Gesammelte Werke. Джек Лондон
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»Ja.«
»Und wollen Sie es mir verkaufen?«
»Selbstverständlich«, antwortete Saxon. »Deshalb bin ich ja hier.«
»Wir berechnen uns eine kleine Provision von dem, was wir verkaufen«, fuhr die Fremde fort. »Wir müssen ja Licht und Miete und dergleichen bezahlen und schließlich auch etwas daran verdienen – sonst könnten wir das Geschäft nicht betreiben.«
»Das ist nicht mehr als billig«, räumte Saxon ein.
Unter den schönen Dingen, die Saxon jetzt sah, fand sie ein Nachthemd und eine Kombination, die sie selbst verfertigt hatte. Für das Nachthemd hatte Mercedes ihr acht Dollar gegeben, während es hier achtzehn kostete und die Ladeninhaberin vierzehn bezahlt hatte; für das andere Stück hatte Saxon sechs Dollar bekommen, es war mit fünfzehn ausgezeichnet und mit elf bezahlt.
»Danke sehr«, sagte Saxon und zog sich die Handschuhe an. »Ich werde Ihnen gern etwas von meiner Arbeit zu den Preisen verkaufen.«
»Und es wird mir ein Vergnügen sein, es zu kaufen – wenn es gut genug ist.« Die Fremde sah sie streng an. »Aber vergessen Sie nicht: es muss ebenso gut sein wie dies hier. In diesem Fall kann ich Ihnen oft Bestellungen zukommen lassen.«
Mercedes war nicht im geringsten verlegen, als Saxon ihr Vorwürfe machte.
»Sie sagten, dass Sie sich nur eine Provision berechneten«, sagte sie anklagend.
»Das sagte ich, und das habe ich auch getan.«
»Aber ich leistete alle Arbeit, kaufte das ganze Material, und Sie haben noch mehr daran verdient als ich. Sie haben sich den Löwenanteil genommen.«
»Ja, warum sollte ich das nicht, Kindchen? Ich war Zwischenhändler. So ist nun mal der Gang der Welt. Der Zwischenhändler bekommt den Löwenanteil.«
»Das finde ich sehr ungerecht«, sagte Saxon, mehr, weil es sie schmerzte, als weil sie böse darüber war.
»Beklagen Sie sich über die Welt, nicht über mich«, antwortete Mercedes scharf, schlug aber wie gewöhnlich ebenso plötzlich um und fügte sanfter hinzu: »Wir wollen uns nicht streiten, Kindchen, dazu habe ich Sie viel zu gern. La la, was bedeutet das für Sie, die Sie jung und stark sind und einen jungen und starken Mann haben. Und der alte Barry kann nicht viel für mich tun. Er pfeift auf dem letzten Loch. Vergessen Sie nicht, dass ich ihn begraben muss. Und ich tue ihm eine große Ehre an, denn er soll seinen letzten langen Schlaf an meiner Seite schlafen. Das Grab ist gekauft und bezahlt – die letzte Abzahlung habe ich teilweise mit der Provision gemacht, die ich mir von Ihren Sachen berechnete. Und dazu kommen die Begräbniskosten. Es soll alles hübsch werden. Ich muss viel dazu sparen. Und Barry kann jeden Tag um die Ecke gehen.«
Saxon zog vorsichtig die Luft ein und erkannte, dass die alte Frau wieder getrunken hatte.
»Kommen Sie, Kind, ich will Ihnen etwas zeigen.« Sie führte Saxon an eine große Schiffskiste im Schlafzimmer und hob den Deckel. Ein feiner Duft, wie von Rosenblättern, stieg aus der Kiste auf. »Sehen Sie, das ist meine Begräbnisausstattung. So werde ich mit dem Staub vereinigt werden.«
Saxons Erstaunen stieg, als die alte Frau ihr Stück für Stück den leichtesten, feinsten, entzückendsten Brautstaat mit allem, was dazu gehörte, zeigte. Mercedes hielt ihr einen Elfenbeinfächer vor die Augen.
»Den bekam ich in Venedig, Kindchen. – Sehen Sie diesen Schildpattkamm – den verfertigte Bruce Anstey für mich eine Woche, bevor er seine letzte Flasche trank und sich eine Kugel durch den Kopf schoss – ein tüchtiger und toller Kerl war er – eine Revolverkugel schwersten Kalibers. – Und dieser Schal: La la, echt Liberty –«
»Und all das soll mit Ihnen begraben werden?« sagte Saxon nachdenklich. »Ach, welche Verschwendung!«
Mercedes lachte.
»Warum nicht? Ich will sterben, wie ich gelebt habe. Das ist nun einmal mein Vergnügen. Wie eine Braut will ich in die Erde gesenkt werden. Ich will kein schmales, kaltes Bett. Ich wünschte, es wäre ein breites Lager, bedeckt mit allen weichen Teppichen und Kissen des Orients – unbegrenzten Mengen von Kissen.«
»Aber mit dem hier könnten Sie doch zwanzig Begräbnisse und Gräber bezahlen«, protestierte Saxon, ganz entsetzt über diese gotteslästerliche Auffassung vom Tode – vom Tode, der für alle gleich war. »Das ist doch direkt sündig.«
»Ja, dann entspricht es meinem Leben«, sagte Mercedes ruhig. »Und es wird eine feine Braut sein, die neben dem alten Barry liegt.« Sie schloss die Kiste und seufzte. »Nun, ich möchte, es wäre Bruce Anstey oder einer meiner stolzen jungen Männer, der in der Dunkelheit neben mir läge und mit mir zusammen zu dem Staub verwitterte, der der eigentliche Tod ist.«
»Aber fürchten Sie sich denn nicht vor dem Tode – nicht im geringsten?«
Mercedes schüttelte eifrig den Kopf.
»Der Tod ist stark und gut und mild. Ich fürchte den Tod nicht. Die Menschen sind es, die ich nach dem Tode fürchte. Deshalb treffe ich meine Vorbereitungen. Sie sollen mich nicht haben, wenn ich tot bin.«
Saxon sah sie verständnislos an.
»Aber dann brauchen die Sie doch nicht mehr!«
»Die brauchen viele«, lautete die Antwort. »Wissen Sie, was aus armen alten Menschen wird, die kein Geld für die Beerdigung haben? Sie werden nicht begraben. Lassen Sie mich Ihnen erzählen. Wir standen vor großen Türen. Er war ein merkwürdiger Mann, ein Professor, der Räuber hätte sein sollen, ein Mann, der Studenten Vorlesungen hielt, während er befestigte Städte hätte stürmen oder Banken plündern sollen. Er war schlank wie Don Juan. Seine Hände waren stark wie Stahl und seine Seele auch. Und er war toll, ein klein wenig toll, wie alle meine jungen Liebhaber es waren. ›Komm, Mercedes‹, sagte er, ›wir wollen unsere Brüder ansehen und uns in Demut freuen, dass wir nicht sind wie sie – jedenfalls noch nicht. Und nachher werden wir noch mehr Appetit für unser Mittagessen haben, und wir wollen ihnen in goldenem Wein zutrinken, der doppelt golden wird, weil wir sie gesehen haben. Komm, Mercedes.‹