Der kleine Fürst Staffel 6 – Adelsroman. Viola Maybach
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Cosima beobachtete ihre Schwester und Niko von Ehlenberg verstohlen, wie sie es immer tat, wenn sie die beiden zusammen erlebte. Wieso kamen sie einander eigentlich nicht endlich näher? Ein Blinder konnte sehen, wie gern sie sich hatten!
Kein Trick schien zu helfen. Sie hatte die beiden schon unter den verschiedensten Vorwänden allein gelassen – doch genützt hatte es bisher nichts. Und was das Schlimmste war: sie konnte mit Felicitas über alles reden, nur nicht über Niko. Kam die Rede auf ihn, wurde ihre Schwester verschlossen wie eine Auster – oder sie äußerte nur Belanglosigkeiten, als hätte der charmante junge Mann keine große Bedeutung für sie. Es war wirklich zum Verrücktwerden, wenn man zwei Menschen dabei zusehen musste, wie sie einander unglücklich machten, weil sie die richtigen Worte nicht fanden.
Auf einmal war sie es leid, sich das Elend noch weiter anzusehen. »Ich gehe zurück«, sagte sie aus heiterem Himmel. »Wenn ich eine Woche Urlaub machen will, sollte ich ein bisschen vorarbeiten, dafür ist heute genau der richtige Tag.«
»Ach komm schon, Cosi!«, sagte Niko. »Es ist Sonntag, den wirst du dir doch nicht mit Arbeit verderben wollen.«
Felicitas, deren Wangen sich wieder einmal zart gerötet hatten, nickte eifrig. »Niko hat Recht, vergiss die Arbeit, Cosi«, sagte sie. »Wir könnten noch zusammen ins Kino gehen und diesen Film ansehen, von dem du neulich gesprochen hast.«
Am liebsten hätte Cosima die beiden genommen und ordentlich durchgeschüttelt. Was war nur mit ihnen los, dass sie nicht miteinander allein sein wollten? »Ich gehe!«, wiederholte sie. »Und ihr macht, was ihr wollt.«
Sie wartete weitere Proteste nicht ab, sondern drehte sich um und lief davon. Sollten sie tun, was immer sie wollten, aber sie würde ihnen dabei nicht länger Gesellschaft leisten! Doch als sie ihr Büro erreicht hatte, saß sie vor dem Computer und stellte fest, dass sie nicht die geringste Lust zum Arbeiten hatte. Das war ja auch nur ein Vorwand gewesen.
Unversehens kam ihr Graf von Brühl wieder in den Sinn, und da sie ohnehin vor dem Computer saß, fand sie, dass es nicht schaden würde, sich ein wenig über ihn zu informieren. Wenn ihr jemand auf Anhieb so unsympathisch war wie dieser Mann, dann wurde sie automatisch neugierig.
Sie verbrachte eine halbe Stunde damit, die Familiengeschichte der Brühls zu studieren, was erstaunlich langweilig war. Insgeheim hatte sie gehofft, ein paar Beweise dafür zu finden, dass ihre Abneigung gegen Adalbert von Brühl berechtigt war, doch sie fand keinerlei Hinweise auf einen schlechten Charakter. Der Mann war verheiratet, ohne Kinder, und schien ein ziemlich unauffälliges Leben zu führen. Nicht einmal als Frauenheld hatte er bisher für Aufsehen gesorgt, es gab keine Ausschweifungen, keine Skandale, absolut nichts.
Enttäuscht schaltete sie ihren Computer wieder aus. Offensichtlich war heute nicht ihr Tag!
*
»Schon eine Stunde«, sagte Anna. »Und ich habe das Gefühl, dass es ihm schlechter geht.« Mit leiser Stimme setzte sie hinzu: »Und ich bin mittlerweile schrecklich durstig.«
Christian nickte, ihm ging es genauso. Der Mann stöhnte wieder, die Augen öffnete er gar nicht mehr. Ab und zu leckte er sich die Lippen, aber sie hatten nichts mehr, was sie ihm hätten geben können.
Togo strich unruhig über die kleine Lichtung, manchmal bellte er, doch niemand antwortete ihm. Der Wald war geradezu gespenstisch still. Nicht einmal die Vögel sangen.
