Die wichtigsten Dramen. Людвиг Тик
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Читать онлайн книгу Die wichtigsten Dramen - Людвиг Тик страница 11
SEBASTIANO erstaunt. Was ist das?
GUSMANN. Hier für Sie. Er reicht ihm Briefe.
SEBASTIANO. sieht sie durch, blickt GUSMANN und den Fremden grimmig an, knirscht und murmelt für sich. Verfluchter! – Er geht schnell von der andern Seite ab.
Zwölfte Scene
GUSMANN. DER FREMDE.
FREMDER, der GUSMANN noch einmal umarmt. O Freund, ich bin erstaunt, Sie schon hier zu sehen, – ich glaubte nicht, daß das landende Schiff das Ihrige wäre. – Ich selbst bin erst seit gestern hier.
GUSMANN. Ich hatte eine sehr glückliche Fahrt, und ich fand Gelegenheit, schon einige Tage nach Ihnen abzusegeln.
FREMDER. O glücklich, daß Sie gekommen sind! – Kommen sie itzt in den Kerker des unglücklichen Alla-Moddin.
GUSMANN. Kennt er Sie?
FREMDER. Nein.
GUSMANN. Ich bringe eine Nachricht mit, die Ihnen und jedem Rechtschaffenen sehr angenehm sein muß.
FREMDER. Sie ist?
GUSMANN. Außer der Absetzung Alonzo's – die Aufhebung des Jesuiterordens in allen spanischen Besitzungen. Wunderbar! daß ich zugleich der Ueberbringer dieser beiden Zeitungen sein muß, – darum sah uns Sebastiano mit so glühenden Augen an.
FREMDER. Alles entwickelt sich noch glücklicher als wir dachten.
GUSMANN. Ich habe noch hundert Kleinigkeiten zu besorgen, die nothwendig gethan sein müssen, – leihen Sie mir Ihren Beistand, dann wollen wir den Unglücklichen besuchen und ihm die Nachricht seiner Freiheit bringen. gehn beide ab.
(Alla-Moddins Gefängniß.)
Dreizehnte Scene
ALLA-MODDIN. AMELNI. LINI.
ALLA-MODDIN sitzt an der Mauer; AMELNI neben ihm und stickt mit Gold eine schwarze seidne Leibbinde: LINI sieht ihr aufmerksam zu.
ALLA-MODDIN. Schon zittert ein röthlicher Schein auf jenen Wogen, und der Fremde kehrt noch nicht zurück.
AMELNI. Du hoffst auf ihn so sehnlich, als ob er Dir Deine Freiheit anzukündigen habe.
ALLA-MODDIN. So ist der Mensch! Heut am Morgen schien es mir, als wäre mir alles gleichgültig, und doch zähl' ich itzt jeden Pulsschlag, horche auf jeden Schall des Windes gegen die Schlösser, ob nicht endlich durch die geöffnete Thür der neugewonnene Freund hereintrete. Ich wünsche seinen Anblick eben so sehr, als der Schiffer das Angesicht der Sonne nach einer stürmischen Nacht.
AMELNI nachdenkend. Warum muß die Tafel meines Gedächtnisses so düster aussehen? – Dieser Fremde – – alle Erinnerung so ganz verwischt –
ALLA-MODDIN. Amelni, was suchst Du mit Deinen Gedanken?
AMELNI. Die Wiedererinnerung dieses Mannes.
ALLA-MODDIN. Des Fremden?
AMELNI. Mir ist in einem Augenblick, als müßt' ich ihn kennen, und dann ist er mir plötzlich wieder ganz fremd; denn ich müßte mich doch erinnern, wenn, und bei welcher Gelegenheit ich ihn sahe.
LINI. Mutter, warum bist Du denn nicht fröhlicher?
AMELNI. Und warum sollt' ich es sein?
