Die großen Ordensgründer. Anton Grabner-Haider
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Orden bzw. ordo meint hier rechtlich geordnete Gemeinschaften von asketisch lebenden Menschen. In einem päpstlichen Dekret »Ad Gallos« um 380 wird die verschleierte Jungfrau (virgo velata) der verheirateten Frau rechtlich gleichgestellt, der Bruch des Keuschheitsgelübdes wird mit dem Ehebruch verglichen. Spätere Kirchendekrete setzten für den Bruch dieses Gelübdes schwere Kirchenstrafen fest. Viele dieser asketischen Gruppen, die sich in der Tradition der frühen christlichen Propheten wussten, lebten aber in einem Gegensatz zu den Lehren der Bischöfe.
Der Bischof Ambrosius von Mailand berichtet im 4. Jahrhundert, Bischof Eusebius von Vercelli sei der erste gewesen, der für seine Kleriker das asketische und »engelgleiche« Leben eingeführt habe. Er hat seinen Klerikern regelmäßiges Fasten und sexuelle Enthaltsamkeit auferlegt und sie zum Gebet, zur Lesung der Heiligen Schriften und zur körperlichen Arbeit verpflichtet. Sie schliefen in einem gemeinsamen Schlafsaal und verrichteten mit dem Bischof die Gebete in der Kirche. Diese Einrichtung dürfte um 355 entstanden sein und stellt die ersten Ansätze für einen Zölibat der Kleriker dar.
Aurelius Augustinus schreibt, dass es zu seiner Zeit vor den Mauern von Mailand bereits ein Kloster für männliche Asketen gegeben habe, das von Bischof Ambrosius geleitet worden sei. Er weiß auch von einem Kloster für gottgeweihte Jungfrauen in Bologna und einem weiteren in Verona. Mönche siedelten nun auch an der ligurischen Küste und auf den Inseln Capraia und Gorgona. Hieronymus berichtet von einem Kloster in Aquileia, das vom Bischof geleitet wurde und darüber hinaus von einem Kloster in Emona, dem heutigen Lubljana in Slowenien. Zu dieser Zeit entstanden auch in Rom mehrere Häuser (cenobia) für asketisch lebende Männer, die unter der Anleitung eines Lehrers sich dem Gebet, dem Fasten und der Arbeit widmeten. Zu dieser Zeit gab es auch schon Klöster für gottgeweihte Jungfrauen, die von Frauen geleitet wurden, wie Augustinus berichtet.18
Zu dieser Zeit, im späten 4. Jahrhundert, entstanden auch in Nola in der Campania und selbst in Trier an der Mosel (Castra Treverorum) Klöster für Männer und für Frauen. In Trier fanden kaiserliche Beamte sogar eine lateinische Übersetzung der Lebensgeschichte des Antonios (Vita Antonii) des Bischofs Athanasios. Auch in Nordafrika und in Spanien gab es zur Zeit des Aurelius Augustinus bereits mehrere Klöster für Mönche und gottgeweihte Jungfrauen. Sie zogen sich vom weltlichen Leben zurück, verzichteten auf Besitz und Einfluss in ihrer Stadt, denn sie wollten ganz für Gott leben. Diese frühen Mönche und Nonnen waren Laienchristen und lebten am Rand der Gesellschaft. Einige dieser Gruppen lebten von der Bettelei und verrichteten keine körperliche Arbeit.
Doch die Mehrheit der Mönche und Nonnen wollte sich durch Arbeit ihren Lebensunterhalt selbst schaffen. Aus diesem Grund betonte Aurelius Augustinus in seinen Schriften die Notwendigkeit der Arbeit für gottgeweihte Menschen. Dabei beruft er sich auf den Apostel Paulus, der den Christen in Thessalonike geschrieben hatte: »Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen« (2 Thess 3,10). Die Arbeit (negotium) war für das geistliche Leben wichtig, denn sie diente der Vermeidung des Müßiggangs (otium) und der Langeweile.
