Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen & Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe). О. Генри

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen & Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe) - О. Генри страница 252

Weihnachts-Sammelband: Über 250 Romane, Erzählungen &  Gedichte für die Weihnachtszeit (Illustrierte Ausgabe) - О. Генри

Скачать книгу

      »Worüber?«

      »Über Verschiedenes.«

      »Hat er Ihnen von seinen Erlebnissen erzählt?«

      »Nein. Aber ich habe mit ihm gegessen und getrunken, mich mit ihm rasieren lassen, in seiner Stube mit ihm geschrieben, bin mit ihm ausgegangen und habe sogar sein Waschbecken, seine Seife und sein Handtuch mit benutzt.«

      »Was Sie sagen, Mylord! Das ist ja ein intimer, ein höchst intimer Verkehr gewesen, um den ich Sie beneide!«

      Er stand wieder auf, verneigte sich vor mir und fuhr fort:

      »Hoffentlich haben Sie die Güte, mir noch mehr über ihn zu sagen. Ich freue mich herzlich darüber, daß Sie hier bei uns wohnen wollen, und es soll mir eine hochgeschätzte Ehre sein, Sie so zu bedienen, wie ein so intimer Bekannter Old Shatterhands es verlangen kann. Kommen Sie vielleicht wieder mit ihm zusammen?«

      »Ja.«

      »Bitte, wann?«

      »Ich werde der erste sein, der seine Rückkehr nach St. Joseph erfährt.«

      »Und so lange bleiben Sie hier?«

      »Ja.«

      »Dann ersuche ich Sie inständigst, mich mitzunehmen und ihm vorzustellen! Wollen Sie das thun, Mylord?«

      »Hm! Er ist kein Freund von neuen Bekanntschaften, und ich weiß, daß er grad jetzt mit Winnetou allein reisen will.«

      »Vielleicht überlegt er sich das doch noch anders, wenn er mir Gehör geschenkt hat. Stellen Sie mich ihm nur vor, damit ich mit ihm sprechen kann!«

      »Ich weiß nicht, ob es ihm lieb sein wird, wenn ich Ihnen diese Bitte erfülle. Ich habe vorhin gehört, daß Sie den Wunsch haben, sich ihm anzuschließen, gebe Ihnen aber zu bedenken, daß er kein Fremdenführer ist.«

      »Was sagen Sie, was denken Sie, Mylord! Ich weiß sehr genau, was ich von ihm zu halten habe. Ich weiß, daß hundert verdiente Westmänner es für die größte Ehre halten würden, sich ihm und Winnetou wenn auch nur für ganz kurze Zeit anschließen zu dürfen, und ich bin nichts weniger als ein Westmann; aber wenn er hört, was ich will, so wird er mich vielleicht nicht von sich weisen.«

      »Nun, was wollen Sie denn von ihm? Ich frage nicht aus Neugierde, sondern weil ich, wenn ich Sie ihm vorstellen soll, doch wissen möchte, in welcher Absicht Sie dies wünschen.«

      Da stand er abermals auf, verbeugte sich und sagte:

      »Gestatten Sie, Mylord, daß ich Sie über meine Person genügend unterrichte. Ich heiße Hermann Rost, bin ein Deutscher und meines Zeichens eigentlich ein Barbier. Mein Ideal war, Medizin zu studieren, aber meine Eltern waren zu arm dazu; darum wählte ich den erwähnten Beruf, den man doch vielleicht eine Vorstufe zu dem Ziele, nach welchem ich strebe, nennen kann. Ich habe dieses Ziel während meiner Lehrlings-und Gehilfenzeit stets vor Augen gehabt und stets fleißig gearbeitet. Zwei Gymnasiasten, welche bei meinem Prinzipal logierten, interessierten sich für mich und unterstützten mich im Latein, welches ich jetzt wenigstens soweit kenne, wie ein Arzt es beherrschen muß. Ich verwendete alle meine geringen Ersparnisse dazu, mir die einschlägigen Werke zu kaufen, und habe alle meine freie Zeit darauf verwendet, mir ihren Inhalt zu eigen zu machen. An den Besuch einer Universität konnte ich natürlich nicht denken; dazu fehlten mir die geistigen und auch die andern Mittel. Wenn ich überhaupt an eine Hochschule denken durfte, so konnte das nur eine amerikanische sein. Ich ging also nach Hamburg und nahm, um nicht zahlen zu brauchen, Arbeit auf einem nach New York bestimmten Segelschiffe. Dort angekommen, wurde ich wieder Barbier, doch mit dem Unterschiede, daß es mir gelang, nebenbei das Columbia-Colleg zu besuchen. Ich will Sie, Mylord, nicht mit einer langen Erzählung belästigen; es genügt, zu sagen, daß ich vor einem halben Jahre die St. Louis-Universität mit guten Zeugnissen verlassen habe.«

