Sherlock Holmes: 40+ Krimis in einem Buch. Arthur Conan Doyle

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Sherlock Holmes: 40+ Krimis in einem Buch - Arthur Conan Doyle

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wagte nicht, länger mit dem Mann zu sprechen. Je mehr ich sein geängstigtes Gesicht ansah, um so schwerer schien mir’s, ihn mit kaltem Blut umzubringen. Es war am besten, schnell ein Ende zu machen.

      »›Bringt ihn auf die Hauptwache,‹ befahl ich. Die beiden Sikhs traten rechts und links neben ihn, der Riese schritt hinter ihm drein, so marschierten sie durch den dunkeln Thorweg. Es war wohl nie ein Mensch so dicht vom Tode umgeben. Ich blieb mit der Laterne am Thor und lauschte dem gleichmäßigen Hallen ihrer Schritte durch die einsamen Gange. Plötzlich hörte ich dies Geräusch nicht mehr, statt dessen vernahm ich Stimmen, ein Handgemenge und den Schall schwerer Schläge. Im nächsten Augenblick kamen zu meinem Entsetzen eilige Fußtritte nach meiner Richtung zu, und ich hörte ein lautes Aechzen und Keuchen. Rasch drehte ich die Laterne nach dem langen Durchgang hin, und da kam auch schon der dicke Mann gerannt wie der Wind, eine blutige Schmarre quer über das Gesicht. Dicht hinter ihm aber, mit dem Sprung eines Tigers, folgte der große, schwarzbärtige Sikh, ein blitzendes Messer in der Hand. Nie habe ich einen Menschen laufen sehen, wie den kleinen Kaufmann. Er that’s dem Sikh zuvor, und ich sah wohl, daß wenn er an mir vorüber war und ins Freie kam, er sich noch retten könnte. Mir wurde das Herz weich, aber der Gedanke an den Schatz machte mich wieder hart wie Stein. Als er an mir vorbeirasen wollte, warf ich ihm mein Gewehr zwischen die Beine, und er überschlug sich zweimal wie ein geschossenes Kaninchen. Ehe er sich aufrappeln konnte, war der Sikh über ihm und grub ihm das Messer in die Seite. Keinen Seufzer stieß der Mann mehr aus, er zuckte mit keiner Muskel, so lag er da, wie er gefallen war. –

      »Sie sehen, meine Herren, daß ich mein Versprechen halte. Ich erzähle ihnen die Geschichte, genau wie sie sich zugetragen, und beschönige nichts zu meinen Gunsten.«

      Small hielt inne und langte mit den gefesselten Händen nach dem Glase Whisky und Wasser, das Holmes für ihn gemischt hatte.

      Ich muß gestehen, daß mir der Mann den tiefsten Abscheu einflößte. Er hatte so kaltblütig teilgenommen an dem Mordgeschäft und sprach jetzt davon in so ruhigem, fast leichtfertigem Ton. Keine Strafe schien mir zu hart für ihn; auf Mitgefühl meinerseits durfte er wenigstens nicht rechnen.

      Sherlock Holmes und Jones saßen mit den Händen auf den Knieen; ganz vertieft in ihr Interesse für den Bericht, doch drückten ihre Mienen denselben Widerwillen aus. Er mochte das wohl bemerkt haben, denn mit einem Anflug von Trotz in Stimme und Wesen fuhr er fort:

      »Das war natürlich alles sehr schlecht. Doch möchte ich wohl wissen, ob viele an meiner Stelle den Beuteanteil ausgeschlagen hätten, um sich dafür die Kehle abschneiden zu lassen. Außerdem galt es mein Leben oder seines. Wenn ihm die Rettung gelang, so kam die ganze Geschichte ans Licht, und ich wurde wahrscheinlich standrechtlich erschossen. Man machte in solcher Zeit nicht allzuviel Federlesens.«

      »Fahrt fort mit Eurem Bericht,« sagte Holmes kurz.

      »Nun also, wir trugen ihn durch das Thor, Abdullah, Akbar und ich. Der kleine Mann war merkwürdig schwer von Gewicht. Mahomet Singh blieb als Wache zurück. Wir brachten ihn an einen Ort, den die Sikhs schon vorbereitet hatten; durch einen langen, gewundenen Korridor ging es in eine große Halle, wo Stücke des verfallenen Mauerwerks zerbröckelt umherlagen. Der Erdboden war an einer Stelle eingesunken und bildete ein natürliches Grab. Da hinein legten wir den Kaufmann Achmet und überdeckten ihn mit losen Backsteinen. Dann kehrten wir zu dem Schatz zurück.

