Gesammelte Werke. Джек Лондон
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Und die Unterhaltung ging ihren Gang. Es war jedoch meistens Mary, die sprach, und sie kam immer wieder auf Bert Wanhope zurück.
»Ihr beide scheint ja sehr befreundet zu sein«, meinte Saxon.
»Ja, ich würde ihn morgen heiraten, wenn es sein sollte«, fuhr es aus ihr heraus. Dann sah sie plötzlich ganz verloren aus und wurde blass, fast hart im Gesicht vor hilfloser Verzweiflung. »Er hat mich nur noch nicht gefragt. Er ist – –« Sie zögerte ein Weilchen, dann brach die Leidenschaft aus ihr heraus: »Nimm dich vor ihm in acht, Saxon, wenn er sich je an dich heranmacht. Er ist ein dreckiger Kerl. Aber einerlei, ich würde ihn lieber heut als morgen heiraten. Anders kriegt er mich nie.« Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, seufzte aber stattdessen tief. »Es ist eine komische Welt, in der wir leben, nicht wahr? Zum Totlachen. Und alle Sterne sind auch Welten. Ich möchte wissen, wo Gott sich verbirgt. Bert Wanhope sagt, es gebe gar keinen Gott. Aber er ist schrecklich – sagt die schrecklichsten Dinge. Ich glaube an Gott. Du nicht auch? Wo, glaubst du, ist Gott, Saxon?«
Saxon zuckte die Achseln und lachte.
Die Töne einer Tanzmelodie erklangen jetzt vom Tanzboden, und die beiden jungen Mädchen sprangen auf.
»Wir können gut ein paar Runden tanzen, ehe wir essen«, schlug Mary vor. »Dann ist Nachmittag, und dann kommen die Männer. Die meisten von ihnen sind Knicker, deshalb kommen sie so spät, denn dann brauchen sie den Mädels kein Essen zu spendieren. Aber Bert ist nobel, und Billy auch. Komm, mach schnell, Saxon.«
Nur wenige Paare waren auf dem Tanzboden, als sie kamen, und die zwei Mädchen tanzten den ersten Walzer miteinander.
»Da ist Bert«, flüsterte Saxon, als sie zum zweiten Mal herumkamen.
»Tu, als sähest du sie nicht«, flüsterte Mary zurück. »Lass uns nur weiter tanzen. Sie dürfen nicht glauben, dass wir ihnen nachlaufen.«
Aber Saxon merkte gut, dass Marys Wangen sich gerötet hatten, und dass sie hastiger atmete.
»Hast du den anderen gesehen?« fragte Mary, während sie in einem langen Gleiten Saxon nach dem entgegengesetzten Ende der Estrade führte. »Das ist Billy Roberts. Bert sagte, dass er kommen würde. Er soll für dich das Essen ausgeben und Bert für mich. Es wird ein großartiger Tag, du wirst sehen. Gott, wenn doch die Musik anhalten möchte, bis wir ans andere Ende kommen.«
Und sie walzten weiter, auf der Jagd nach Kavalieren und Mittagessen – zwei frische junge Geschöpfe, die unzweifelhaft gut tanzten, und die froh überrascht waren, als die Musik sie in bedenklicher Nähe vom Ziel ihrer Wünsche ans Land spülte.
Bert und Mary nannten sich beim Vornamen, aber Saxon sagte »Herr Wanhope« zu Bert, obwohl er sie stets Saxon nannte. Sie kannten sich alle bis auf Saxon und Billy Roberts. Mary stellte sie mit nervöser und nachlässiger Eile vor.
»Herr Roberts – Fräulein Brown. Sie ist meine beste Freundin. Ihr Vorname ist Saxon. Ist das nicht ein wahnsinnig komischer Name?«
»Ich finde, dass er gut klingt«, antwortete Billy, nahm den Hut ab und streckte die Hand aus. »Guten Tag, Fräulein Brown.«
Als ihre Hände sich trafen und Saxon fühlte, dass er harte Haut an den Händen hatte wie alle Kutscher, erfasste sie mit einem einzigen schnellen Blick eine Menge anderer Dinge. Alles, was er bemerkte, waren ihre Augen, und er hatte eine schwache Vorstellung davon, dass sie blau waren. Erst später am Tage konstatierte er, dass sie grau waren. Sie hingegen sah gleich seine Augen, wie sie waren, tiefblau, groß und schön mit einem eigenen verdrossenen knabenhaften Blick. Sie fand, dass sie ehrlich aussahen, und sie gefielen ihr gut, wie ihr auch seine Hand sowie die Berührung dieser Hand gefiel. Ebenfalls hatte sie, wenn auch nur ganz flüchtig, Zeit gehabt, die kurze gerade Nase, die helle Gesichtsfarbe und die feste, kurze Oberlippe zu bemerken, ehe ihr schneller Blick mit Wohlgefallen auf dem gutgeformten Mund mit den reinen Linien und den roten lächelnden Lippen ruhte, die die beneidenswert weißen Zähne entblößten. Ein Junge, ein großer starker Junge von Mann, dachte sie, und während sie sich zulächelten und ihre Hände sich lösten, fand sie noch Zeit, sein Haar zu bemerken: kurzes, lockiges, sehr helles Haar, fast wie mattes Gold, so schien ihr, aber doch zu hell, um wirklich Gold zu gleichen.
Die Augen hatten dunkle Wimpern und waren verschleiert und voller Temperament – es war kein verwundert starrender Kinderblick –, und der aus glattem braunen Stoff bestehende Anzug war nach Maß angefertigt. Saxon schätzte sofort den ganzen Anzug ein und bewertete ihn im geheimen auf mindestens fünfzig Dollar. Auch von der Ungeschicklichkeit des skandinavischen Einwanderers war nichts an ihm zu bemerken. Im Gegenteil, er war einer der wenigen Glücklichen, deren Muskeln durch die schönheitsverlassene Kleidung der Zivilisation hindurch Schönheit ausstrahlen. Jede seiner Bewegungen war geschmeidig, besonnen und wohlberechnet. Aber das sah sie nicht und machte sie sich nicht klar. Was sie sah, war nur ein gut gekleideter Mann mit Schönheit in Haltung und Bewegung. Die beherrschte Ruhe, die über seinem ganzen Auftreten lag, dieses Spiel von Muskeln war etwas, das sie eher fühlte als sah, und ebenso fühlte sie, dass hier war, wonach sie sich gesehnt hatte: eine Befreiung und Ruhe, doppelt angenehm und willkommen für jemand, der sechs Tage lang von morgens bis abends Feinwäsche geplättet hatte. Wie die Berührung seiner Hand ihr angenehm gewesen war, so fühlte sie ein, wenn auch unklares Behagen bei allem an ihm, Körper und Seele.
Als er ihre Ballkarte nahm und mit ihr zu spaßen begann, wie junge Leute zu tun pflegen, stellte sie fest, wie plötzlich dieses Gefallen an ihm gekommen war. Noch nie hatte ein Mann einen solchen Eindruck auf sie gemacht. Sie konnte es nicht lassen, sich zu fragen: Ist dies der Mann?
Er tanzte