      Als er jetzt eine Pause machte, reichte ich ihm die Hand und sagte:

      »Das ist aller Ehren wert, Herr Doktor. Ich gestehe Ihnen, daß ich Ihnen meine Achtung zolle. Aber wie sind Sie auf den Gedanken gekommen, hier Kellner zu werden?«

      »Sie finden das sonderbar, aber für Amerika ist das gar nichts Außergewöhnliches. Ich bin Mediziner, mag aber von Medizin, wie sie von unsern Ärzten verordnet und gegeben wird, nichts wissen. Ich bin vielmehr der Ansicht, daß der kranke Körper, wenn er überhaupt noch Lebensfähigkeit besitzt, keine fremden, wohl gar giftigen Stoffe in sich aufzunehmen braucht, um wieder gesund zu werden. Die durch die Krankheiten verursachten Störungen im menschlichen Körper müssen durch die Natur selbst wieder ausgeglichen werden, wobei ich aber keineswegs behaupte, daß diese Ansicht auf alle Krankheiten und auf alle Arzneimittel anzuwenden sei. Ich habe mir vorgenommen, auf diesem Wege weiter zugehen, und bin der Meinung, daß die sogenannten wilden Völker, weil auf die Natur angewiesen, Anhänger meiner Überzeugung sind. Darum entstand in mir der Gedanke, nach dem Westen zu gehen, um bei irgend einem Indianerstamme meine Studien zu machen. Die Mittel zur Ausrüstung besaß ich zwar nicht, aber ich machte mich doch auf den Weg und kam bis hierher, wo ich diese Stelle annahm, um Geld zu verdienen und eine passende Gelegenheit nach dem Westen abzuwarten. Heut las ich, daß Old Shatterhand in St. Joseph sei, und faßte sofort den Entschluß, mich an ihn zu wenden. Vielleicht nimmt er mich mit, und wenn nicht, so bedarf es nur einer Empfehlung von ihm oder Winnetou an einen ihnen befreundeten Stamm, um mich einer guten Aufnahme dort sicher sein zu lassen. Was sagen Sie dazu, Mylord?«

      »Ich betrachte Sie jetzt allerdings mit andern Augen als vorhin, wo ich Sie, der ich Sie nur für einen Kellner hielt, sagen hörte, daß Sie Old Shatterhand bitten wollten, Sie mitzunehmen. Ich war überzeugt, daß dieser Wunsch Ihnen nicht in Erfüllung gehen werde, zumal ich weiß, daß er mit Winnetou jetzt nicht nach dem Westen, sondern nach dem Osten gehen wird.«

      »Nach Osten? Wie bedaure ich das!«

      »Suchen Sie ihn trotzdem auf! Er wird Ihnen wenigstens seinen Rat nicht vorenthalten, und wenn Winnetou damit einverstanden ist, halte ich es nicht für unmöglich, daß Sie von ihnen eine Empfehlung in Gestalt eines Totem für einen ihnen befreundeten Häuptling bekommen. Am besten wäre es, Sie erbäten sich ein Totem für einen der Winnetou untergebenen Apatschenstämme. Da könnten Sie nicht nur einer guten Aufnahme, sondern auch aller möglichen Unterstützungen und Auskünfte sicher sein. Das ist so meine Ansicht; was Old Shatterhand dazu oder darüber sagen wird, das ist freilich eine andere Sache.«

      »Aber Sie kennen ihn. Er hat Ihnen sogar erlaubt, Ihre Hände mit ihm in dasselbe Waschbecken zu tauchen; er würde also einen Wunsch von Ihnen nicht ganz unberücksichtigt lassen. Würden Sie, Mylord, vielleicht die große Güte haben, mir ein Empfehlungsschreiben an ihn mit nach St. Joseph zu geben?«

      »Warum nicht? Ich bin gern bereit, Ihnen diesen Wunsch zu erfüllen, kann Ihnen aber nicht versprechen, daß dieses Schreiben auch wirklich den beabsichtigten Erfolg haben wird.«

      Da stand er auf, verbeugte sich dreimal, und zwar tiefer als vorher, und sagte:

      »Ergebensten Dank, Mylord! Der Erfolg wird nicht auf sich warten lassen. Gestatten Sie, daß mir eine innere Stimme sagt, daß ich auf jeden Fall ein Totem bekommen werde. Sie meinen also, ein solches für einen Apatschenstamm würde am vorteilhaftesten sein?«

      »Ja. Freilich hätten Sie dann von hier aus eine größere und gefährlichere Reise, als wenn Sie sich nördlicher wohnenden Indianern anschließen wollten. Das bringt mich auf die Frage, wie es mit Ihren Fähigkeiten bezüglich einer solchen Reise und eines Aufenthaltes

Скачать книгу