Der exzellente Butler Parker 28 – Kriminalroman. Günter Dönges
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»Und wer leitet diese Bande, Parker?«
»Ein gewisser Mister Dave Braddock, Sir, wie meine Wenigkeit inzwischen in Erfahrung bringen konnte.«
»Sie sind auf der falschen Spur, Mister Parker«, räsonierte die ältere Dame und schüttelte den Kopf. »Sie lassen sich wieder mal ablenken. Was haben diese Kriminellen mit meinem neuen Fall zu tun?«
»Möglicherweise weiß Mister Braddock mehr über die ›Brille‹, Mylady, als die Polizei bisher in Erfahrung bringen konnte. In diesem Zusammenhang sollte man an die Stellvertreter Mister Ronnars denken.«
»Nun ja, ich werde Ihnen den Gefallen tun und auch diese Spur verfolgen«, kündigte die Detektivin großzügig an. »Aber ich sage Ihnen gleich, daß damit natürlich wieder mal wertvolle Zeit vertan wird. Sie werden noch an meine Worte denken.«
*
Der Mann erinnerte, was seine Maße betraf, an einen Kleiderschrank. Er bewachte den Eingang zu einem privaten Filmclub, der in den Kellerräumen eines ehemaligen Lagerschuppens untergebracht war. Als er Lady Agatha und Butler Parker erspähte, konnte er sich ein törichtes Grinsen nicht verkneifen.
»Was wollt ihr denn hier?« fragte er durchaus gutmütig. »Ich wette, ihr habt euch doch glatt verlaufen.«
»Nach der Ankündigung vorn an der Straße soll hier eine kinematographische Vorführung stattfinden«, antwortete Parker, der seine schwarze Melone lüftete.
»Ein was ...?« Der Breitschultrige staunte nur.
»Ein Film, junger Mann«, übersetzte Lady Agatha gefährlich freundlich. »Ich werde mir diesen W. C. Fields-Streifen ansehen, denn ich liebe diesen Komiker.«
»Der Film ... fällt heute aus«, behauptete der große und massige Mann.
»Sind Sie völlig sicher?« meinte Parker. »Meine Wenigkeit sah vor kurzem einige Herrschaften, die diesen Filmclub anstandslos betraten.«
»Hier is’ heute ’ne Vorstandssitzung«, lautete die nächste Erklärung.
»Wissen Sie, was das ist?« Agatha Simpson schlug ein völlig neues Thema an und zeigte ihm eine ihrer veritablen Hutnadeln. Das Exemplar in ihrer Hand erinnerte an einen kleinen Bratspieß.
»Was soll denn das sein?« fragte der Mann neugierig und wich unwillkürlich zurück.
»Es ist eine Hutnadel«, erläuterte Parker in seiner bekannt höflichen Art. »Und das hier ist ein Sprühfläschchen. Sie leiden nicht zufällig unter Schnupfen?«
Der Mann beugte sich vor, um den kleinen Sprühzylinder besser betrachten zu können. Dabei wandte er Mylady leichtsinnigerweise den Rücken und damit natürlich auch dessen Verlängerung zu.
Agatha Simpson nutzte die Gelegenheit, um die Spitze ihrer Hutnadel in die linke Gesäßhälfte des Mannes zu jagen, der daraufhin wie unter einem elektrischen Schlag zusammenzuckte und vergaß, daß Parker ihm bereits eine Spray-Dosis verabreicht hatte.
Der Mann wußte nicht, was er zuerst tun sollte. Er litt nicht nur unter dem Schmerz im Gesäß, er schnappte auch verzweifelt nach Luft und hatte Tränen in den Augen. Er wurde weich in den stämmigen Beinen und lehnte sich mit dem Rücken gegen die nackte Ziegelwand. Um unter das Jackett zu langen, reichten die Kräfte nicht mehr aus.
