Rache@. Antje Szillat
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Das geht dich einen Scheißdreck an, dachte Ben.
„Er ist krank“, antwortete er leise.
Der Lehrer versuchte noch nicht einmal, die Abneigung, die er offensichtlich gegen Marcel hegte, zu verbergen. Er verzog angewidert sein Gesicht und sagte höhnisch: „Von wegen krank. Die einzige Krankheit, die der hat, ist seine Blödheit.“
Bens Nackenhaare richteten sich auf. Er ließ mit den Fingern seinen Bleistift auf der Tischplatte hin- und herrollen, nur um mit seinen Händen etwas anderes zu machen, als dem Lehrer mitten in sein fieses Gesicht zu schlagen. Einige Schüler kicherten leise. Die anderen schwiegen betroffen. Herr Seidel blieb noch einen Moment mitten im Klassenzimmer stehen, und ließ seinen Blick über die Reihen der Schüler gleiten. Dann räusperte er sich geräuschvoll, ging zurück zum Lehrerpult und sagte: „Holt eure Federmappen raus. Wir schreiben einen Test!“
Das entsetzte Gemurmel und unterdrückte Geschimpfe seiner Schüler ignorierte er einfach. Er kramte aus seiner braunen Tasche einen Stapel Blätter hervor und verteilte sie an die Schüler.
„Ihr habt dreißig Minuten Zeit“, sagte er nachdem alle Schüler ein Arbeitsblatt vor sich liegen hatten. „Ab ... jetzt!“
„Aber Herr Seidel“, wagte Svenja einen halbherzigen Einwand. „Das ist echt nicht okay. Sie haben doch für heute gar keinen Test angekündigt.“
Herr Seidel bedachte Svenja mit einem Blick, der ihr jede Lust auf weitere Kommentare nahm. „Die Zeit läuft!“, sagte er mit drohendem Unterton.
Marcel beugte sich vor und schlug mit der geballten Hand auf die Tischplatte seines Schreibtisches.
„Dieser Arsch! Den mach ich fertig!“ Marcel umklammerte die Tischplatte so fest, dass seine Knöchel ganz weiß wurden. Ben wurde fast ein wenig mulmig zumute, so sehr regte Marcel sich auf.
Er war sofort nach der Schule zu ihm gerannt und hatte geklingelt. Eigentlich wollte er vorher anrufen – Ben wusste ja, wie sehr Marcel solche unangemeldeten Besuche hasste. Aber auf seinem Handy war kein Guthaben mehr und vorher nach Hause zu laufen, nur um zu telefonieren, das wollte er nicht. Also hatte er einfach geklingelt und mit rasendem Herzen darauf gewartet, dass sich die Tür endlich öffnete. Dann war er die Treppenstufen hochgestürmt und keuchend vor Marcels Wohnungstür stehen geblieben.
Doch nicht Marcel hatte ihm geöffnet, sondern seine Mutter. Ben hatte sie vorher nur ein paar Mal gesehen. Obwohl er nun schon seit Monaten fast täglich mit ihrem Sohn zusammen war. Aber die meiste Zeit hingen sie sowieso draußen herum oder in Bens Zimmer. Er war erstaunt, wie gut sie aussah. Irgendwie hatte er etwas anderes erwartet. Nach dem, was Marcel ihm in letzter Zeit berichtet hatte.
„Komm doch rein, Ben“, sagte sie freundlich und machte eine einladende Handbewegung.
„Danke“, murmelte Ben etwas irritiert darüber, wie vertraut sie ihn behandelte.
„Marcel ist in seinem Zimmer. Geh ruhig. Es geht ihm heute ein wenig besser. Hast du Durst? Na klar, du keuchst ja richtig. Geh schon, ich bring dir gleich etwas.“
Dann war sie auch schon in der Küche verschwunden. Ben schaute ihr verblüfft hinterher. Marcel ging es schon wieder besser? Wie sollte er das denn verstehen? Sie war doch diejenige, der es schlecht ging, und nicht Marcel!
