Gesammelte Werke von Nikolai Gogol. Nikolai Gogol

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Gesammelte Werke von Nikolai Gogol - Nikolai Gogol

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seine vier Beine schreiben einen einzigen geraden Strich in der Luft, sein Körper liegt ganz auf der Seite, Schnee wirbelt um ihn auf, wohl zehnmal schießt er in der Hitze des Laufes weit über den gejagten Hasen hinaus.

      Der alte Taraß zügelte seinen Gaul und sah ingrimmig zu, wie Andri sich eine Gasse bahnte, wie er die Kosaken vor sich hertrieb und Hiebe austeilte nach rechts und links. Da packte den Hetman heißer Zorn; er schrie: »Was fällt dir ein! Die eignen Brüder …? Die eignen Brüder mordet der Lumpenhund?«

      Andri fragte nichts darnach, ob vor ihm seine eignen Brüder oder feindliche Fremde wären; er sah und hörte nichts. Er sah nur Locken, Locken, herrliche lange Locken, eine schwanenweiße Brust, einen schneeigen Hals, schneeige Schultern, den ganzen schönen Leib, den er mit wilden Küssen zu bedecken gierig war.

      »He, Burschen«, rief Taraß, »lockt den da in den Wald, lockt ihn mir in den Wald!«

      Sogleich machten sich dreißig der flinksten Kosaken daran, Andri in den Wald zu locken. Sie drückten ihre hohen Mützen fester auf die Köpfe und sprengten von der Flanke her mitten durch das Geschwader der Husaren. Sie fielen den vordern Reihen in den Rücken, brachten sie in Verwirrung, schnitten sie von den andern ab und hieben manchen aus dem Sattel. Golokopytenko aber zog Andri eins mit der flachen Klinge über die Schulterblätter, und dann rissen die Kosaken auf einmal alle aus, was ihre Pferde laufen wollten. Wie es Andri da herumriß! Wie ihm das junge Blut in allen Adern kochte! Er stieß dem Gaul die scharfen Sporen in die Weichen und sprengte wütend hinter den Kosaken drein, ohne sich umzuschauen, ohne zu sehen, daß nicht mehr als zwanzig Mann von den Husaren ihm zu folgen vermochten. Die Kosaken aber hielten in voller Karriere gerade auf den Wald zu. Fast hatte Andri Golokopytenko schon eingeholt, da fiel ihm eine mächtige Faust jäh in die Zügel. Andri sah auf: Taraß stand vor ihm! Der Jüngling erzitterte am ganzen Leib und wurde totenbleich. So geht es dem Knaben in der Schule, der einen Kameraden dreist geneckt hat und als Rache von diesem eins mit dem Lineal auf den Kopf bekommt. Er lodert wild wie Feuer empor, springt wütend aus der Bank heraus und jagt hinter dem erschrocknen Kameraden her, als wollte er ihn gleich in Stücke reißen. Da aber rennt er gegen den Lehrer an, der in das Klassenzimmer tritt, und plötzlich bricht sein Wutanfall in sich zusammen.

      So war auch Andris Zorn plötzlich verraucht. Er sah nur noch das furchtbare Gesicht des Vaters.

      »Nun? Was tun wir jetzt mit dir?« sagte Taraß und schaute ihm gerade in die Augen.

      Andri fand keine Antwort und saß gesenkten Blicks im Sattel.

      »Jetzt, Bursche, hilft dir keiner mehr von deinen Freunden, den Polacken!«

      Andri blieb stumm.

      »Verräter du! Verräter am Glauben! Verräter an den Kameraden! Marsch, herunter mit dir vom Gaul!«

      Gehorsam wie ein kleiner Junge, saß Andri ab und stand, nicht lebend und nicht tot, vor seinem Vater.

      »Stillgehalten und nicht gemuckst! Ich hab dich gemacht, ich mach dich jetzt auch kalt!« sagte Taraß, trat einen Schritt zurück und riß die Büchse von der Schulter. Bleich wie ein Laken war der arme Andri; leise, leise regten sich seine Lippen und murmelten einen Namen. Doch war es nicht der Name des Vaterlandes und nicht der Name seiner Brüder – es war der Name der schönen Polenmaid.

      Taraß drückte ab.

      Wie eine Weizenähre vor dem Sichelhieb, wie ein Lamm, das den Stich des Schlächtermessers im Herzen fühlt, senkte Andri das Haupt und fiel ins Gras, ohne ein Wort zu sagen.