»Entspannen Sie sich«, schlug Parker ihm vor. »Lehnen Sie sich nicht gegen Müdigkeit auf.«
»Entspannen Sie sich«, schlug auch Lady Agatha vor und ... setzte dem Mann ihren Glücksbringer auf die Brust. Dabei handelte es sich um das bekannte Hufeisen, das von einem Brauereipferd stammte. Dieser sogenannte Glücksbringer befand sich im perlenbestickten Pompadour der älteren Dame und wirkte im wahrsten Sinn des Wortes niederschmetternd.
Der Kleiderschrank-Typ produzierte einen tiefen Seufzer, sackte zu Boden und lächelte dann babyhaftglücklich. Er schloß die Augen und versuchte sich an einigen Schnarchtönen.
»Sie sehen wieder mal, Mister Parker, daß die Argumente stimmen müssen«, dozierte die ältere Dame freundlich-belehrend. »Man darf es nie zu Mißverständnissen kommen lassen.«
*
Josuah Parker hatte keine Bedenken, den mächtigen Burschen zurückzulassen. Der Spray, mit dem er den Türsteher ausgiebig angesprüht hatte, war eine raffinierte Mischung aus Lachgas und anderen Ingredienzen, die für eine plötzliche Erschlaffung der Muskeln und ein heiteres Wohlbefinden sorgte.
Nach einschlägigen Erfahrungen, die Parker mit diesem Präparat gemacht hatte, würde der ›Kleiderschrank‹ gut und gern fünfzehn bis zwanzig Minuten träumen.
Lady Agatha hatte ihre majestätische Fülle bereits energisch in Bewegung gesetzt und marschierte zu einer Doppeltür, die sie schwungvoll aufdrückte. Dann aber blieb sie überrascht stehen und blickte in einen schmalen, langgestreckten Raum, der wie ein Kino eingerichtet war.
Die Leinwand war nicht zu übersehen. Es gab vorn einige Sitzreihen, dann logenähnliche Nischen mit Polsterecken und Sesseln. Dieser Clubraum allerdings war leer.
»Sie haben sich bestimmt eine falsche Adresse aufschwatzen lassen«, mokierte sie sich und wandte sich an Parker, der ihr gefolgt war.
»Mister Dave Braddock dürfte sich in Nebenräumen aufhalten, Mylady«, gab der Butler zurück und übernahm die weitere Führung. »Dieser Vorführraum dient sicher nur der Tarnung.«
Parker sollte sich nicht geirrt haben.
Er führte seine Herrin über eine Seitentreppe zur Bühne, näherte sich der linken Hälfte der großen Leinwand und warf einen Blick hinter sie. Genau in der Mitte dort führte eine Treppe wieder nach unten. Im Staub hinter der Wand war eine Art Trampelpfad auszumachen.
Agatha Simpson wollte gerade losmarschieren, als von der Mitteltreppe her ein deutliches Husten zu vernehmen war. Wenig später tauchte ein Mann auf, der rauchte und erneut hustete. Er hatte keine Ahnung, daß er beobachtet wurde.
Parker und Mylady hatten sich in Deckung begeben. Als der Mann sie passierte, langte der Butler mit dem bleigefüllten Bambusgriff seines Regenschirmes kurz und gezielt zu.
Danach hustete der Mann nicht mehr.
Parker trat die Zigarette aus, die der Getroffene verloren hatte, und durchsuchte ihn nach Waffen. Er fand ein Klappmesser, das er in die staubige Dunkelheit der Nebenbühne warf. Es landete relativ weich und verursachte so gut wie kein Geräusch.
Mit wenigen Handgriffen fesselte Parker den Mann mit seinem bewährten, nylonverstärkten Packband. Anschließend verabreichte er ihm noch eine Dosis aus der Spraydose.
»Wie lange soll ich denn noch warten?« räsonierte Lady Agatha, die wieder mal höchst ungeduldig war. Natürlich sprach sie nicht besonders leise.
»Mylady werden in wenigen Augenblicken den erwarteten Kontakt mit Mister Braddock aufnehmen können«, versprach der Butler. Er hatte es eilig, die ältere Dame über die hintere Mitteltreppe in einen Korridor zu führen, denn er erblickte eine geöffnete Tür, aus der Rauchschwaden drangen.
»Was ist denn noch, Harry?« rief eine dunkle,