Gullivers Reisen. Джонатан Свифт
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Ehe er Redriff verließ, händigte er mir die folgenden Schriften ein, und bevollmächtigte mich, darüber nach Gutdünken zu verfügen. Der Styl darin ist klar und einfach; und ich finde nur einen einzigen Fehler darin, der übrigens allen Reisenden gemeinschaftlich ist, daß nämlich darin allzusehr in die Einzelnheiten eingegangen wird; aber durch das ganze Werk weht ein Geist der Wahrheit; und der Verfasser zeichnet sich wirklich so sehr durch Wahrhaftigkeit aus, daß, wenn man in der Nachbarschaft von Redriff Einem etwas recht versichern wollte, man gewöhnlich sagte: dies ist so wahr, als wenn Herr Gulliver es gesagt hätte.
Nach dem Rate mehrerer Personen, denen ich mit der Erlaubnis des Verfassers die Papiere mitgeteilt hatte, wage ich es jetzt, sie in die Welt einzuführen in der Hoffnung, sie werden wenigstens einige Zeit lang ein angenehmerer Zeitvertreib für unsern jungen Adel seien, als die Rapsodien der Parteischriftsteller.
Dieser Band wäre wenigstens noch einmal so dick geworden, wenn ich mir nicht erlaubt hätte, eine Menge Stellen auszumerzen, die sich auf Winde, Ebbe und Flut bezogen, ebenso alle meteorologische Beobachtungen auf verschiedenen Reisen, und die Beschreibung der Bewegungen eines Schiffes während des Sturmes, in seemännischem Stile geschrieben. Ebenso habe ich alle Höhenangaben übergangen, und ich fürchte, Herr Gulliver wird mit diesen Weglassungen nicht sehr zufrieden seien; aber ich war entschlossen, das Werk so gut als möglich dem großen Haufen zugänglich zu machen. Wenn indes meine Unkenntnis des Seewesens mich in einige Irrtümer fallen ließ, so würde ich allein dafür verantwortlich seien müssen. Sollten übrigens Reisende den Originaltext in seinem Umfange und so zu sehen wünschen, wie er unter den Händen des Verfassers hervorgegangen ist, so bin ich bereit, ihnen Genüge zu leisten.
Was die näheren Lebensumstände des Verfassers betrifft, so wird sie der Leser auf den ersten Blättern des Buches finden.
Richard Sympson.
Brief des Kapitäns Gulliver an seinen Vetter Richard Sympson
Ich hoffe, Sie werden nicht anstehen, öffentlich zu bekennen, so oft sich Gelegenheit dazu bieten wird, daß nur ihre wiederholten, dringenden Bitten mich bestimmt haben, eine schlecht geschriebene und fehlerhafte Erzählung meiner Reisen veröffentlichen zu lassen, wobei ich Ihnen zugleich auftrug, einige junge Graduierte von der einen oder andern unserer Universitäten zu Hilfe zu nehmen, um die Materialien zu ordnen und den Styl zu verbessern, wie es auf meinen Rat mein Vetter Dampier mit seinem Buche: Reise um die Welt, gemacht hat. Aber wenn ich mich recht erinnere, habe ich Ihnen nicht gestattet, irgend etwas wegzulassen, und noch weniger, etwas hinzuzufügen. So muß ich in Beziehung auf den letzten Fall Alles ablehnen, was nicht von mir ist, namentlich einen Abschnitt über Ihre Majestät, die Königin Anna, frommen und ruhmwürdigen Andenkens. Obgleich ich sie mehr als alle übrigen ihres Geschlechts achtete und verehrte, hätten doch Sie oder derjenige Ihrer Mitarbeiter, der sich erlaubt hat, diesen Abschnitt einzuschalten, beachten sollen, einmal daß es nicht meine Gewohnheit ist, meines Gleichen zu schmeicheln, sodann daß es unschicklich gewesen wäre, ein Geschöpf meiner Gattung vor meinem Lehrer, dem Huyhnhnm, zu loben; noch mehr aber, die Tatsache ist völlig falsch, denn ich habe während eines großen Teils der Regierung Ihrer Majestät in England gelebt, und meines Wissens hat diese Fürstin stets durch einen Premierminister regiert, anfangs Lord Godolphin, nachher Lord Oxford, so daß sie mich etwas sagen ließen, was gar nicht der Fall war. Dann haben Sie in meiner Schilderung der Akademie der Projektenmacher und in einigen Stellen meiner Rede an meinen Lehrer, den Huyhnhmn, wesentliche Umstände hinweggelassen, oder Sie haben dieselben so verdünnt und verändert, daß es mir schwer war, mein eigenes Werk wieder zu erkennen. Wenn ich Ihnen in einem meiner Briefe einen ähnlichen Vorwurf gemacht habe, antworteten Sie mir, Sie fürchten die öffentliche Gewalt zu beleidigen, die in Beziehung auf die Presse stets wachsam und geneigt sei, Alles, was den Schein einer Anspielung (das ist glaube ich, der Ausdruck) habe, nicht bloß auszulegen, sondern auch zu strafen. Aber ich bitte Sie, wie kann das, was ich vor so vielen Jahren in einer Entfernung von fünftausend Stunden in einem ausländischen Königreiche gesagt habe, auf irgend einen der Yahus eine Anwendung finden, die jetzt, wie man sagt, unsere Herde beherrschen, zumal da ich meine Worte zu einer Zeit sprach, wo ich nicht fürchten konnte, mich je wieder einmal unter ihrer Herrschaft zu befinden? Habe ich nicht das größte Recht, mich zu grämen, wenn ich diese nämlichen Yahus von Huyhnhnms im Wagen fortgezogen sehe, wie wenn die letzten das Vieh und die ersteren vernünftige Geschöpfe wären? Wahrhaftig, besonders deßhalb habe ich mich hieher zurückgezogen, um diesem abscheulichen, verwerflichen Schauspiel zu entfliehen.
