Dr. Norden (ab 600) Box 2 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Dr. Norden (ab 600) Box 2 – Arztroman - Patricia Vandenberg Dr. Norden (ab 600)

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du eine Ahnung, was ihm fehlen könnte?«, erkundigte sich Felicitas bekümmert. Auch sie ließ das Schicksal der verzweifelten Patientin und ihres Lieblings nicht kalt.

      Hasher schüttelte den Kopf. »Ich muss das Pferd selbst sehen. Frau Kühn hat mich gebeten, so schnell wie möglich zum Gestüt zu kommen«, erwiderte er. »Wir haben für morgen einen Termin vereinbart. Hoffentlich ist es dann noch nicht zu spät.«

      Daniel hatte sich auf die Linksabbiegerspur eingeordnet und wartete auf eine Lücke im Verkehr.

      »Ich bin dir wirklich sehr dankbar, dass du deinen Aufenthalt auf der Roseninsel für einen Abstecher bei uns nutzt, um Simone zu helfen«, bedankte er sich bei dem Prinzen für seine Hilfsbereitschaft.

      »Ich bitte dich.« Unwillig schnalzte Hasher mit der Zunge. »Du hast mich von meiner jahrelangen Qual befreit. Schon deshalb bin ich froh und dankbar, dir auch einmal einen Gefallen erweisen zu können«, erwiderte er in der für ihn typischen, blumigen Redeweise und lächelte so herzlich, dass sich Anneka gleich noch ein bisschen mehr in ihn verliebte.

      Inzwischen waren sie vor dem Haus der Familie Norden angekommen. Daniel parkte den Wagen in der Einfahrt, und die Zwillinge sprangen fröhlich lärmend aus dem Haus.

      Lenni, die gute Seele der Familie, hatte den hohen Besuch bereits ungeduldig erwartet und kam ihnen schon auf dem Gartenweg entgegen. Alle redeten fröhlich durcheinander, lachten und lärmten, sodass an weitere Erklärungen im Augenblick nicht zu denken war. Jetzt zählte erst einmal die Wiedersehensfreude, die mit einem Festmahl gebührend begangen wurde.

      *

      »Geh da weg, Mone, das ist zu gefährlich!«, herrschte der Pferdezüchter Heinz Kühn seine Tochter an. Simone stand hinter dem Hänger und wollte die Lade öffnen, als er sie ruppig zur Seite schob. »Das war das reinste Fiasko heute. Aramis hat die ganze Zeit gegen die Ladeklappe getreten und ist wahnsinnig nervös.«

      Die schlanke hochgewachsene Frau mit dem aschblonden Pferdeschwanz verstand die Welt nicht mehr. Seit ihr Lieblingspferd, der wertvolle Araberhengst Aramis, vor ein paar Wochen von einem Springturnier zurückgekommen war, war er wie verwandelt. Wenn ihm ein Mensch zu nahe kam, wurde er aggressiv und stieg. Andere Pferde attackierte er und verbiss sie gnadenlos. In letzter Zeit hatte der Tierarzt öfter als sonst auf dem Gestüt des Züchters Kühn vorbeischauen müssen. Nichts war mehr übrig von dem temperamentvollen, aber sonst so sanftmütigen und verschmusten Hengst, der Aramis noch vor Kurzem gewesen war.

      »Wenn ich nur wüsste, was los ist. Es muss doch etwas mit ihm passiert sein neulich auf dem Turnier«, dachte Simone laut und ebenso verzweifelt nach und sah aus sicherer Entfernung dabei zu, wie zwei starke, mutige Arbeiter den randalierenden Aramis unter Aufbietung all ihrer Kräfte in seine Box bugsierten.

      »Das war jetzt der dritte Trainer, der mit ihm arbeiten wollte.« Auch Heinz hatte den beiden zugesehen. Kopfschüttelnd steckte er die Hände in die Hosentaschen und nahm seine längst erwachsene Tochter ins Visier. »Der Mann hat bestätigt, was die anderen vor ihm auch schon gesagt haben: Aramis wird bei keinem Turnier mehr starten. Er ist eine Gefahr für die Allgemeinheit, total abgedreht.«

      Simone kannte ihren Vater lange und gut genug, um seinen Tonfall richtig deuten zu können.