      »Er lag noch, wo er ihn hatte fallen lassen, als er zuerst angegriffen wurde. Der Kasten war derselbe, der jetzt da offen auf Ihrem Tisch steht. Ein Schlüssel hing an dem Metallgriff oben, mit einer seidenen Schnur befestigt. Wir öffneten ihn, und das Licht der Laterne glänzte auf einer Sammlung von Edelsteinen, wie ich sie vielleicht aus Beschreibungen kannte und im Traum gesehen hatte, aber nie in Wirklichkeit. Ihr Glanz blendete unsere Augen. Als wir uns an dem Anblick gesättigt hakten, nahmen wir sie alle heraus und machten eine Liste. Da waren zuerst hundert und dreiundvierzig Diamanten vom reinsten Wasser, darunter einer, der ›Groß-Mogul‹ genannt, von dem man sagte, daß er der zweitgrößte Stein der Welt sei. Dann kamen sieben und neunzig sehr schöne Smaragde, hundert und siebenzig Rubine, auch die kleinen mitgezählt. Nun folgten vierzig Karfunkel, zweihundert und zehn Saphire, einundsechzig Achatsteine, ferner Berylle, Onyxe, Türkise in Menge, und andere Edelsteine, deren Namen ich zur Zeit nicht einmal wußte; erst später bin ich besser damit vertraut geworden. Auch etwa dreihundert schöne Perlen waren in dem Kasten, zwölf davon in einen goldenen Kranz gefaßt. Letztere müssen übrigens herausgenommen worden sein; ich fand sie nicht mehr vor, als ich wieder in den Besitz des Kastens gelangte. –

      »Nachdem wir die Schatze gezählt hatten, wiederholten wir unsern Schwur, zusammen zu halten und das Geheimnis treu zu bewahren. Wir kamen überein, die Beute an einem sichern Platz zu verstecken, bis das Land wieder in Ruhe sein würde, und sie erst dann unter uns zu teilen. Edelsteine von solchem Wert bei sich zu tragen, wäre damals gefährlich gewesen und hatte gewiß Verdacht erregt. Einen besondern Raum um sie sicher unterzubringen, gab’s in der Festung nicht; wir mußten daher den Kasten nach derselben Halle schaffen, wo wir die Leiche begraben hatten. In der am besten erhaltenen Mauer machten wir ein Loch, verbargen unsern Schatz und fügten dann die herausgenommenen Steine wieder ein. Wir bezeichneten die Stelle genau, und am nächsten Tage machte ich vier Pläne, einen für jeden von uns, und setzte das Zeichen der Vier darunter; denn wir hatten geschworen, für einander einzustehen wie ein Mann; keiner sollte einen Vorteil vor dem andern voraus haben. Den Eid – das schwöre ich und lege die Hand aufs Herz – habe ich niemals gebrochen.

      »Sie kennen den Verlauf der indischen Meuterei, meine Herren. Nachdem Wilson Delhi genommen und Sir Colin Lucknow entsetzt hatte, war der Widerstand gebrochen. Frische Truppen strömten herzu und Rana Sahib entkam über die Grenze. Ein Detachement unter Hauptmann Greathed nahm Agra ein und Vertrieb die Sepoys. Der Friede kehrte ins Land zurück und wir vier fingen an zu hoffen, daß die Zeit nicht fern wäre, da wir uns sicher mit der geteilten Beute aus dem Staube machen könnten. Ein Augenblick aber vernichtete alle unsere Pläne: Wir wurden als die Mörder des Kaufmanns Achmet festgenommen.

      »Das kam so: als der Rajah dem Achmet seine Juwelen übergab, that er es, weil er wußte, daß es ein zuverlässiger Mann sei. Aber im Osten sind die Leute mißtrauisch. Was thut der Rajah also? Er stellte einen zweiten, noch zuverlässigeren Diener an, um bei dem ersten den Spion zu spielen. Der zweite Mann ließ den Achmet nicht aus den Augen und folgte ihm wie sein Schatten. In jener Nacht ging er ihm nach, und sah ihn in dem Thorweg verschwinden. Natürlich glaubte er, Achmet habe Zuflucht in der Festung gefunden. Als er sich aber am nächsten Tage selbst dort Einlaß verschaffte, konnte er keine Spur von Achmet finden. Das schien ihm so merkwürdig, daß er mit einem Feldwebel davon sprach und bald kam es dem Kommandanten zu Ohren. Er befahl, sogleich eine gründliche Nachsuchung zu halten, und der Leichnam wurde entdeckt. Gerade als wir uns ganz sicher glaubten, wurden wir alle vier ergriffen, des Mords angeklagt und vor Gericht gebracht – drei von uns hatten in jener Nacht die Thorwache gehabt, der vierte war in Gesellschaft des Ermordeten gesehen worden. Von den Juwelen kam bei dem Verhör nicht ein Wort heraus, denn der Rajah war abgesetzt und aus Indien vertrieben worden; es hatte daher niemand ein Interesse daran. Der Mord wurde jedoch klar erwiesen und es bestand kein Zweifel, daß wir alle vier daran beteiligt sein mußten. Die drei Sikhs wurden zu lebenslänglicher Zwangsarbeit und ich zum Tode verurteilt. Doch ward mein Urteilsspruch später umgeändert; ich erhielt die gleiche Strafe wie die andern.

      »Wir befanden uns in einer sonderbaren Lage. Alle vier schleppten wir die Ketten am Bein und hatten blutwenig Aussicht, jemals wieder los zu kommen, und doch waren wir im Besitz eines Geheimnisses, das jedem von uns Wohnung in einem Palast verschafft hätte, nur konnten wir leider keinen Gebrauch davon machen. Während die herrlichsten Glücksgüter für uns bereit lagen und nur darauf warteten, von uns aufgehoben zu werden, wußten wir uns Puff und Tritt von dem jüngsten Laffen gefallen lassen, mußten Reis essen, Wasser trinken und harte Arbeit thun. Es fraß mir das Herz ab und hätte mich toll machen können; aber ich war immer ziemlich standhaft, und

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