Aurelius Augustinus hat um 410 geschrieben, in seiner Region stammten die meisten Mönche aus den unteren sozialen Schichten der Sklaven und Freigelassenen, der Bauern, Handwerker und Tagelöhner. Traten viele Menschen, Männer wie Frauen, zum asketischen Leben über, so hatte dies gewiss auch wirtschaftliche und soziale Gründe. Den unteren sozialen Schichten drohte in der Zeit der Spätantike die völlige Verarmung, denn der Besitz an Grund und Boden sowie an beweglichen Gütern war auf relativ wenige Familien und Sippen der Adeligen und der Besitzbürger verteilt.19
Außerdem waren die Abgaben für die militärische Verteidigung des römischen Reiches sehr hoch, das Imperium hatte seinen Zenit bereits überschritten. In den Klöstern fanden viele von der Armut Bedrohte eine neue Form des sinnvollen Lebens und Überlebens unter einer starken religiösen Motivation. Nun gab es von der Umwelt auch harte Kritik an der Lebensform der Mönche und Nonnen. Viele Nichtchristen warfen ihnen zu dieser Zeit allgemein Faulheit und Torheit sowie Verachtung der Mitmenschen vor (Rutilius Namatianus). Aber auch Christen kritisierten die Mönche und Nonnen wegen ihrer Bettelei, denn erwachsene Männer und Frauen müssten sich selbst ernähren können (Presbyter Vigilantius).
Es gab aber auch viele Verteidiger des asketischen Lebens, so schrieb Jovinianus (gest. vor 406), die Ehelosigkeit um Gottes willen habe denselben Wert wie Ehe und Familie. Doch viele Zeitgenossen fragten sich weiterhin, ob es moralisch und sozial vertretbar sei, den Besitz zu verkaufen, die Ehe und Kinder zu verweigern und sich den öffentlichen Aufgaben im Gemeinwesen zu entziehen. Allgemein kritisiert wurde das ungeordnete Leben der Mönche und Nonnen, etwa in den Consultationes Zacchei et Apollonii.
Mönchsregeln
Um solcher Kritik begegnen zu können, suchten die Leiter der Klöster nach festen Regeln für das Zusammenleben. So wuchs zu Beginn des 5. Jahrhunderts das Interesse an Mönchsregeln, die von geistlichen Lehrern verfasst wurden. Ältere Regeln wurden nun übersetzt, Werke über die Lebensgewohnheiten der Mönche in Ägypten verfasst und auch neue Regeln entstanden, wie die des Heiligen Augustinus.
Rufinus von Aquileia hatte um 397 die Mönchsregeln des Basilios von Kaisareia ins Lateinische übersetzt, die er wohl aus einem Kloster in Palästina mitgebracht hatte. Diese Übersetzung wurde mehrfach von Mönchen abgeschrieben und an Klöster verteilt. Um 404 hatte Hieronymus die Regel des Pachomios von Ägypten, die er offenbar in einem Kloster zu Bethlehem kennengelernt hatte, ins Lateinische übersetzt. Eine völlig neue Regel für das gemeinsame Leben hat Aurelius Augustinus, der Bischof von Hippo, verfasst, den so genannten »Ordo monasterii«. Diese Regel besteht aus einer Einleitung (praeceptum) und einer Sammlung von Statuten für das Zusammenleben der Mönche. Darin werden die Zeiten für Gottesdienste, für das gemeinsame Essen und für die Ruhe festgelegt. Der Bischof legte auf die geistliche Formung der Mönche besonderen Wert.
Johannes Cassianus verfasste im Auftrag des Bischofs Castor von Apt die »Institutiones«, in denen er die Mönche im Westen über das Mönchsleben in Ägypten und in Palästina informierte, das er persönlich kennengelernt hatte. Darin beschrieb er die Kleidung der Mönche, ihre festen Gebetszeiten, die Anordnung der Psalmen beim Gebet, die anzustrebenden Tugenden und die zu vermeidenden Laster und Sünden. In seinem Werk »Collationes patrum« beschrieb Johannes Cassianus seine Begegnung mit den Wüstenvätern in Ägypten. Auch dieses Werk zielte darauf ab, die östlichen Ideale der Mönche im Westen bekannt zu machen und deren Nachahmung in der lateinischen Kultur zu forcieren.
2. ORDENSVÄTER IM WESTEN
Bereits der Kaiser Konstantius hatte im 4. Jahrhundert in einem Gesetz für die Mönche und gottgeweihten Jungfrauen die Bezeichnung »ordo« verwendet. Daher kann in einem weiten Sinn bereits ab dieser Zeit von Orden, Ordensvätern und Ordensgründern die Rede sein.
Martin von Tours (316–397)