Gesammelte Werke von Nikolai Gogol. Nikolai Gogol
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke von Nikolai Gogol - Nikolai Gogol страница 51
Kaum hatte er das getan, als ein anderer Saporoger sagte: »Nehmen wir ihn doch mit, Brüder!«
»Gut, nehmen wir ihn mit!« sagten die anderen.
»Zieh die gleichen Kleider an, wie wir sie tragen.«
Der Schmied beeilte sich, einen grünen Kaftan anzuziehen, als die Tür plötzlich aufging und ein Mann mit Tressen meldete, daß es Zeit sei, zu fahren.
Es kam dem Schmied so wunderlich vor, als er in einer riesigen Kutsche dahinfuhr, die sich auf den Federn wiegte, als zu beiden Seiten die vierstöckigen Häuser zurückliefen und das Pflaster dröhnend wie von selbst unter die Hufe der Pferde zu rollen schien.
– Mein Gott, welch ein Licht! –, dachte der Schmied. – Bei uns ist es nicht mal am Tage so hell. –
Die Kutschen hielten vor dem Schlosse. Die Saporoger stiegen aus, traten in einen prächtigen Flur und gingen eine glänzend erleuchtete Treppe hinauf. »Was ist das für eine Treppe!« flüsterte der Schmied vor sich hin. »Es ist wirklich schade, sie mit Füßen zu treten. Diese Verzierungen! Man sagt, daß die Märchen lügen! Zum Teufel, sie lügen gar nicht! Mein Gott! Dieses Geländer! Was für eine Arbeit! Das Eisen allein hat wohl an die fünfzig Rubel gekostet!«
Die Saporoger stiegen die Treppe hinauf und durchschritten den ersten Saal. Scheu folgte ihnen der Schmied, der bei jedem Schritt fürchtete, auf dem Parkett auszugleiten. Sie durchschritten drei Säle, und der Schmied kam noch immer nicht aus dem Staunen heraus. Als sie in den vierten Saal kamen, ging er unwillkürlich auf ein Bild zu, das an der Wand hing. Es war die Heilige Jungfrau mit dem Kinde auf dem Arm.
»Was für ein Bild! Was für eine herrliche Malerei!« sagte er. »Man glaubt, sie wolle sprechen! Sie lebt förmlich! Und das Heilige Kind! Es faltet die Händchen und lächelt, das Arme! Und die Farben! Mein Gott, diese Farben! Ich meine, man hat hier auch nicht für eine Kopeke Ocker gebraucht, es ist lauter Karmin und Kupfergrün. Und das Blau leuchtet einfach! Eine herrliche Arbeit. Der Grund ist wohl mit dem teuersten Bleiweiß angelegt. Wie wunderbar diese Malerei auch ist, aber dieser Messinggriff«, fuhr er fort, an die Tür tretend und das Schloß betastend, »dieser Messinggriff ist noch mehr der Bewunderung wert. Diese saubere Arbeit! Ich denke, das haben alles deutsche Schmiede für viel Geld gemacht…«
Vielleicht hätte der Schmied noch viele Betrachtungen angestellt, wenn ihn nicht ein betreßter Lakai an den Arm gestoßen und ermahnt hätte, daß er nicht hinter den anderen zurückbleiben solle.
Die Saporoger durchschritten noch zwei Säle und blieben stehen. Hier wurden sie angewiesen, zu warten. Im Saale drängten sich mehrere Generäle in goldgestickten Uniformen. Die Saporoger verbeugten sich nach allen Seiten und stellten sich in einer Gruppe auf.
Eine Weile später trat in den Saal, von einem ganzen Gefolge begleitet, ein ziemlich stämmiger Mann von majestätischem Wuchs, in Hetmanuniform und in gelben Stiefeln. Seine Haare waren zerzaust, das eine Auge schielte etwas, das Gesicht drückte Hochmut und Erhabenheit aus, und alle Bewegungen zeugten von der Gewohnheit, zu befehlen. Alle Generäle, die bis dahin recht stolz in ihren goldenen Uniformen herumgegangen waren, gerieten in Unruhe und begannen unter tiefen Verbeugungen jedes seiner Worte, selbst seine leiseste Bewegung gleichsam aufzufangen. Aber der Hetman schenkte dem allen gar keine Beachtung, nickte kaum mit dem Kopfe und ging auf die Saporoger zu.
