Gesammelte Werke von Nikolai Gogol. Nikolai Gogol

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Gesammelte Werke von Nikolai Gogol - Nikolai Gogol

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vor einem schmutzigen Häuschen halt, dessen kleine Fenster man kaum erkennen konnte vor lauter Dreck. Der Schornstein war mit einem Lappen verstopft, auf dem löcherigen Dach wimmelte es von Spatzen. Vor der Tür lag ein großer Unrathaufe. Zum Fenster heraus schaute der Kopf einer Jüdin in einer Haube, die mit schwarzgewordnen echten Perlen besetzt war.

      Bulba stieg vom Gaul und schlang den Zügel durch den eisernen Ring neben der Tür. »Der Jude zu Hause?« fragte er.

      »Worüm soll er nix sein ßu Hause?« sagte die Jüdin und trat eilends mit einer Metze Weizen für den Gaul und einem Becher Bier für den Ritter über die Schwelle.

      »Wo steckt er denn, dein Jude?«

      »Im hintern Zimmer, er betet!« flüsterte die Schickse. Und als Bulba den Becher zum Mund hob, verneigte sie sich tief und wünschte ihm, daß ihm der Trunk recht wohl bekommen möge.

      »Du bleibst hier draußen und läßt den Gaul fressen und saufen. Ich geh hinein. Ich hab mit ihm allein zu reden. Geschäfte …«

      Dieser Jude war niemand andres als der uns wohlbekannte Jankel. Er hatte sich mittlerweile zum Pächter und Schankwirt emporgegaunert. Hübsch unvermerkt bekam er einen nach dem andern von den benachbarten Junkern und Gutsherrn in die Klauen, hübsch unvermerkt preßte er ihnen langsam aber sicher ihr Geld ab. Der jüdische Halunke wirkte verderblich auf die ganze Gegend. Drei Meilen weit im Umkreis blieb auch nicht eine Hütte in der alten Ordnung, alles geriet ins Wanken und wurde morsch, die Trunksucht griff um sich, Armut und Verlumpung folgten ihr auf dem Fuß – keine gewaltige Feuersbrunst, keine tödliche Seuche hätte mehr Elend über den Bezirk bringen können. Wäre Jankel noch zehn Jahre am Ort geblieben, er hätte die ganze Provinz zugrunde gerichtet.

      Taraß trat in die Stube. Jankel hatte sich einen schmierigen Gebetmantel über die Schultern geworfen und betete. Er wendete sich grade, nach den Vorschriften seines Glaubens zum letzten Mal hinter sich zu spucken, da sah er unerwartet Bulba im Zimmer stehen. Das erste, was dem Juden einfiel, waren natürlich die zweitausend Dukaten, die dem winkten, der seinen Gast der polnischen Regierung in die Hände spielte. Doch schämte er sich dann dieser häßlichen Regung und suchte mit aller Macht die ewige Geldgier zu bezwingen, die an der Seele des Judenvolkes frißt wie am Apfel der Wurm. Er sprang auf, machte einen Bückling vor Bulba und verschloß ängstlich die Tür, damit kein unerwünschter Zeuge sie zusammen anträfe.

      »Hör einmal zu, Jankel!« sagte Taraß. »Ich hab dir dein Leben gerettet; denn die Kosaken hätten dich in Stücke gerissen wie einen Hund. Jetzt ist die Reihe an dir: du mußt mir einen Dienst tun!«

      Jankels Gesicht wurde zusehends länger.

      »Was soll es sein fer ä Dienst? Wenn es ä Dienst is, was liegt in meiner Macht – nu–u, worum ni–ich?«

      »Sag gar nichts! Bring mich nach Warschau!«

      »Warschau! Wie haißt: Warschau?« fragte der Jude. Seine Brauen und Schultern hoben sich vor Verwunderung.

      »Erzähl mir gar nichts! Führ mich nach Warschau! Soll mir geschehen, was will: ich muß ihn noch einmal sehn, noch einmal sprechen, und wenn es nur auf ein Wort ist!«

      »Sprechen? Mit we–em?«

      »Mit ihm: Ostap, meinem Sohn.«

      »Ja, is es dem Herrn nix bekennt, daß die …«

      »Ich weiß schon, alles weiß ich: sie zahlen zweitausend Dukaten für meinen Kopf. Die Esel haben eine Ahnung, was dieser Kopf hier wert ist! Ich geb dir fünftausend. Da hast du für den Anfang gleich zweitausend; den Rest kriegst du, wenn ich zurück bin.« Bulba schüttete zweitausend Dukaten aus seiner Lederkatze.

