Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?. Thomas Röper

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Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt? - Thomas Röper

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zu machen. Daraufhin wurde er verhaftet und der geplante Deal fand nicht statt. Chodorkowski wurde unter anderem wegen Steuerhinterziehung und Betrug zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt.

      Die Verurteilung Chodorkowskis wurde vom europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als rechtens bestätigt. Der Gerichtshof kritisierte lediglich die Umstände der Festnahme und einen Teil der Haftbedingungen. Außerdem bestätigte der Gerichtshof 2011, dass Chodorkowski kein politischer Gefangener war. In der Sache gab der Europäische Gerichtshof Russland Recht: Chodorkowski ist ein überführter Steuerhinterzieher und Betrüger.

      Putin hatte damit die Macht der Oligarchen gebrochen und machte sich nun daran, auch gegen die PSA-Abmachungen vorzugehen, denn nach fast zehn Jahren müssten die westlichen Ölkonzerne ihre Investitionen doch langsam mal eingespielt haben und Russland wieder vollen Zugang zu den eigenen Bodenschätzen gewähren. Natürlich führte dies zu Konflikten, und im Westen hatte Putin nun keine gute Presse mehr. Aber es gelang ihm mit einigen Winkelzügen 2003, die PSA-Abkommen auszuhebeln, und Russland profitierte wieder von den eigenen Bodenschätzen. Mit diesen Einnahmen und den Steuereinnahmen der verbliebenen Oligarchen ging es dem seit über zehn Jahren bankrotten Staatshaushalt Russland auf einen Schlag viel besser und Russland erwirtschaftete Überschüsse anstatt Defizite.

      Russland, das noch 1998 Staatsbankrott anmelden musste, war schon 2006 praktisch schuldenfrei und hatte auch die gesamten Altschulden der Sowjetunion, die auf Russland übergegangen waren, zurückgezahlt.

      Auch die Bevölkerung profitierte nun davon, was auch Putins Popularität in jenen Jahren erklärt. Von Putins Machtübernahme im Jahr 2000 bis zur Finanzkrise 2008 stieg die russische Wirtschaftsleistung von 260 Milliarden Dollar auf 1.660 Milliarden Dollar, die Staatsverschuldung sank von 62 Prozent des BIP auf 6 Prozent, die Monatslöhne stiegen von 62 Dollar in 1999 auf 750 Dollar in 2010, und die Anzahl der Menschen, die unter der Armutsgrenze lebten, sank von 36 Millionen auf unter 15 Millionen.

      Während also Putin wegen seines Vorgehens gegen die Oligarchen, die bereit waren, Schlüsselindustrien billig an westliche Firmen zu verkaufen, wegen seines Vorgehens gegen die PSA-Abkommen, die westlichen Konzernen billigen Zugang zu den russischen Bodenschätzen sicherten, und wegen des Krieges in Tschetschenien im Westen schlechte Presse bekam, erlebte Russland einen nie gekannten Aufschwung, von dem auch die Bevölkerung profitierte.

      Nach 2008 wurde Russland von mehreren Krisen getroffen, die es jedoch alle gut meisterte. Während die Finanzkrise von 2008 den Westen erschütterte, war Russland davon nur indirekt betroffen. Gleiches gilt für die Eurokrise 2011. Die Krisen selbst trafen Russland kaum, es litt jedoch ein wenig unter der Schwächung der westlichen Länder, die für Russland damals als Investoren und Handelspartner wichtig waren.

      Auch die westlichen Sanktionen ab 2014, der Ölpreisverfall 2014 von fast 100 Dollar auf zeitweise unter 30 Dollar und die Abwertung des Rubel Ende 2014 haben Russland nur für ein Jahr in die Rezession getrieben. Im Gegensatz zu den Krisen der 1990er hat sich Russland nach 2008 als wirtschaftlich so stabilisiert gezeigt, dass selbst ein Katastrophenjahr wie 2014 keinen schweren Schaden anrichten konnte. Die Reserven der russischen Zentralbank sind trotz der schweren Schläge und der folgenden Probleme sogar von ca. 400 Milliarden Dollar Anfang 2014 auf ca. 450 Milliarden Dollar in 2018 angestiegen.

      Man muss Putin also nicht mögen, aber man muss wissen, wo Russland stand, bevor er an die Macht kam und wo er es hingeführt hat. Dann kann man verstehen, warum Putin bei vielen in Russland so populär war und ist.

      Und dieses Vorwissen, das ich hier in aller Kürze wiedergegeben habe, hilft Ihnen, manche Aussage Putins zu verstehen, wenn er über diese Zeiten zu Beginn seiner Amtszeit spricht.