Wenig später fing es an zu regnen. Zuerst waren sie entsetzt, denn nun würden sie auch noch nass werden, dann erkannten sie, dass sie auf diese Weise zumindest etwas zu trinken bekommen würden. Doch war der Regen nicht so stark, dass sie ihn leicht auffangen konnten mit den ihnen zur Verfügung stehenden Gefäßen. So war er letzten Endes doch eher Fluch als Segen, denn er machte ihre Situation noch ungemütlicher, als sie es ohnehin schon war. So schnell, wie er begonnen hatte, hörte er dann auch wieder auf, ohne dass es ihnen gelungen war, eine nennenswerte Menge an Flüssigkeit aufzufangen. Immerhin reichte es, um die Lippen des Verletzten und ihre eigenen wieder ein wenig zu befeuchten.
Ganz plötzlich wurde Togo noch unruhiger als zuvor, obwohl er jetzt an einer Stelle stehen blieb. Aber er winselte und bellte, als wollte er jemanden auf sich aufmerksam machen.
»Hörst du was, Togo?«, fragte Anna aufgeregt.
Der Hund bellte weiter, und so fingen sie an zu rufen und zu schreien. Doch eine Antwort bekamen sie nicht. Da Togo jedoch keine Ruhe gab, riefen sie weiter, bis Annas Handy klingelte. »Ja?«, rief sie.
»Wir müssen in eurer Nähe sein, Anna«, sagte die Stimme ihres Vaters, »aber wir können euch nicht sehen.«
»Ich glaube, Togo hört euch«, erwiderte sie. »Er bellt die ganze Zeit, könnt ihr ihn nicht hören?«
»Bisher nicht.« Er beschrieb ihr, wo sie sich befanden.
»Dann ist es nicht mehr weit bis zu der Stelle, an der wir den Weg verlassen haben, Papa! Wenn ihr noch etwas weiter geht, müsstet ihr Togo eigentlich hören. Oder Chris und mich, wir geben uns Mühe, möglichst laut zu sein.«
»Gut, bis gleich. Ich melde mich wieder.«
»Wo sind sie jetzt?«, fragte der kleine Fürst.
Sie beschrieb es ihm. Er machte ein sorgenvolles Gesicht. »Wenn sie so lange brauchen wie wir, bis sie vom Weg aus hier sind«, murmelte er, »dann müssen wir noch ziemlich lange warten.«
»Sie werden viel schneller hier sein, Chris! Sie haben doch Werkzeuge dabei und schlagen ziemlich schnell eine Schneise ins Dickicht, glaub mir.«
»Das glaube ich erst, wenn ich es sehe«, murmelte der kleine Fürst. Er entdeckte ein großes gebogenes Blatt, in dem sich eine richtige kleine Wasserpfütze gebildet hatte. Vorsichtig schob er den Becher darunter und fing das Wasser auf. Damit benetzte er erneut die Lippen des Mannes. Der leckte die Flüssigkeit gierig auf und schluckte. Gleich danach stöhnte er wieder.
Togo bellte jetzt ununterbrochen, ab und zu unterstützten sie ihn, indem sie laut schrien.
Antwort bekamen sie noch immer nicht.
*
»Sie sind in der Nähe«, stellte der Baron fest, nachdem er mit seiner Tochter gesprochen hatte. »Wir müssen noch ein Stück weitergehen, Anna meinte, es müsste eigentlich gut zu sehen sein, wo sie den Weg verlassen haben.«
Die Wagen hatten sie schon vor geraumer Zeit abstellen müssen. Robert Wenger, der junge Stallmeister, ging vor, gefolgt von einigen Pferdepflegern. Baron Friedrich und sein Sohn Konrad bildeten das Ende der kleinen Karawane.
»Togo bellt offenbar die ganze Zeit, die beiden wollen versuchen, uns durch Rufen und Schreien bei der Orientierung zu helfen«, setzte der Baron hinzu.
Nach etwa achthundert Metern blieb Robert Wenger stehen. »Das hier könnte die Stelle sein«, sagte er. »Du liebe Güte, was für ein Dickicht. Wenn sie sich da wirklich durchgeschlagen haben …«
»Hier ist ein Zeichen!«, rief Konrad. »Hier, an diesem Baum – ein kleines Kreuz.«
»Chris