LINI. Deiner schönen Arbeit wegen. Sieh nur, ich freue mich schon so, daß ich Dir blos zusehe, wie ein Goldfaden sich neben den andern freundschaftlich hinschmiegt, wie hier ein Stern und dort einer aus der schwarzen Nacht hervortritt; wie mußt Du Dich nun erst freuen, wenn Du Dir bei jedem neuen Sterne sagen kannst: das hab' ich gethan! – Es ist doch schön, so künstlich zu sein! – Du mußt mir auch solche Binde schenken, liebe Mutter. Jetzt nicht! – Wenn ich groß und schön bin, wenn – – (habe ich doch in der langen Zeit gar den Namen vergessen) Vater! – Wie heißt das Eisen, mit dem man sich gegen die Spanier vertheidigen muß?
ALLA-MODDIN. Schwert, Knabe, vergiß das Wort nie!
LINI. Ja, wenn ich erst ein Schwert schwingen kann, dann, nicht wahr, liebe Mutter, dann schenkst Du mir auch solche schöne schwarze Binde?
ALLA-MODDIN. Itzt erst bemerk' ich Dein Geschäft. – Amelni! Sieh diese Mauern an, sie spotten über Dich. Soll dies mich an mein voriges Glück erinnern? – Ha! sonst! sonst! – Weißt Du noch; Amelni, als Du mit jener Binde mich schmücktest, da ich gegen die wilden Insulaner zog, die Suhlu verheerten? – Aber jetzt – wenn werd' ich diese gebrauchen? Die Zeit wird sie zernagen, zwischen diesen Mauern wird sie zerstäuben, und ich möchte über jeden Stich eine Thräne vergießen, mit dem Du so sorgfältig diesen Flor durchbohrst. – Du weinst, Amelni? – – O laß sie mich wegküssen, diese Thränen.
AMELNI. Laß sie fließen auf dieses Tuch herab, ein Todtenopfer Deinem gestorbenen Muthe. – Wohin ist Dein Geist entflohen? Ruf' ihn zurück.
ALLA-MODDIN. Er schwärmt in Suhlu's blühenden Hainen.
AMELNI. Gedenke der Worte des Freundes: Valmont kehrt gewiß zurück, denn er hält, was er versprach.
ALLA-MODDIN. O Du weißt nicht – vor sich. ach Sebastiano! – laut. Kennst Du denn nicht das Märchen von Runal?
AMELNI. Nein.
LINI. Ein Märchen, Vater? – O erzähle, ich will es nachher meinem Vogel wieder erzählen, damit ich etwas zu thun habe.
ALLA-MODDIN. Fern von seinem Vaterlande war Runal in einem schwarzen Walde verirrt, die Winde bliesen mit heiserer Stimme durch die klappernden Zweige, Kälte übergoß mit Zittern seinen Körper. Räuber (es waren Europäer) nahmen ihm seine Kleider, der Regen trieb ihm schneidend entgegen, er zitterte vor Frost. – Der Wald öffnet sich – er tritt heraus. – Der Himmel mit dicht über einander gewälzten Wolken verhüllt, kein Stern, kein Mondenstrahl, vor ihm eine große unendliche Wüste. – Kein Mensch in der Nähe? seufzt Runal, und blickt umher; kein Licht? kein Mensch? – Sein Blick kehrt unbefriedigt, thränenvoll zurück. Noch einmal blickt er rückwärts nach den Wald, die Vergangenheit düster hinter ihm, die Zukunft öde vor ihm. – Ha! dort zwischen schwarzen herabhangenden Wolken, an der fernen Gränze des Horizonts, ein blaues, flimmerndes Licht, dicht an den Boden gedrängt. – Neu gestärkt geht er nach diesem Lichte zu, es erhebt sich, und war – ein Stern! – Schaudernd wirft sich Runal nieder, und weint, itzt noch trostloser als zuvor.
AMELNI seufzend. Ich verstehe Dich.
LINI. Und weinte denn der Stern nicht mit ihm?
AMELNI greift nach der Laute. Soll ich singen?
ALLA-MODDIN. Itzt nicht. – Diese süßen Töne würden