Sherlock Holmes: 40+ Krimis in einem Buch. Arthur Conan Doyle

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Sherlock Holmes: 40+ Krimis in einem Buch - Arthur Conan Doyle

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das für ein Schatz?‹ fragte ich; ›ich habe ganz und gar nichts dawider, reich zu werden, sagt mir nur, wie’s geschehen kann?‹

      »›So wollt Ihr schwören bei den Gebeinen Eures Vaters, bei der Ehre Eurer Mutter, bei dem Kreuz Eures Glaubens, gegen uns keine Hand zu erheben und kein Wort zu verraten, weder jetzt noch später?‹

      »›Das will ich schwören,‹ versetzte ich, ›wenn ihr nichts gegen die Festung vorhabt.‹

      »›Dann schwören wir, ich und mein Kamerad, daß Ihr den vierten Teil des Schatzes haben sollt, der gleichmäßig unter uns Vier verteilt werden wird.‹

      »›Wir sind ja nur drei,‹ warf ich ein.

      »›Dost Akbar muß auch seinen Anteil haben. Wir können Euch die Geschichte erzählen, während wir hier warten. – Stell’ du dich ans Thor, Mahomet Singh, und gieb uns ein Zeichen, wenn sie kommen! – Ich weiß, daß ein Schwur den Fremden bindet und wir uns auf Euch verlassen können, Sahib. Währet Ihr ein verlogener Hindu, so hättet Ihr bei allen Göttern in ihren falschen Tempeln schwören können, Euer Blut wäre doch auf dem Messer und Euer Leib im Graben gewesen. Aber der Sikh kennt den Engländer und der Engländer kennt den Sikh. So hört denn, was ich Euch zu sagen habe: In den nördlichen Provinzen lebt ein Rajah, der große Reichtümer besitzt, obgleich sein Land nur klein ist. Viel ist von seinem Vater auf ihn gekommen, und mehr noch hat er selbst zusammengebracht; denn er ist von gemeiner Natur, und häuft sein Gold auf, statt es zu gebrauchen. Als die Unruhen ausbrachen, wollte er mit dem Löwen Freund sein und mit dem Tiger – mit dem Sepoy und mit dem Engländer. Bald schien es ihm jedoch, daß es mit dem weißen Manne zu Ende gehe, denn man hörte im ganzen Land nur von der Niederlage und dem Tode der Europäer. Der Nasah aber war vorsichtig; er machte seine Pläne so, daß ihm, was auch immer kommen mochte, wenigstens die Hälfte von seinen Reichtümern bleiben mußte. Alles Gold und Silber behielt er in den Gewölben seines Palastes; aber die kostbarsten Steine und seltensten Perlen, die er hatte, that er in einen eisernen Kasten, den er einem vertrauten Diener übergab. Dieser soll nun, als Kaufmann verkleidet, den Schatz nach der Festung von Agra bringen, um ihn dort zu verwahren, bis wieder Ruhe im Lande ist. Siegen dann die Rebellen, so behält er sein Gold; bekommen die Engländer die Oberhand, so hat er seine Juwelen gerettet. Nachdem er so seine Schätze geteilt hatte, trat er der Sache der Sepoys bei, weil sie an seinen Grenzen stark waren. Dadurch aber, das seht Ihr wohl ein, Sahib, wurde seine Habe das rechtmäßige Eigentum derjenigen, die ihrer Fahne treu geblieben sind.‹

      »›Jener angebliche Kaufmann, der unter dem Namen Achmet reist, befindet sich nun in der Stadt Agra und wünscht in die Festung zu gelangen. Er hat meinen Stiefbruder Dost Akbar, der sein Geheimnis kennt, als Reisegefährten bei sich. Dost Akbar hat versprochen, ihn diese Nacht nach einem Seitenthor der Festung zu führen und hat das unsrige für seinen Zweck ausgewählt. Hier werden Mahomet Singh und ich ihn erwarten. Der Platz ist einsam und niemand weiß von seinem Kommen. Die Welt wird nichts mehr von dem Kaufmann Achmet hören, aber der große Schatz des Rajah wird unter uns geteilt. Was sagt Ihr dazu, Sahib?‹

      »In Worcestershire gilt das Leben eines Menschen für heilig und unantastbar; aber man sieht die Sachen ganz anders an, wenn ringsum Feuer und Mord wütet und man’s gewohnt worden ist, dem Tode an allen Ecken zu begegnen. Ob Achmet, der Kaufmann, lebte oder starb, fiel für mich gar nicht ins Gewicht; während Abdullah sprach, hatte sich mein Herz dem Schatz zugewandt und ich dachte, was ich wohl in der alten Heimat damit thun könnte, und wie meine Leute staunen würden, wenn ihr Thunichtgut mit den Taschen voll Goldstücken wiederkäme.

      »Ich war daher schon mit mir eins; der Sikh aber, dem es scheinen mochte, als könnte ich nicht zum Entschluß kommen, drang immer mehr in mich.