Dies ist es, was ich Ihnen in Beziehung auf Sie selbst und auf die Aufgabe, die ich Ihnen anvertraut habe, sagen zu müssen glaubte.
Für’s zweite muß ich mir den Vorwurf machen, daß ich so wenig Verstand gezeigt habe, indem ich den Bitten und falschen Gründen nachgab, die von Ihnen und einigen Andern angewendet wurden, um mich gegen meine Überzeugung dazu zu vermögen, meine Reisen veröffentlichen zu lassen. Wollen Sie sich doch gefälligst erinnern, wie oft ich Sie gebeten habe, als Sie den Beweggrund des öffentlichen Wohls vorbrachten, um über mein Widerstreben zu siegen, wie oft, sage ich, ich Sie gebeten habe, zu bedenken, daß die Yahus Tiere seien, die völlig unfähig sind, durch Lehre oder Beispiel sich zu bessern. Der Tatbestand hat diese Behauptung bestätigt; denn, anstatt daß mein Buch sie belehrt hätte, die Mißbräuche und das Verderbnis, wenigstens auf dieser kleinen Insel, abzustellen, wie ich hoffen durfte, sehen Sie, daß mein Buch, nachdem es jetzt sechs Monate lang veröffentlicht ist, nicht eine einzige der guten Wirkungen hervorgebracht hat, die ich hatte hervorbringen wollen. Ich hatte Sie gebeten, mich durch einen Brief zu benachrichtigen, sobald die Parteiunterschiede verwischt, die Richter aufgeklärt und unbestechlich, die Prozessierenden ehrlich, gemäßigt und nicht ganz vom Verstande entblößt; wo die Ebene von Smithfield vom Feuer erleuchtet seien würde, das die Pyramiden von juridischen Büchern verzehrte, und alle Ärzte verbannt; die Weibchen der Yahus reichlich mit Tugenden, Ehre, Aufrichtigkeit und Vernunft geschmückt, die Höfe und Audienzzimmer der Minister von ihrem Unrat gesäubert, das Verdienst und die Wissenschaft belohnt, und diejenigen, die in Prosa oder in Versen die Presse schänden, verurteilt würden, zur einzigen Nahrung ihr Papier, und zum einzigen Getränke ihre Dinte zu erhalten. Ich rechnete, nach Ihren Ermutigungen, auf diese Reformen und auf tausend andere, und wirklich waren sie in meinem Buche klar angedeutet; und man muß gestehen, daß sieben Monate wohl hinreichten, alle Laster und alle Schwächen zu verbessern, denen die Yahus unterworfen sind, wenn auch nur ein wenig Weisheit oder Tugend in ihrem Wesen Platz finden könnte. Aber weit entfernt meiner Erwartung zu entsprechen, brachte mir ein jeder Ihrer Boten mit Ihren Briefen eine ganze Ladung kleiner Schriften, Betrachtungen, zweiter Teile, in denen man mich anklagte, Staatsmänner zu verläumden, das menschliche Geschlecht herabzuwürdigen (denn sie haben noch die Unverschämtheit, sich diesen Namen beizulegen) und das weibliche Geschlecht zu beschimpfen. Ich erkannte bald, daß die Verfasser dieser Scharteken nicht einmal unter einander einig sind; denn die Einen wollten nicht zugeben, daß ich der Verfasser meiner Reisen sei, und die andern legten mir Schriften bei, denen ich gänzlich fremd bin.
Brief des Kapitäns Gulliver
Noch muß ich bemerken, daß Ihr Buchdrucker mit dem Datum einiger meiner Reisen und der Zeiten meiner Rückkehr sehr ungenau verfahren ist, und weder das Jahr, noch den Monat des Jahres, noch den Tag des Monats pünktlich angegeben hat; und da ich habe sagen hören, das Originalmanuskript sei nach der Veröffentlichung meines Werkes vernichtet worden, und ich keine Abschrift davon habe, so sende ich Ihnen hier einige Berichtigungen, die Sie bei einer zweiten Ausgabe einschalten können; doch stehe ich nicht dafür ein, und ich überlasse den verständigen und redlichen Lesern die Sorge, sich die Sachen so zu denken, wie sie seien sollten.
Man hat mir gesagt, unsere Yahu’schen Seeleute finden meine Seesprache an gewissen Stellen veraltet. Dieser Übelstand war unvermeidlich. Auf meiner ersten Reise, wo ich noch sehr jung war, wurde ich