      Der Jude griff hastig nach einem Tuch und deckte es über das Geld.

      »Gott der Gerechte! Ä so ä feines Geld, ä so ä schönes Geld!« rief er, nahm einen der Dukaten, rieb ihn zärtlich zwischen den Fingern und probte ihn mit den Zähnen. »Mer kann bloß leid tun der Mensch, dem was der Herr hat weggenommen de goldnen Dukaten. Sicher hat er nix mehr gelebt ä einzigste Stund, sicher is er gegangen ins Wasser und hat sich versäuft vor Schmerz um seine guten Dukaten.«

      »Ich würde dich nicht darum bitten …« sagte Taraß. »Den Weg nach Warschau fänd ich ohne dich. Ich fürchte bloß, daß mich die verdammten Polacken erkennen; dann wär ich geliefert, weil ich in Pfiffen und Kniffen kein so besondrer Held bin. Ihr Juden aber seid vom lieben Herrgott ja eigens dafür in die Welt gesetzt. Ihr redet dem Teufel selbst ein Ohr ab und versteht euch auf jeden Schwindel. Darum komm ich zu dir! Und auch in Warschau würd ich allein sicher gar nichts erreichen. Schnell also, spann ein und bring mich hin!«

      »Gott soll mich strafen! Glaubt denn der Herr, das geht so mir nix, dir nix: ich zieh gemütlich den Gaul aus dem Stall und spann ein und brauch dann bloß noch sagen: ›Hüh?‹ Glaubt denn der Herr, ich kann ganz einfach fahren mit ihm, daß ä jeder es sieht? Das erste ist doch: ßu verstecken den Herrn.«

      »Na, dann versteck mich! Tu, was du willst! Steck mich ganz einfach in ein Pulverfaß!«

      »O waih geschrien! Was glaubt der Herr? Ich hör immer: ä Faß! Muß denn da nix ä jeder denken, es is Branntwein drinnen im Faß?«

      »Dann denkt ers eben!«

      »Wie haißt! Denken soll er, daß Branntwein drin is?« rief der Jude, riß sich verzweifelt an seinen Peißes und schlug dann die Hände über dem Kopf zusammen.

      »Na, reg dich nicht auf!« brummte Taraß.

      »Ja, weiß denn der Herr nix, daß der liebe Gott hat geschaffen den Branntwein, damit ihn ä jeder möcht gerne probieren? Und die vernaschten Polacken, die gehn drauf als wie de Fliegen auf Zucker. Ä ganze Stund weit läuft ä so ä hungriger Junker hinter dem Faß her und bohrt sich, wie ich ihn kenn, in den Boden hinein heimlich ä kleines Loch. Und dann merkt er doch gleich: es lauft nix raus: Was wird er sagen? ›Der Jüd‹, wird er sagen, ›hat ja kä Pulver drinnen im Faß; dahinter steckt eppes was andres‹. Und was werd dann sein? Der Jüd werd gepackt, der Jüd kriegt gebunden de Händ auf den Rücken, der Jüd kriegt genommen sein Geld, der Jüd werd geworfen ins Kittchen. Denn alles, was es gibt Böses auf der Welt – der Jüd is dran schuld; der Jüd werd angeschaut als ä Hund und nix als ä Mensch, bloß weil er geboren is als ä Jüd!«

      »Na, dann versteck mich in einer Last Fische!«

      »Es geht nix, Herr! Gott soll mich strafen, das geht erst recht nix! An Polen sind heutßutag de Leut verhungert als wie de Wölfe: se stehlen mir meine Fisch und grabbeln mit de langen Finger bis auf den Grund und erwischen den Herrn.«

      »Versteck mich meinetwegen in einem Fuder Teufel – nur bring mich nach Warschau!«

      »Herr Ritter, jetzt horcht ämal gut ßu, was ich Euch will verzählen!« sprach der Jude, schob seine Ärmelaufschläge zurück und näherte sich Bulba mit beschwörend ausgebreiteten Armen. »Ich weiß schon, wie mer es können machen. Im ganzen Land werd doch jetzt nix wie gebaut, lauter feste Schlösser und neue Mauern um alle Städte. Massenweis haben se sich lassen kommen französische Baumeister aus Deutschland. De Straßen sind voll von Fuhren mit Ziegel und andre Stein. Soll sich der Herr hineinlegen unten im Wagen, und ich leg von oben auf ihn drauf Ziegelstein. – Der Herr ist blühend und stark – ä bissel schwer wird es sein, aber er hält es schon aus. Und unten im Wagen mach ich ä Loch, wodurch ich kann geben dem Herrn ßu essen eppes ä Kleinigkeit.«

      »Tu,

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