Ben schwirrte der Kopf.
Marcels Mutter kam aus der Küche zurück. Mit einer Flasche Wasser in der einen und einem Glas in der anderen Hand. Als sie Ben noch immer im Flur herumstehen sah, hob sie erstaunt die Augenbrauen.
„Warum bist du nicht zu Marcel gegangen? Oder hat er dich etwa rausgeschmissen?“ Sie schmunzelte und senkte ihre Stimme ein wenig. „Diese Kopfschmerzen machen ihn manchmal echt unausstehlich. Aber ...“, sie zwinkerte Ben zu, „verrate mich nicht.“
Dann ging sie vor Marcels Zimmertür, trat mit dem Fuß leicht klopfend dagegen und rief: „Schatz! Du hast Besuch!“
Im nächsten Augenblick wurde die Tür aufgerissen und Marcel kam zum Vorschein. Seine Haare waren zerzaust, seine Augen leicht gerötet, sein Mund zu einem gequälten Lächeln verzogen. Glücklich über Bens Besuch schien er wirklich nicht zu sein.
Das sprach seine Mutter auch ganz offen aus. „Geht’s eigentlich noch unfreundlicher?“, stänkerte sie.
„Mama!“ Marcels Stimme klang genervt.
„Schon gut. Ich weiß ja, deine Kopfschmerzen.“
Sie warf ihm einen vielsagenden Blick zu, drückte ihm die Wasserflasche und das Glas in die Hände. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand wieder in die Küche.
„Komm rein“, murmelte Marcel.
Nachdem Ben ihm alles erzählt hatte, auch dass der Seidel im Unterricht behauptet hatte, Marcel würde blau machen und sei einfach nur blöd, sagte er mit hasserfüllter Stimme: „Ich werde dem Großmaul einen Denkzettel verpassen. Und zwar einen, von dem er noch lange was hat. Das verspreche ich dir! Der wird sich nie wieder wagen, sich über mich lustig zu machen.“
„Und wie willst du einem Lehrer einen Denkzettel verpassen? Das ist doch ein ganz anderes Kaliber als Johannes und seine Mitläufer“, gab Ben zu bedenken.
Marcel setzte erneut dieses geheimnisvolle Lächeln auf. Dann sagte er: „Du hast doch gesehen, wie das bei Johannes geklappt hat, oder nicht?“
Ben sah Marcel verständnislos an. „Sicher, aber du kannst doch wohl kaum über den Seidel irgendwelche Lügengeschichten erzählen.“
Marcel zuckte mit den Schultern.
„Und warum nicht?“ Seine Stimme klang ziemlich überheblich.
„Na ja, das ist ein Erwachsener – ein Lehrer – unser Lehrer! Der wird sich das nicht gefallen lassen, und wir bekommen den Ärger unseres Lebens.“
„Warum wir? Er wird doch niemals erfahren, wer dahinter steckt.“
Ben verstand nur noch Bahnhof.
„Wohinter steckt?“ Seine Stimme war lauter geworden als beabsichtigt.
Marcel warf ihm einen warnenden Blick zu. „Schrei hier doch nicht so rum. Oder willst du, dass meine Mutter sich schon wieder aufregt?“
Ben schüttelte schweigend den Kopf.
„Na also. Du möchtest dich doch auch an dem Seidel rächen, oder nicht? Ich meine, das mit Johannes hat dir doch gut gefallen, oder?“
Ben nickte. Und wie ihm das gefallen würde. Wie oft hatte er gerade in der letzten Zeit davon geträumt, es dem Seidel hundertprozentig heimzuzahlen. Manchmal hatte er abends in seinem Bett gelegen und richtige Gewaltfantasien entwickelt. Immer wieder hatte er dem Seidel mitten in sein Gesicht geschlagen. Ihn beschimpft, getreten, bespuckt und sich dabei total gut gefühlt. Meistens hatte er sich zwar schon wenig später für seine miesen Gedanken geschämt. Aber jetzt,