Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen & Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe). О. Генри

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen & Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe) - О. Генри страница 248

Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen &  Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe) - О. Генри

Скачать книгу

Sappho, diese alte Mühle und diese Sterbescene werde ich in meinem ganzen Leben nicht vergessen! Wieviel hast du der Frau gegeben?«

      »Alles.«

      »Deine zwanzig Sparthaler und unsere zehn Gulden? Mensch, du bist ein großartiger Kerl! Aber ich nicht minder! Ich hätte es ihr auch gegeben, grad so wie du! Und was hat die alte Frau bekommen?«

      »Mein Reisegeld.«

      »Das ganze?«

      »Ja.«

      »Wieviel hattest du noch?«

      »Ich weiß es nicht.«

      »Er weiß es nicht! Großartig! Er giebt seinen letzten Pfennig und Kreuzer weg. Was aber machen wir nun, und wovon leben wir nun?«

      »Wieviel Geld hast du noch?«

      »Ich weiß es auch nicht genau.«

      »Ist auch nicht nötig. Zum Übernachten in Bleistadt reicht es auf jeden Fall für uns beide aus.«

      »Ja, aber dann?«

      »Dann gehen wir wieder nach Falkenau.«

      »Etwa zum Franzl?«

      »Ja.«

      »Potztausend! Der wird den Quarkkuchen nicht so schnell vergessen haben! Können wir das nicht vermeiden?«

      Da blieb ich stehen, nahm ihn beim Arme und fragte in meinem feierlichsten Tone:

      »Carpio, habe ich schon jemals einen Menschen angepumpt?«

      »Nein – – nie – – keinen einzigen!«

      »So höre, was ich dir sage! Mit unserer Reise ist es aus, denn unser Geld ist alle. Betteln können wir nicht; ich pumpe also den Franzl an; der muß uns soviel geben, wie wir brauchen, um heimzukommen. Bist du einverstanden?«

      »Sag erst, wer es ihm wiederzugeben hat! Du allein oder wir beide.«

      »Ich allein.«

      »So erteile ich dir meine vollste Genehmigung. Aber du mußt ihn selbst anborgen; ich brächte kein Wort über meine Lippen, schon des übergangenen Heißhungers wegen.«

      »Natürlich thue ich es selbst. Jetzt komm!«

      »Ich komme schon; ich bin mit allem einverstanden. Aber wenn der Franzl wegen des Pumpes wild wird und uns zum Fenster hinauswirft, lasse ich mich niemals wieder hier in Österreich sehen, sondern suche drüben mein Eldorado auf, wo ich soviel Geld bekomme, wie ich nur haben will!« – –

      Der Prayer-man

       Inhaltsverzeichnis

      Eine Reihe von Jahren war nach dem bisher Erzählten vergangen; das Leben hatte mich in seine strenge Schule genommen und aus dem unerfahrenen Knaben einen Mann gemacht. Aber die Härte, mit welcher es mich behandelte, war eine nur scheinbare, denn ich hatte mir ja meinen Weg selbst vorgezeichnet und neben all den Anstrengungen und Entbehrungen, welche mich trafen, auch Freuden und Genugthuungen gefunden, die mir bei einem andern, ruhigeren Lebensgange versagt geblieben wären. Hatte ich doch – und das war eine der reichsten Gaben, die mir geworden sind, – meinen herrlichen, unvergleichlichen Winnetou kennen gelernt und mit ihm eine Freundschaft geschlossen, welche ich fast als einzig dastehend bezeichnen möchte. Diese Freundschaft allein wäre schon eine vollwichtige Entschädigung für alle erlittenen Mühsale und Entsagungen gewesen, aber an dem rauhen Pfade, den ich wanderte, standen auch noch andere schöne Blüten und Früchte, welche ich mir pflücken durfte. Hierzu gehörte vor allen Dingen die Liebe, welche mir von allen meinen braven Bekannten entgegengebracht wurde, während diejenigen, welche kein reines Gewissen hatten, nichts so fürchteten wie die Namen Winnetou und Old Shatterhand.

      Meinen letzten Ritt hatte ich mit diesem edelsten der Indianer vom Rio Pecos aus durch Texas und das Indianer-Territorium nach dem Missouri gemacht, von welchem aus er, während ich zurückblieb, nach den Bergen ritt, um Nuggets zu holen. Da ich von vielen meiner Leser über die zwischen Winnetou und mir herrschenden Geldverhältnisse gefragt worden bin, benutze ich die jetzige Gelegenheit eine Andeutung darüber zu geben.

