Gesammelte Werke. Джек Лондон
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»Sie haben verdammt gute Ohren!«
»Mit den Flossen bin ich auch nicht langsam, wenn Sie’s darauf ankommen lassen.«
»Und ganz besonders schnell mit dem Maul!«
»Muss ich auch, bei meinem Geschäft, sonst käm’ ich nicht weit unter all den Haifischen. Ich soll ein Räuber sein? Was seid ihr denn dann? Tausend Passagiere aufeinander gepackt wie die Ölsardinen … und für nichts gesorgt! Bezahlen lasst ihr euch zweimal soviel wie in der ersten Klasse, und füttern tut ihr sie mit Zwischendeckfraß! Möchte wissen, wer von uns eigentlich Seeräuber ist!«
»Also, mein verehrtes Fräulein …«, sagte der Offizier zu Frona. »Alles Gute! Ich hätte Sie gern an Land begleitet. Aber Sie sehen ja selbst: ein bisschen muss ich doch hier noch zusehen. Die Leute haben das gern. Jedenfalls können Sie sich darauf verlassen, dass ich für Ihr Gepäck sorge.«
Sie drückte ihm die Hand und kletterte in das Boot. Es schwankte stark, im Augenblick waren die Bodenbretter überspült, und ihre Füße standen im Wasser. Sie blieb ganz ruhig, setzte sich auf die Steuerducht und zog die Beine hoch.
»Das geht ja nicht!« rief der Offizier von oben. »Kommen Sie zurück, Fräulein Welse! Sobald es möglich ist, lasse ich Sie mit einem von unseren Booten an Land bringen.«
Er kletterte die Strickleiter hinunter und wollte das viel zu leichte Boot mit Gewalt zurückhalten, aber der Ruderer hatte für soviel Ritterlichkeit kein Verständnis und schlug ihm über die Knöchel.
»Willst mir meinen Passagier ausspannen? Hast wohl Sehnsucht nach dem Himmel?«
»Ein feierlicher Abschied!« rief Frona Welse ihm mit strahlendem Gesicht zu. »Haben Sie tausend Dank, Sie sind ein Ritter!«
»Das ist ein Weib!« sagte der Ritter vor sich hin und rieb seine getroffenen Fingerknöchel. Er hatte plötzlich Sehnsucht, immer in diese grauen Mädchenaugen zu sehen, hatte Lust, seinen Beruf über Bord zu werfen und mit ihr nach Klondike zu ziehen.
*
Ein falscher Riemengriff … Platsch! hatte Frona eine dicke Hand voll Wasser mitten im Gesicht.
»Nur nichts übelnehmen«, entschuldigte sich der Bootsmann. »Man tut, was man kann, aber es kommt nicht immer viel dabei heraus.«
»Scheint mir doch so«, lachte sie gutmütig.
»Ich mach’ mir gar nichts aus der See«, sagte der Mann bitter, »aber man muss sehen, wie man’s wieder zu ein paar Dollars bringt. Wäre schon längst in Klondike, hab’ aber verfluchtes Pech gehabt. Auf dem ›Windigen Arm‹ hab’ ich meine ganze Ausrüstung verloren … beinahe hatte ich den Kram schon über den Pass hinübergeschafft.«
Abermals: Schwupp, Platsch! Sie schüttelte sich das Wasser aus den Augen und fröstelte, als eine nasse Ladung ihr den warmen Rücken hinunterrann.
»Sie werden’s schaffen!« sagte der Mann. »Sie sind aus dem richtigen Holz für dieses Land geschnitzt. Wollen Sie ganz hierbleiben?«
Sie nickte freundlich.
»Sie werden’s schaffen! Also, wie gesagt, meine Ausrüstung ist da oben zum Teufel gegangen, und jetzt muss ich all das Zeugs neu zusammenbringen. Kann man da billiger rudern als für zwanzig Dollar die Fahrt? Wissen Sie, Fräulein, schlimmer als die anderen bin ich auch nicht. Was meinen Sie, für diese alte Badewanne haben sie mir hundert Dollar aus den Zähnen gerissen. Drüben in den Staaten ist sie keine zehn wert. So ist es hier mit allem. Auf dem Weg nach Skaguay zahlt man Ihnen für einen alten Hufnagel einen Vierteldollar. Ein Mann geht in die Kneipe und trinkt einen Whisky, schmeißt zwei Hufnägel auf die Theke, und es ist o.k. Hufnägel sind da oben Scheidemünze.«
»Sie müssen ein tüchtiger Kerl sein, dass Sie gleich noch einmal angefangen haben! Wie heißen Sie eigentlich? Vielleicht begegnen wir uns wieder einmal.«
»Ich? Wie ich heiße? Also Del Bishop, Goldgräber. Wenn wir uns wieder begegnen, dann müssen Sie von vornherein wissen … mein letztes Hemd geb’ ich für Sie her, Fräulein! Entschuldigen Sie, ich meine natürlich, den letzten Bissen Brot geb’ ich für Sie.«
»Danke«, sagte sie. »Das kam von Herzen. Das hört man gleich.«
Er hielt einen Augenblick mit Rudern inne und fischte aus dem Wasser zu seinen Füßen eine alte Konservendose hervor.
»Schöpfen Sie lieber!« befahl er und warf ihr die Dose zu. »Leck war die Kiste schon vorher, aber vorhin hat sie noch eins abbekommen.«
Frona machte sich gehorsam an die Arbeit. So oft sie sich bückte, hoben und senkten sich die Berge mit ihren Gletschern am Horizont. Hin und wieder ruhte sie aus und sah nach dem von Menschen wimmelnden Strand, auf den sie zusteuerten, und dann wieder auf die Bucht, in der an zwei Dutzend große Dampfer ankerten. Von jedem dieser Schiffe ging ein Strom von Leichtern, Kähnen, Kanus hin und her zum Lande. Sie dachte an die Hörsäle, in denen sie vor ein paar Wochen noch zu Füßen ihrer Lehrer gesessen hatte. Diese Welt hier war ihr lieber … vor der hatte sie Respekt.
»Aber Sie haben mir Ihren Namen noch nicht gesagt«, mahnte Bishop höflich.
»Ich heiße Welse«, antwortete sie. »Frona Welse.«
Sein Mund stand offen, er starrte sie an: »Dann ist ja … Jacob Welse … Ihr alter Herr?«
»Jawohl, wenn Sie nichts dagegen haben.«
Er spitzte die Lippen, stieß einen Pfiff aus und ließ die Riemen gleiten. »Klettern Sie in den Stern und ziehen Sie die Beine hoch!« befahl er. »Geben Sie mir die Dose.«
»Arbeite ich denn nicht ordentlich?«
»Doch, sehr gut sogar. Aber Sie sind … Sie sind …«
»Genau dasselbe, was ich vorher war. Rudern Sie weiter … das ist Ihre Arbeit, und meine besorge ich.«
»Alle Achtung, Sie werden’s schaffen«, murmelte Bishop und beugte sich wieder über die Riemen. »Jacob Welse ist Ihr alter Herr! Donnerwetter, das hätte man wissen sollen!«
Auf der sandigen