      »›Bedenkt, Sahib,‹ sagte er, ›wenn dieser Mann dem Kommandanten in die Hände fallt, wird er gehängt oder erschossen und die Regierung steckt seine Juwelen ein, so daß kein Mensch dadurch nur um eine Rupie reicher wird. Nun, wenn wir ihn greifen, warum sollten wir nicht das Weitere besorgen? Die Juwelen sind bei uns ebensogut aufgehoben, als in den Koffern der Regierung. Der Schatz ist groß genug, um uns alle zu reichen Herren und Häuptlingen zu machen. Niemand kann etwas von der Sache erfahren, denn wir sind hier von der ganzen Welt abgeschlossen; alles steht so günstig wie möglich für unsern Zweck. – Darum heraus mit der Sprache, Sahib, wollt Ihr mitthun, oder müssen wir Euch als unsern Feind ansehen?‹

      »›Ich bin euer, mit Leib und Seele,‹ sagte ich.

      »›Das ist gut,‹ rief er, und gab mir mein Gewehr zurück. ›Ihr seht, daß wir Euch trauen; Ihr werdet Euer Wort halten, und wir brechen das unsrige nicht. Jetzt brauchen wir nur noch auf meinen Bruder und den Kaufmann zu warten.‹

      »›Weiß denn Euer Bruder, was Ihr thun wollt?‹ fragte ich.

      »›Der ganze Plan stammt von ihm; er hat ihn ausgedacht. Jetzt wollen wir ans Thor gehen und mit Mahomet Singh die Wache teilen.‹

      »Der Regen strömte herab, denn wir waren gerade im Anfang der nassen Jahreszeit. Schwarze, schwere Wolken bedeckten den Himmel, und es war nicht leicht, auch nur einen Steinwurf weit zu sehen. Dicht vor unseren Thor befand sich ein tiefer Graben, dessen Wasser jedoch an verschiedenen Stellen fast eingetrocknet war, so daß man leicht hinüberkommen konnte. Mir war recht sonderbar zu Mute, während ich mit den beiden wilden Sikhs dastand und auf den Mann wartete, der seinem Tode entgegen ging.

      »Plötzlich sah ich jenseits des Festungsgrabens eine Blendlaterne. Sie verschwand zwischen den Erdhügeln und erschien dann wieder, sich langsam auf uns zu bewegend.

      »›Da sind sie,‹ rief ich.

      »›Ruft ihn an, Sahib, wie gewöhnlich,‹ flüsterte Abdullah; ›gebt ihm keine Ursache zur Furcht. Schickt uns mit ihm hinein; wir thun das übrige, während ihr hier Wache steht. Haltet die Laterne bereit, damit wir sicher sein können, daß es der rechte Mann ist.‹

      »Das Licht drüben hatte sich flimmernd genähert, bald anhaltend, bald vorwärts schreitend, bis ich zwei dunkle Gestalten am andern Ufer erkennen konnte. Ich ließ sie den abschüssigen Rand des Grabens herunterklettern, durch den Schlamm waten und halb nach dem Thor aufklimmen, ehe ich sie anrief.

      »›Wer da,‹ rief ich mit gedämpfter Stimme.

      »›Gut Freunds kam die Antwort. Ich deckte meine Laterne auf; ein greller Lichtstrahl ergoß sich über sie. Der erste war ein riesengroßer Sikh, mit einem schwarzen Bart, der ihm beinahe bis zur Leibbinde hinunterhing. Der andere, ein kleiner, fetter, runder Kerl, der einen gelben Turban trug und ein Bündel im Arm, das in ein Tuch gewickelt war. Er schien vor Angst am ganzen Körper zu zittern; seine Hände zuckten, als hätte er das Fieber, und er drehte den Kopf mit den zwei kleinen, glitzernden Augen bald rechts, bald links, wie eine Maus, wenn sie sich aus ihrem Loch wagt. Es überlief mich kalt bei dem Gedanken, daß er getötet werden sollte, aber ich erinnerte mich an den Schatz und mein Herz wurde hart wie ein Fels. Als er mein weißes Gericht sah, stieß er einen Freudenschrei aus und rannte auf mich zu.

      »›Beschützt mich, Sahib,‹ keuchte er. ›Gewährt dem unglücklichen Kaufmann Achmet Euren Schutz. Ich bin durch viele Provinzen gereist, um in der Festung Agra Sicherheit zu suchen. Man hat mich beraubt, geschlagen und beschimpft, weil ich ein Freund der Ostindischen Kompagnie gewesen bin. Gesegnet sei diese Nacht, die mir Schutz und Rettung bringt – mir und meinem armen Besitztum.‹

      »›Was tragt Ihr in dem Bündel?‹ fragte ich.

      »›Einen eisernen Kasten,‹ antwortete er, ›der ein paar kleine Familienstücke enthält; für andere haben sie keinen Wert, aber mir würde es leid sein, sie zu verlieren. Uebrigens bin ich kein Bettler; ich kann Euch belohnen,

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