Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner
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Toni zündete die Petroleumlampe unter der Decke an. Der milchige Lampenschirm mit seiner bunten Bemalung warf ein schönes warmes Licht.
»Da schau! Das ist für dich! Für uns!«
»Toni, die ist ja wunderbar!«
Anna schlang die Arme um Tonis Hals. Sie küßten sich innig und voller Sehnsucht. Dann traten beide neben die Wiege. Toni hatte eine große Wiege gebaut, in der man das Baby in den Schlaf schaukeln konnte. Den Kopfteil und den Fußteil hatte er bemalt mit Bergen und schönen Landschaften. Auf den Seitenteilen hatte er Eisenbahnen gemalt.
»Die ist wunderschön, Toni. Ich habe nicht gewußt, daß du so schön malen kannst.«
»Der Alois hat mir dabei ein bissel geholfen. Des macht dir doch nix aus?«
»Nein, Toni. Ganz im Gegenteil, ich freue mich darüber.«
»Eine Matratze muß noch hinein und Kissen und eine Decke. Da kenn i mich als Mann net so aus.«
Anna drückte ihrem Toni einen Kuß auf die Wange.
»Laß dich mal überraschen.«
Anna ging zum Schrank und holte Bettwäsche hervor.
»Die hat mir deine Mutter geschenkt. Eine kleine Matratze ist auch dabei. Hast du ihr etwas davon erzählt, wie?«
»Ja, klar hab’ i mit meiner Mutter drüber geredet. Sie hat auch die Idee gehabt mit den Zügen. I fand des gleich eine sehr gute Idee, wo wir zwei uns doch im Zug begegnet sind.«
Sie lagen sich in den Armen und küßten sich. Dann legten sie die Sachen in die Wiege. Meta hatte blauweiße Bezüge genäht mit roten Volants an den Nähten. Das sah alles sehr frisch und lustig aus.
»Wollen wir die Wiege dort in die Ecke stellen, Anna?«
»Ja, da steht sie gut. Der Teil des Raumes eignet sich gut als Kinderstube.«
Toni strahlte.
»Weißt, ich hab deshalb unsere Kammer so groß gemacht. Wenn’s denn so kommen sollte, dann passen auch mehrere Kinderbettchen rein. I denk’ eben, daß es gut ist, wenn die Kinder bei den Eltern sind, solang sie noch so klein sind.«
»Das denke ich auch, Toni. Danke! Du hast mir damit eine große Freude gemacht.«
Liebevoll schaukelte Anna die Wiege hin und her.
»Unsere Kinder werden sich darin sicher geborgen fühlen und gut schlafen. Bist jetzt schon ein ganz fürsorglicher Vater.«
Toni nahm seine Anna wieder in den Arm und ihre Lippen fanden sich zu einem innigen langen Kuß, der alles sagte über Liebe, über die gemeinsame Zukunft und über ihren beiderseitigen Kinderwunsch.
Bevor sich Anna geraume Zeit später schlafen legte, lauschte sie noch einmal an der Tür zu Martinas Kammer. Es brannte noch Licht. Der schwache Schein fiel unter dem Türschlitz am Boden durch. Leise und vorsichtig öffnete Anna die Tür. Sie wollte das Licht löschen. Anna dachte, Martina sei eingeschlafen und hätte vergessen, die Lampe zu löschen.
Als Anna neben das Bett trat, sah sie die nassen Flecken auf dem Kopfkissen. Sie schaute sich Martina genauer an, die mit dem Gesicht zur Wand lag. Ihre Schultern zuckten.
»Martina, ich weiß, daß du nicht schläfst.«
Langsam drehte sich Martina um. Ihre Augen waren rot und verquollen von den vielen Tränen, die sie geweint hatte.
»Tina, willst du mir nicht endlich erzählen, was mit dir los ist? Es ist schlimm für mich, in all meinem Glück dich so unglücklich zu sehen.«
Anna setzte sich auf den Bettrand und strich Martina über das Haar.
»Weinst du deiner verlorenen Liebe nach?«
Martina schüttelte heftig den Kopf.
»Es war keine Liebe, das weiß ich jetzt. Ich hatte mich geirrt. Ich hatte mir etwas vorgemacht, mich selbst belogen. Ich wollte raus aus dem Elternhaus, denke ich. Da habe ich mich an Mark geklammert. Dabei hat er mir nie gesagt, daß er mich liebt. Mark ist sehr sachlich. So dachte ich, daß es ihm schwerfällt, zärtliche Worte zu finden. Ich habe mich da in etwas hineingesteigert, wo in Wirklichkeit nichts war. Ich hatte mir eine Scheinwelt aufgebaut, in der Hoffnung, daß sich die Wirklichkeit dann meinen Wünschen anpassen würde.«
»So, Mark heißt er. Hat er sich von dir getrennt?«
Martina setzte sich im Bett auf und zog die Decke hoch bis zum Hals, als wollte sie darunter Schutz suchen.
»Nein, er hat sich nicht von mir getrennt. Ich habe mich getrennt. Ich bin einfach in die Berge gefahren, um Ruhe zu haben.«
»Das ist eine gute Idee.«
»Ich wollte allein sein. Ich wollte nachdenken, ohne dem Einfluß von Mark oder meinen Eltern ausgesetzt zu sein. Es geht doch um mein Leben, um meine Zukunft. Ich will nicht einfach verplant werden. Immer wurde mir gesagt, was ich zu tun oder zu lassen habe.«
Martina putzte sich die Nase.
»Ich bin dann gewandert und habe über alles nachgedacht. Es war so schön still in den Bergen. Ich hatte Zeit. Niemand drängte mich. Ich hatte mir alles so schön ausgedacht. Zuerst wollte ich arbeiten und noch etwas Geld sparen. Dann wollte ich eine kleine Wohnung suchen, weit weg von daheim und von meinen Eltern. Ich war mir sicher, daß ich allein zurechtkomme. Einfach würde es nicht werden. Aber andere schaffen es doch auch.«
Anna hörte nur zu. Sie unterbrach Martina in ihrem Redeschwall nicht.
»Ich habe einen Beruf. Ich kann Geld verdienen für uns.«
»Uns…«, wiederholte Anna in Gedanken. Das war es also! Sie ließ sich aber nichts anmerken.
»Ich habe gedacht, daß ich es geschafft habe, mich vor einem Mann zu schützen. Doch da ist jetzt Friedel. Er ist so ein Mann, wie ihn sich eine Frau nur wünschen kann. Fürsorglich ist er und häuslich. Sorgt sich liebevoll um Haus und Hof. So ein Mann war mir vorher nie begegnet. Es tut weh, zu erkennen, daß ich mich mit dem falschen eingelassen habe. Jetzt muß ich dafür büßen. Es war nur einmal nach einer Party. Ich weiß auch nicht, warum wir so leichtsinnig waren. Aber es ist alles meine Schuld. Ich hätte als Frau den kühlen Kopf bewahren müssen. Mark weiß von nichts. Es paßt nicht in seine Zukunftspläne. Ich habe ihn ausgefragt. Seine Antworten taten weh. Da sagte er auch, daß er noch nie an eine gemeinsame Zukunft gedacht hatte. Ihm genüge es, eine schöne Zeit zu haben mit mir. Das sagte mir alles. Meine Welt brach zusammen. Ich habe selbst schuld. Es war nur eine Scheinwelt.«
Martina weinte wieder.
»Jetzt bin ich auf dem Sommerhalder Hof. Die Bäuerin ist so eine liebe Frau, voller Mütterlichkeit. Ach, wenn meine Mutter doch auch so wäre, dann könnte ich zu ihr gehen.