Mami Staffel 2 – Familienroman. Gisela Reutling

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Mami Staffel 2 – Familienroman - Gisela Reutling Mami Staffel

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Hintergrund, »wir müssen jetzt weiter arbeiten, sonst werden wir nicht rechtzeitig fertig.«

      »Ich habe dir doch gesagt«, bemerkte Herta Herzsfeld und schob ihren widerstrebenden Sohn aus dem Zimmer, »das du die Braut im Hochzeitskleid erst vor dem Altar zu sehen bekommst.«

      Eine kleine Weile, bevor der schwarze Mercedes der Botschaft sie abholte, standen Herta Hersfeld und ihre Schwiegertochter nebeneinander auf der Terrasse. Sie wagten es nicht, sich niederzusetzen, um nur ja kein Fältchen in ihren Festtagskleidern zu riskieren. Besonders Katis cremeweißer, gebauschter Rock mußte geschont werden.

      »Ich setze große Hoffnungen in dich«, sagte Herta scherzhaft, »du bist die Frau, die Christof braucht.«

      »Aaah, das ist gegenseitig. Wir brauchen ihn ja auch, Miguel und ich«, erwiderte Kati und faltete unwillkürlich die Hände auf dem Sockel einer Konsole, an der sie lehnte, »wer weiß, was ohne Christof aus uns geworden wäre. Bei den Guzmans hat er mehr Schneid bewiesen als Dona Dolores, die sich immer abwimmeln ließ.«

      »Das will ich gar nicht bestreiten. Aber ich denke natürlich weiter. Im konsularischen Dienst hat er keine Aufstiegschancen…«

      »Ich weiß«, unterbrach Kati, »ihm fehlt ein Studium.«

      »An einer deutschen Universität«, ergänzte Herta, »bisher wollte er nichts davon wissen, obwohl es keine finanziellen Probleme gibt. Für seine Ausbildung ist vorgesorgt worden. Das Kapital hätte jederzeit zur Verfügung gestanden. Aber jetzt erst hat er sich mit dem Gedanken an ein Studium in Deutschland befreunden können.«

      »Weil wir zusammen gehen«, erklärte Kati lebhaft, »er hatte nur Horror davor, drüben allein zu sein und vielleicht nie vertraut zu werden in seinem eigenen Heimatland. Jetzt sieht er das alles viel lockerer. Keiner von uns muß sich allein durchbeißen. Wir sind zusammen. Wir sind eine Familie. Das gibt jedem von uns Halt und Schutz.«

      Herta nickte vor sich hin.

      Christof hatte sein Glück gefunden. Sie brauchte sich keine Sorgen mehr um ihn zu machen.

      Die Kathedrale prangte im Schmuck weißer und gelber Lilien, als um fünf Uhr nachmittags die Glocken zu läuten und die Orgel zu spielen begann.

      Auf ihrem Weg zum Altar, den Kati am Arm ihres Vaters zurücklegte, nahm sie nur undeutlich eine unübersehbare Schar von Menschen wahr, die alle Bänke füllten und sich noch im Hintergrund stehend drängten.

      Ich wußte gar nicht, daß wir so viele Leute kennen, ging es Kati flüchtig durch den Sinn, und dann sah sie den einzigen, auf den es ankam – Christof.

      Er stand auf den Stufen zum Altar, aufrecht und feierlich in seinem schwarzen Frack. Bleich und entschlossen sah er ihr entgegen, und als sie näher kam, trat ein strahlendes Lächeln in seine gespannten Züge.

      »Du siehst aus wie ein Ritterfräulein«, raunte er und nahm ihre Hand.

      »Das will ich hoffen«, gab Kati flüsternd zurück, »daran haben wir lange gearbeitet.«

      Die Trauzeugen gruppierten sich gemäß dem vorgeschriebenen Zeremoniell, der Priester trat auf in prächtigem rotgoldenen Ornat, es wurde still im hohen Kirchenschiff.

      Die heilige Handlung begann.

      Die Predigtworte wurden in spanischer Sprache gesprochen. Es folgten der Ringwechsel, der Segen und das Ave Maria. Als sie sich von der gepolsterten Kniebank erhoben, schlug Kati ihren Schleier zurück.