      »Was willst du mir damit sagen?«, fragte sie so scharf, dass sich Heinz instinktiv von ihr abwandte. Er brachte es nicht fertig, seiner Nachfolgerin – Simone würde das Gestüt nach seinem Rückzug übernehmen und allein weiterführen – in die Augen zu sehen, als er sagte: »Du weißt, dass sich ein bekanntes Gestüt wie unseres so ein Pferd nicht leisten kann«, brummte er etwas weniger forsch. »Stell dir vor, was los ist, wenn rauskommt, dass wir ein verrücktes Pferd hier halten. Sofort werden die Leute denken, dass wir mit ihm auch züchten. Bisher ist es mir gelungen, das ganz gut zu vertuschen. Aber lange geht das nicht mehr gut. Dann brechen die Verkäufe ein, und wir können dichtmachen. Deshalb muss Aramis weg.«

      Im Laufe der Jahre hatte Simone schon den einen oder anderen Machtkampf mit ihrem Vater ausgefochten. Sie hatte gelernt, sich nicht mehr so schnell einschüchtern zu lassen, und setzte sich immer öfter gegen ihren alten Herrn durch. Das versuchte sie auch jetzt und musterte ihn aus schmalen Augen.

      »Warum sagst du nicht endlich offen und ehrlich, dass du ihn einschläfern lassen willst?«, fragte sie mit unverhohlener Aggression in der Stimme. »Ich weiß das schon länger. Ich sehe es dir an!«, fuhr sie fort, als ihr Vater nicht antwortete, sondern mit der Schuhspitze Muster in den sandigen Boden zeichnete.

      Insgeheim hoffte Heinz darauf, dass Simone endlich an ihre Arbeit zurückkehren würde. Doch diesen Gefallen tat sie ihm nicht. Deshalb holte er schließlich tief Luft und schickte ihr einen scheelen Seitenblick.

      »Wenn du es eh schon weißt, warum soll ich dann noch lange drüber reden?«, schimpfte er ärgerlich und wandte sich zum Gehen.

      Fassungslos starrte Simone ihrem Vater nach. Sie konnte nicht glauben, dass er so eine schwerwiegende Entscheidung über ihren Kopf hinweg fällen wollte. Am liebsten hätte sie mit dem Fuß auf dem Boden aufgestampft wie ein kleines Mädchen. Da sie aber eine erwachsene Frau über vierzig war und zudem demnächst Gestütsbesitzerin, begnügte sie sich damit, wutentbrannt die Hände in die Hüften zu stemmen.

      »Und was, wenn ich dagegen bin?«, rief sie ihm bebend nach.

      Heinz stand schon am Wagen, um den Hänger in die Garage zu bringen. Er drehte sich noch einmal um.

      »Das nützt dir in diesem Fall gar nichts. Noch bin ich der Chef hier. Und es wird das getan, was ich sage. Das ist mein letztes Wort.« Er stieg ein und schlug die Wagentür so fest zu, dass es krachte.

      Simone zuckte zusammen. Mit dieser unerbittlichen Reaktion hatte sie nicht gerechnet. Sie ärgerte sich über die Tränen, die ihr in die Augen stiegen. Weinen war etwas für Mädchen, nichts für gestandene Frauen, die ein großes erfolgreiches Gestüt leiten wollten.

      »Darüber reden wir noch. Ob du willst oder nicht!«, schimpfte sie vor sich hin, als sie über den Hof in Richtung der Bürogebäude ging. Einen letzten Joker hatte sie noch im Ärmel. Den würde sie ausspielen. Ob ihr Vater das wollte oder nicht.

      »Aufwachen! Wir haben heute ein straffes Programm!«, rief Tatjana Bohde fröhlich und zog ihrem Freund Danny Norden die Bettdecke weg.

      Es war ein bedeckter, aber warmer Sommertag, und die Vögel begrüßten munter zwitschernd den neuen Morgen.

      »Ohhh nein!«, stöhnte Danny und streckte sich vergeblich nach einem Zipfel der Decke. »Lass mich. Es ist noch mitten in der Nacht. Und mein Schädel brummt.«

      »Das kommt davon, wenn man mit einem orientalischen Prinzen mehr bayerisches Bier trinken muss, als man verträgt«, spottete Tatjana gutmütig. Im Gegensatz zu ihrem Freund war sie am vergangenen Abend vernünftig gewesen und hatte sich beim Bier zurückgehalten. Nichtsdestoweniger hatte sie den Abend in Hashers Gesellschaft sehr genossen. Seine Erzählungen erinnerten sie an ihre Zeit in Marokko, wo sie den Orient, seine vielfältigen Geräusche und verführerischen Düfte kennen- und lieben gelernt hatte. Tatjana war hinabgetaucht in die Erinnerungen und hatte sich von seinen Berichten nur zu gern verführen lassen, ehe es Zeit zum Aufbruch geworden war.

      »Wie konnte ich mich nur in eine so unbarmherzige Frau verlieben, die noch dazu so schrecklich vernünftig ist?«, stöhnte Danny theatralisch und schlang frierend die Arme um den Oberkörper. »Das muss in einem Zustand geistiger Umnachtung geschehen sein.«

      Tatjana lachte.

      »Zum

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