Gesammelte Werke von Arthur Schnitzler. Артур Шницлер
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»Also ist eigentlich nichts mehr zu tun, bevor die Geschichte angeht!«
»Jetzt nichts mehr. Ich hab’ mir nur noch den Dobrdal herbestellt, um ihm die letzten Instruktionen zu geben.«
»Daher – hast du den Dobrdal bestellt?«
»Warum denn nicht? Er sieht sehr anständig aus. Und dann weiß doch ein jeder, daß er nicht zu uns gehört.«
Emerich nickte zustimmend, dann fragte er: »Was ist denn mit den Lorbeerkränzen?«
»Sind schon ins Theater geschafft.«
»Na, da ist ja alles in schönster Ordnung. – Und außer uns weiß keiner was davon, nicht wahr?«
»Niemand. Dem Fred werden wir’s allerdings noch sagen, weil er ja mit uns in die Loge geht.«
Emerich schüttelte den Kopf.
»Glaubst nicht, wir sollten den Fred auch lieber … überraschen?«
»Ja, warum denn?«
»Weißt, ich mein’ nur, der Fred ist manchmal so komisch; der ist am End’ dagegen.«
»Da kann ich ihm nicht helfen. Wir werden uns wohl noch einen Spaß erlauben dürfen. Und die Verantwortung haben doch wir allein, was?«
»Freilich. Du allein.«
»Jawohl, ich allein. Auf so einen originellen Einfall wär’ sowieso keiner von euch gekommen.«
»Freilich«, lächelte Emerich, »aber irgendwie steckt die Blandini dahinter, da möcht’ ich drauf wetten … und zwar glaub ich –«
In diesem Augenblick begegnete er einem strengen Blicke Augusts, und statt weiterzusprechen, neigte er verlegen den Kopf hin und her, warf ein Stück Zucker in den Kaffee und begann leise zu pfeifen.
»Grüß euch Gott«, sagte Fred, der eben hereingetreten war, und reichte den beiden anderen jungen Leuten die Hand. »Ich danke dir sehr für das Logenbillett«, wandte er sich zu August, »nur möcht’ ich mir die Frage erlauben: warum gehen wir denn noch einmal in diese irrsinnige Operette?«
»Wirst gleich hören«, erwiderte August; »da ist übrigens der Herr Dobrdal.«
»Wer«, fragte Fred.
»Sie, Marqueur«, rief August, »sehn Sie den Herrn, der dort beim Billard steht und grad’ den Franz was fragt? Rufen Sie ihn daher zu uns.«
»Dobrdal?« wandte sich Fred fragend an Emerich. »Was bedeutet das? Wer ist Dobrdal?«
Emerich wies mit den Augen auf den Herrn, welcher, vom Kellner an den Tisch der jungen Leute gewiesen, eben herzutrat und sich verbeugte.
Es war ein kleiner Mann in braunem Mentschikoff und mit einer Pelzmütze. Ein Zwicker baumelte ihm vorn an der Bande hin und her.
August nickte ihm herablassend zu. »Guten Abend, Herr Dobrdal, lassen Sie sich vielleicht etwas geben?«
»Oh, es ist nicht notwendig.«
»Also nehmen Sie Platz.«
»Bin so frei.«
»Ich habe Sie gebeten, ins Kaffeehaus zu kommen, damit wir noch ein letztesmal … aber wollen Sie sich nicht doch etwas geben lassen? Da ist grad’ der Kellner.«
»Bringen Sie mir eine Melange«, sagte Herr Dobrdal und nahm die Pelzmütze ab, die er auf den Tisch legte.
Emerich nahm sie vorsichtig in die Hand und legte sie auf einen Sessel. »Danke sehr«, sagte Herr Dobrdal.
»Also«, begann August aufs neue, »wieviel Leute haben Sie drin?«
»Vierzig, und gut verteilt!«
»Auch im Parkett?«
»Natürlich, mit der Galerie allein machen wir nichts. Das Parkett ist doch das Wichtigste.«
»Und sehen Sie die Leute noch, bevor die Sache angeht?«
»Natürlich, ich hab’ doch alle Sitze im Sack.«
»Das ist gut. Also hören Sie, Herr Dobrdal. Wir rekapitulieren noch einmal: Im ersten Akt – nichts. Ja, es wäre mir sogar angenehm, wenn nach Schluß des Aktes der Applaus lauer wäre als sonst.«
»Herr von Witte, das wird nicht gehn. Der Direktor besteht auf drei Hervorrufen.«
»Das ist mir unangenehm.«
»Aber wissen Sie was, Herr von Witte, das Parkett werd’ ich feiern lassen nach dem ersten Akt.«
»Schön. Also jetzt kommt der zweite Akt – und über den müssen wir reden. Da ist zuerst der Chor.«
»Ich weiß doch, Herr von Witte.«
»Bitte, hören Sie nur. Nach dem Chor bleibt bekanntlich die Blandini allein auf der Szene und ist fürchterlich traurig; dann wirft sie sich auf den Diwan. In dem Augenblick tritt Herr Roland auf.«
»Und jetzt geht’s los«, setzte Dobrdal hinzu.
»Roland?« rief Fred aus.
»Aber das ist ja der Witz«, sagte Emerich leise.
»Im Augenblick«, – fuhr August fort, »wo der Herr Roland auftritt – donnernder Applaus.«
»Schön«, sagte Dobrdal.
»In diesem Applaus«, sagte August, »mischen sich bereits Bravorufe; während der Applaus fortdauert, werden aus dem Orchester Kränze heraufgereicht. Jetzt hat der Roland zu sagen: schöne Dame … oder schönes Weib … dieses Geschmeide sendet Euch mein Herr. Darauf hat die Blandini ihre Arie, während der steht der Roland an der Tür. Dann tritt die Blandini auf den Roland zu und gibt ihm das Geschmeide zurück.«
»Wie die Blandini schon ist«, bemerkte Emerich.
August betrachtete ihn düster. Emerich errötete; dann fuhr August fort: »Der Roland nimmt das Geschmeide und sagt: Was soll ich meinem Herrn ausrichten – oder so was ähnliches. Darauf die Blandini: Nichts. – Nun verbeugt sich der Roland und geht ab.- Und jetzt: kolossaler Applaus.«
»Jubel«, setzte der Dobrdal hinzu.
»Richtig: Jubel, Toben; Rufe: heraus – Und jetzt dürfen Sie Ihre Leute einfach nicht aufhören lassen, bis der Roland herauskommen und sich verbeugen muß. – Sie haben mich doch verstanden, Herr Dobrdal?«
»Herr von Witte, Sie können sich auf mich verlassen!«
»Somit«, schloß August, »sind wir vorläufig fertig.«
Dobrdal verstand, trank eilig den Rest seiner Melange aus, erhob sich, verbeugte sich und