      Man sprach und spricht noch heute sehr oft davon, daß die Indianer große Goldlager gekannt haben oder noch kennen, welche sie weder selbst ausbeuten noch den Weißen verraten. Selbst der qualvollste Tod könne sie nicht bewegen, ein solches Geheimnis mitzuteilen. Nun haben zahlreiche Schriftsteller, welche nie über den Ocean gekommen sind und von den Indianern und deren Verhältnissen überhaupt keine blasse Ahnung besitzen, diese Sage aufgegriffen und unsere Litteratur mit einer Menge von Büchern – – ja nicht etwa bereichert, in denen regelmäßig von der Entdeckung solcher verborgener Goldlager erzählt wird. Die Herren Verfasser haben sogar sehr häufig die Güte, mir ihre Machwerke mit der Bitte einzusenden, ein Vorwort dazu zu schreiben oder ihnen in sonst irgend einer Weise in Beziehung auf den »wohlverdienten« Absatz beizuspringen. Mich ekelt sehr oft schon der Titel an, und wenn ich mich trotzdem überwinde und einen Blick auf den Inhalt werfe, so dauert es gewöhnlich nur kurze Zeit, bis ich das Dings zuklappe, um es dem Verfasser wieder zuzustellen. Eigentlich sollte man solche nichtsnutzige oder gar schädliche Schreibereien gleich verbrennen dürfen, zumal sie ja meist für die Jugend bestimmt sind, ohne daß der Verfasser zu wissen scheint, daß für diese das Beste eben nur grad gut genug ist.

      Ich habe eben jetzt so eine Lehrjungenarbeit zugeschickt bekommen, welche den Titel »Der König der Illoris« führt und drüben in den Felsengebirgen spielt. Nun frage ich, wo es einen Stamm dieses Namens giebt. Der Herr Verfasser, von welchem leider, leider schon mehrere Indianergeschichten für die Jugend, und noch dazu von einer hervorragenden Verlagsbuchhandlung, veröffentlicht worden sind, weiß nicht einmal, daß die Indianer nicht von Königen regiert werden, sondern sich selbst ihre Häuptlinge wählen, die sie ebenso gut wieder absetzen können. Und das ist bloß der Titel! Der Inhalt bringt ein fortwährendes Blutvergießen; jede Person, mit welcher der Verfasser nichts mehr anzufangen weiß, läßt er ermorden; da ist er sie doch los. Die Namen sollen indianische sein, kommen aber in keiner einzigen Sprache der Erde vor, weil er sie alle erfunden hat. Was von dieser Erzählung verdaulich ist, hat er mir nachgemacht. Er bringt genau eine so innige Freundschaft, wie zwischen Winnetou und mir herrschte, ferner meinen Jagdhieb, meinen Henrystutzen, meinen Hengst, natürlich aber unter anderen Namen; ebenso kommen Doppelgänger von Old Firehand, Sam Hawkens, Dick Stone, Bill Bulcher, den beiden Toasts u.s.w. vor; aber alles, was er von ihnen erzählt, hat oder hätte da drüben in den Felsenbergen ganz unmöglich geschehen können. Er besitzt auch nicht eine Spur von Kenntnis der dortigen Verhältnisse und spricht von ihnen in der Weise, in welcher ein Kaffer etwa über das Parallelogramm der Kräfte oder die Absorption des Sternenlichtes sprechen würde, falls er gezwungen wäre, zu verschweigen, daß er überhaupt nichts davon weiß. Daß ein solches Buch keinen Nutzen sondern nur Schaden bringen kann, versteht sich ganz von selbst, dennoch kann ich nur meine Empfehlung verweigern, habe aber keine Macht, den Druck desselben zu verhindern. Der Verleger ist zwar in Beziehung seiner Kenntnisse über die Indianer ebenso ein Idiot wie der Verfasser, aber ein gewandter Geschäftsmann und wird Tausende von Exemplaren verkaufen, ohne sich ein Gewissen daraus zu machen, daß er den wohlberechtigten Wissensdurst der Jugend benutzt hat, sein ungesundes Mischmasch zu teurem Preise an den Mann zu bringen.

      Natürlich behandelt auch dieses Werk einen armen Indianer, welcher ein ungeheures Goldlager kennt und dem

Скачать книгу