      Der Sohnesmörder stand und wendete lange kein Auge von dem entseelten Leichnam. Andri war auch im Tode schön. Sein männisches Gesicht, vor einer Stunde leuchtend von Kraft und unbesieglicher Leidenschaft für das Weib, bewahrte in der letzten Versteinerung den frischen Reiz der Jugend. Der schwarze Trauersamt der Brauen ließ die erblichnen Züge noch schneeiger scheinen.

      »Was fehlte dir denn zum Kosaken?« sagte Taraß. »Hoch warst du von Wuchs und hattest schwarze Brauen und ein adliges Gesicht; stark war die Faust zum Kampf! Warum mußtest du so verrecken, ruhmlos verrecken wie ein schlechter Hund?«

      Ostap kam im Galopp geritten.

      »Vater, was hast du getan? Bist du es, der ihn erschossen hat?« fragte er.

      Taraß nickte.

      Ostap schaute dem Toten lange in die Augen. Ihn dauerte der Bruder, und er sprach:

      »Vater, geben wir ihm ein ehrliches Begräbnis, daß seinen Leichnam nicht die Feinde schänden, daß ihn die Raben nicht zerreißen!«

      »Der wird auch ohne uns begraben!« sagte Taraß. »An Klageweibern wird es dem nicht fehlen!«

      Ein Weilchen überlegte er dann, ob er Andri den räuberischen Wölfen zum Fraße liegen lassen oder ob er in ihm den Rittermut ehren solle, dem der Tapfre bei jedem Feinde Achtung zollt, und sei es, wer es sei – da sieht er Golokopytenko hergesprengt kommen.

      »Schlecht steht es, Hetman! Die Polen haben Zuzug erhalten. Frische Kräfte sind angerückt!«

      Golokopytenko hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da kommt Wowtusenko gesprengt.

      »Schlecht steht es, Hetman! Schon wieder rückt ein neuer Haufe an!«

      Wowtusenko hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da kommt der letzte der drei Pißarenko zu Fuße angerannt, weil er kein Pferd mehr hat.

      »Wo steckst du, Alter? Die Kosaken rufen nach dir. Gefallen ist der Oberst Newylytschki, Sadoroschni ist tot, Tscherewitschenko ist tot. Aber noch halten die Kosaken stand, sie wollen dir ins Auge sehn, bevor sie sterben, sie wollen, daß dein Auge sie vor ihrer Todesstunde noch einmal sieht.«

      »Aufgesessen, Ostap!« sagte Taraß und eilte, die Kosaken noch lebend zu treffen, sie noch einmal zu sehn, ihnen vor der Todesstunde noch einmal das Auge des Hetmans zu zeigen. Aber sie kamen nicht mehr aus dem Wald. Schon waren sie umzingelt, ringsum zwischen den Bäumen erschienen feindliche Reiter mit Speer und Schwert.

      »Ostap, Ostap, ergib dich nicht!« schrie Taraß, zog blank und bediente, was ihm in den Weg kam, mit kräftigen Hieben nach rechts und links, über Ostap aber fielen gleich sechs auf einmal her; doch hatten sie sich keine gute Stunde dazu gewählt: dem ersten flog der Kopf herunter, der zweite machte kehrt und zahlte Fersengeld, dem dritten fuhr die Lanze zwischen die Rippen, der vierte war der keckste, er wich mit dem Kopf der heißen Kugel aus, aber da fuhr sie seinem Gaul in die Brust – der Rappe bäumte sich wild auf, krachte zu Boden und erdrückte den Reiter unter sich.

      »Brav so, mein Sohn! Recht so, Ostap!« schrie Taraß. »Nur zu. Ich folge dir.«

      Taraß schlägt sich selber wacker mit den Angreifern. Er haut gewaltig um sich und drischt so manchem den letzten Segen über den Schädel. Dabei schaut er aber immer nach Ostap und sieht, daß jetzt wieder gleich acht auf einmal über den her sind.

      »Ostap, Ostap! Ergib dich nicht!« Doch schon ist der junge Oberst bezwungen. Einer hat ihm die Schlinge ums Genick geworfen. Sie binden ihn. Er ist gefangen.

      »He, Ostap, Ostap!« schreit Taraß und bricht sich Bahn zu ihm und haut in Stücke, was ihm in den Weg kommt. »He, Ostap, Ostap!«

      Doch in dem Augenblick trifft es Taraß selber – wie einen schweren Steinwurf fühlt er es. Alles dreht sich und kreist vor seinem Blick. Flüchtig

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