      Nun wollen wir aber Putin selbst zu Wort kommen lassen, und ich möchte Ihnen, verehrte Leserin, verehrter Leser, zeigen, was Putin selbst zu den Themen gesagt hat, die in den letzten Jahren politisch prägend waren oder es heute sind. Ich werde von nun an so wenig wie möglich kommentieren, sondern aus Reden, Interviews, Diskussionsrunden und Pressekonferenzen zitieren, was Putin selbst sagte, beziehungsweise worüber er mit Gesprächspartnern diskutierte. Damit möchte ich Ihnen einen möglichst ungefilterten Blick auf Putins Sicht der Dinge geben und Sie können sich eine eigene Meinung bilden, ob Sie ihm bei dem einen oder anderen Thema zustimmen oder nicht.

      Teil 1: Putins berühmtesten internationalen Reden und die Geopolitik

      Zunächst möchte ich Putins im Ausland bekanntesten Reden wörtlich zitieren. Es handelt sich um die Rede im Bundestag, die er 2001 auf Deutsch gehalten hat, die Rede bei der Münchener Sicherheitskonferenz 2007 und seine Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen im Jahre 2015.

      Beachten Sie, dass sich durch all diese Reden ein roter Faden zieht: der Wunsch Putins nach einer Kooperation mit dem Westen auf Augenhöhe und sein Wunsch, mit Europa eine Partnerschaft und einen „gemeinsamen (Wirtschafts-)Raum von Lissabon bis Wladiwostok“ zu bilden. Der Westen ist auf diesen Wunsch nie eingegangen, und man kann an der Veränderung der Formulierungen erkennen, wie Putin die Politik des Westens und vor allen der USA mit der Zeit immer deutlicher kritisiert.

      Bundestagsrede vom 25.9.2001

      Als erster russischer Regierungschef durfte Putin am 25.9.2001, nur zwei Wochen nach 9/11, eine Rede im Bundestag halten. Dort konnte man im Kern alle Punkte seiner Politik aus erster Hand und auf Deutsch hören. Punkte, die alle praktisch unverändert bis heute die Politik Putins bestimmen, wie wir in diesem Buch sehen werden.

      Über Deutschland sagte er:

      Russland hegte gegenüber Deutschland immer besondere Gefühle. Wir haben Ihr Land immer als ein bedeutendes Zentrum der europäischen und der Weltkultur behandelt, für deren Entwicklung auch Russland viel geleistet hat. Kultur hat nie Grenzen gekannt. Kultur war immer unser gemeinsames Gut und hat die Völker verbunden.

      In Russland ist man sehr geschichtsbewusst. Im Unterschied zu Deutschland geht das Geschichtsbewusstsein Russlands jedoch über Jahrhunderte zurück, während in der deutschen Wahrnehmung die Nazi-Zeit einen Einschnitt bedeutet und das deutsche Geschichtsbewusstsein sich sehr oft auf politische Allianzen nach 1945 beschränkt. Der zweite Weltkrieg mit seinen 25 Millionen Opfern auf Seiten der Sowjetunion ist auch in Russland immer noch wichtig und präsent, jedoch ist er aus russischer Sicht keine Zäsur wie aus deutscher Sicht. Außerdem haben Deutsche Russlands Geschichte sehr stark und positiv geprägt. Und das ist den Menschen in Russland auf Schritt und Tritt bewusst, denn es gibt Straßen, die deutsche Namen tragen, ehemals deutsche Stadtteile in vielen russischen Städten und sogar einige der wichtigsten Regenten in Russland waren Deutsche oder hatten deutsche Wurzeln.

      Dies muss man im Hinterkopf haben, wenn man Putins Ausführungen zur gemeinsamen Geschichte einordnen will:

      Verehrte Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir, ein paar Worte zu den deutsch-russischen Beziehungen zu sagen – ich möchte das gesondert betrachten: Die russisch-deutschen Beziehungen sind ebenso alt wie unsere Länder. Die ersten Germanen erschienen Ende des ersten Jahrhunderts in Russland. Am Ende des 19. Jahrhunderts bildeten die Deutschen in Russland die neuntgrößte Minderheit. Aber nicht nur die Zahl ist wichtig, sondern natürlich auch die Rolle, die diese Menschen in der Entwicklung des Landes und im deutsch-russischen Verhältnis gespielt haben: Das waren Bauern, Kaufleute, die Intelligenz, das Militär und die Politiker. Zwischen Russland und Amerika liegen Ozeane. Zwischen Russland und Deutschland liegt die große Geschichte.

      Putin, der hervorragend Deutsch spricht, sogar zu Hause mit seiner Frau und den Kindern wurde Deutsch gesprochen, hat ein besonderes Verhältnis zu Deutschland gehabt und dies hier zum Ausdruck bringen wollen, wenn er die geschichtlichen Bindungen zwischen den Ländern erwähnte und durch die Blume sagte, dass ihm

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