      »Hallo, Frau Hersfeld«, sagte Christof mit schwankender Stimme und küßte sie.

      Dann erst drehten sie sich im Zeitlupentempo ihrem Pulikum zu, und Kati erkannte mit feuchten Augen ihre Mutter und Herta Hersfeld, die Knobels und Dona Dolores, die Miguel auf dem Arm hielt. Er trug ein Sträußchen in der kleinen Faust und blickte fasziniert zu den Deckengemälden hinauf.

      Die deutsche Botschaft, in Frack und Zylinder, stand in geschlossener Formation neben dem Kollegium der deutschen Schule. Die Hälfte des Mittelschiffs war mit Kindern besetzt, die aufgeregt herumzappelten, hinter ihnen lächelten die Nachbarn aus der Caille Trinidad. Ganz am Rand stand Serafina in einem hochgeschlossenen nachtblauen Kleid, eine Leine in der Hand, die zu Chico gehörte, der dicht neben ihr auf den Fliesen des Mittelgangs saß, eine leuchtend rot Schleife um den Hals, unbeweglich wie ein kleines Denkmal.

      Er sprang erst auf, als das Brautpaar die flachen Stufen herunterkam und Christof außer Serafinas gesammelten Glückwünschen automatisch die Leine übernahm.

      Gleichzeitig streckte Kati die Hände nach Miguel aus, und zur allgemeinen Belustigung gingen sie zu viert den Fotografen entgegen.

      Vor dem Portal kam das Paar mit seinem Troß zum Stehen, weil Erich Knobel in wehenden Frackschößen ein Dutzend Kinder dirigierte, die in Dirndkleidern und Kniebundhosen an ein Bild aus alten Lesebüchern erinnerten.

      Minutenlang wurde es ganz still.

      Dann, auf ein Zeichen ihres Direktors setzten die hellen Stimmen ein, fröhlich, laut und unbekümmert.

      »Beim Kronenwirt, da ist heut’ Jubel und Tanz

      holla diholla diho!

      Die Katrin trägt heut’ ihren heiligen Kranz —

      holla diholla dihi —«

      Junge und alte, männliche und weibliche Stimmen fielen übermütig ein, der letzte Refrain wurde im gemischten Chor gesungen.

      Der Applaus war überwältigend.

      Wildfremde Menschen blieben auf der Plaza stehen und klatschten begeistert mit. Chico bellte vor Freude gemeinsam mit etlichen Straßenhunden.

      Aus den vielen Fotos, die Christof und Kati später in ihr Album klebten, konnte man den Eindruck gewinnen, ihre Hochzeit wäre ein Volksfest gewesen.

      Sie vergaßen keine Einzelheit des denkwürdigen Tages, und selbst Miguel behauptete noch Jahre später, sich an ein Blumensträußchen zu erinnern, das er seinen Eltern abwechselnd unter die Nase hielt, solange, bis Papi zu niesen begann.

      *

      Zehn Jahre später betrat Achim Unger die Fernsehanstalt, für die er seit kurzem im Vertrieb arbeitete.

      Wie so oft verirrte er sich im Labyrinth des Aufnahme- und Sende-Bereichs, der in einer verwirrenden Vielfalt farblicher Abstufungen gehalten war.

      Aus einer ockergelb schimmernden Glastür quoll eine Schar halbwüchsiger Jeans-Träger, gefolgt von mürrisch aussehenden Erwachsenen, die blicklos vorwärts strebten.

      Zuletzt kam ein Junge, wesentlich kleiner und jünger als die anderen, sagte freundlich »hallo« und trat an Achim vorbei an einen Automaten, aus dem er sich eine Cola zog.

      »Du kennst dich ja gut aus hier«, sagte Achim, der unwillkürlich stehengeblieben war.

      Der Junge nickte. Er hatte schwarz glänzendes Haar, eine olivbraune Haut und lächelnde runde Kinderaugen.

      »Ich war schon zweimal hier zum Proben«, erwiderte er und schlürfte seine Cola, »aber heute war die letzte Aufnahme, die echte. Jetzt brauche ich nicht mehr zu kommen.«

      »Was

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