Die Saporoger verneigten sich vor ihm bis zur Erde.
»Seid ihr alle hier?« fragte er gedehnt und ein wenig durch die Nase.
»Ja, alle, Väterchen!« antworteten die Saporoger und verbeugten sich wieder.
»Vergeßt nicht, so zu reden, wie ich es euch gelehrt habe!«
»Nein, Väterchen, wir vergessen es nicht.«
»Ist das der Zar?« fragte der Schmied einen der Saporoger.
»Ach was, Zar! Es ist Potjomkin«, antwortete jener.
Im Nebenzimmer ließen sich Stimmen vernehmen, und der Schmied wußte nicht, wohin er seine Augen wenden sollte: eine solche Menge von Damen in Atlaskleidern mit langen Schleppen und von Höflingen in goldgestickten Röcken mit Zöpfen im Nacken trat in den Saal. Er sah nur ein Leuchten und weiter nichts.
Die Saporoger fielen plötzlich sämtlich zu Boden und schrien wie aus einem Munde: »Gnade, Mutter, Gnade!« Der Schmied, der nichts mehr sah, streckte sich gleich den anderen eifrig auf dem Boden aus.
»Steht auf!« erklang über ihnen eine gebieterische, aber zugleich angenehme Stimme. Einige Höflinge taten sehr geschäftig und stießen die Saporoger an.
»Wir stehen nicht auf, Mutter! – Wir stehen nicht auf! Wir sterben lieber, aber wir stehen nicht auf!« riefen die Saporoger.
Potjomkin biß sich auf die Lippen. Schließlich trat er selbst zu ihnen und flüsterte dem einen Saporoger gebieterisch etwas zu. Die Saporoger erhoben sich.
Nun wagte es auch der Schmied, den Kopf zu heben, und er erblickte eine nicht sehr große, sogar etwas beleibte Frau mit gepudertem Haar, blauen Augen und mit jener majestätisch lächelnden Miene, die es so gut verstand, sich alles Untertan zu machen, und die nur einer Herrscherin angehören konnte.
»Seine Durchlaucht hat mir versprochen, mich heute mit einem meiner Völker bekannt zu machen, das ich bisher noch nicht gesehen habe«, sagte die Dame mit den blauen Augen, indem sie die Saporoger neugierig musterte. »Seid ihr hier gut untergebracht?« fuhr sie fort und trat näher.
»Danke, Mutter! Der Proviant ist gut, obwohl die Hammel hier lange nicht so sind wie bei uns daheim – weshalb sollten wir nicht irgendwie leben können? …«
Potjomkin verzog das Gesicht, als er merkte, daß die Saporoger etwas ganz anderes sagten, als was er sie gelehrt hatte …
Einer der Saporoger trat nun mit stolzer Miene vor: »Wir bitten dich, Mutter! Womit hat dich dein treues Volk erzürnt? Haben wir es denn mit den heidnischen Tataren gehalten? Haben wir je Hand in Hand mit den Türken gehandelt? Haben wir dir mit einer Tat oder mit einem Gedanken die Treue gebrochen? Warum diese Ungnade? Erst hörten wir, daß du überall Festungen gegen uns bauen läßt; dann hörten wir, daß du aus uns Karabinerschützen machen lassen willst; jetzt hören wir von neuen Strafen. Was hat das Heer der Saporoger verbrochen? Vielleicht, daß es deine Armee über den Perekop geführt und deinen Generälen geholfen hat, die Tataren der Krim niederzumetzeln? …«
Potjomkin schwieg und putzte mit einem kleinen Bürstchen lässig die Brillanten, mit denen seine Finger besät waren.
»Was wollt ihr also?« fragte Katharina besorgt.
Die Saporoger sahen einander bedeutungsvoll an.
– Jetzt ist’s Zeit! Die Zarin fragt, was wir wollen! – sagte der Schmied zu sich selbst und stürzte plötzlich zu ihren Füßen nieder.
»Eure zarische Majestät, laßt mich nicht strafen, erweist mir Eure Gnade! Woraus, nehmt es mir nicht übel, sind die Schuhe gemacht, die Eure zarische Gnaden an den Füßen haben? Ich glaube, kein Schuster in keinem Lande der Welt versteht solche Schuhe zu machen. Mein Gott, wenn meine Frau solche Schuhe anziehen könnte!«
Die Kaiserin lachte. Auch die Höflinge