugten Klopfe und sagte:
»Ah, ja, diese modernen Ungläubigen appellieren an ihre Vernunft, aber wer kann all diese Millionen von Welten anblicken, ohne das Gefühl zu haben, daß es ganz gut noch Wunderbarere Welten über uns gebe, wo die Vernunft etwas überaus Unvernünftiges ist?«
»Nein,« entgegnete der andere Priester, »Vernunft ist immer vernünftig, selbst in der letzten Vorhölle, im verlassenen