Was der Tag mir zuträgt. Peter Altenberg

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Was der Tag mir zuträgt - Peter Altenberg Literatur (Leinen)

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du am liebsten von der Welt, Tíoko?!"

      "Green bills cutted, Sir – – –." (Geschliffene grüne Glasperlen.)

      "Und?!"

      "And lila bills cutted, Sir – – –."

      "Und?!"

      "And nothing, Sir – – –."

      Ein Brief aus Afrika. Wann ist er aufgegeben?! Am 20. Juli. Wann ist er angekommen?! Am 26. August. Die Tränen der Absender sind bereits versiegt, während die der Empfänger fließen. Monambôs Bruder ist gestorben, 14 Jahre alt. "Er war so groß wie Tíoko – – –", sagt Monambô, "und ebenso schön".

      The big Akolé sitzt bei ihrem Verkaufstische, zählt Geld. Die Tränen rinnen über ihr edles Gesicht.

      "II me semble, qu'elle est encore plus noire aujour­d'hui", sagt die französische Sekretärstochter und küsst sie.

      "War er verwandt mit ihr?!", fragte ich den Häupt­ling auf englisch.

      "Wir weinen um alle", sagte der Häuptling, "so sind die Black-men. Wenn ich in Afrika sein werde, werde ich um dich weinen, Sir."

      Akóschia sitzt auf dem Tanzplatze, macht Musik mit eisernen Kastagnetten; die Tränen rinnen über ihr edles Antlitz.

      Tíoko sitzt vor ihrer Hütte, singt leise vor sich hin und weint. Wie Harfenbegleitung zu Tränen. Wie Psalmen.

      Monambô weint nicht.

      "Du bist nicht traurig, Monambô?!"

      "Sir, ich bin in der Fremde. Ich werde weinen, bis ich in Afrika bin – – –."

      "Diese allgemeine Trauer ist doch ein bisschen unverständlich", sagt die junge Sekretärstochter zaghaft zu mir. Und ich:

      "Glauben Sie es doch nicht, dass es dieser Knabe ist, um welchen sich diese edlen sanften Geschöpfe grämen. Sie weinen um Afrika, c'est le mal du pays, die zarteste Krankheit unserer Seele, welche zum Vorschein kommt. Wie wenn ein kleines Mädchen eine neue Bonne bekäme. 'Merkwürdig', sagen die besorgten Eltern, 'wirklich, niemand hätte es gedacht, unser Schatz ist ganz freundlich mit ihr; wie alte Bekannte. Alles geht gut, sie vertragen sich, das Fräulein ist aber auch so lieb mit ihr, sie hat keine leichte Position.' Plötzlich aber ein unscheinbares Wort der Bonne, eine Gebärde. Das Kind bricht in heiße Tränen aus. Ist es das Wort, diese Gebärde?! Keineswegs. Sie schluchzt um ihre alte Kinderfrau – – –."

      Neun Uhr abends. Die Tränen sind versiegt. Der Mond macht die Birken im Garten glitzern. Still sind die afrikanischen Hütten. Tíokos Hütte ist finster. Monambô ruft mich. Ich trete in die Hütte. Auf dem Boden liegen Monambô, Akolé, die Wunderbare, und Akóshia. Kein Polster, keine Decke. Die idealen Oberkörper sind nackt. Es duftet nach edlen reinen jungen Leibern. Ich berühre leise die wunderbare Akolé.

      "Go to Tíoko", sagt sie sanft, "du liebst nur diese!"

      Monambô, welche die Traurigkeit für Afrika auf­spart, sagt: "Sir, morgen bringst du uns einen piss-­pot; es ist zu kalt, um in der Nacht aus der Hütte zu treten. Er muss außen blau und innen weiß sein. Was er kostet, werden wir drei zusammen bezahlen. Freilich, Tíoko würdest du einen schenken! Was wird er kosten?!"

      "Monambô, niemals habe ich noch einen piss-pot be­sorgt. Ich kenne die Preise nicht. Zwischen 50 Kreuzer und 500 Gulden. Königinnen benützen goldene."

      "Sir, es war heute ein trauriger Tag. Gute Nacht. Du liebst Tíoko. Der piss-pot muss außen blau und innen weiß sein. Bringe ihn bestimmt, tomorrow. Man kann in diesen Nächten nicht aus der Hütte treten, verstehst du?!"

      Ich küsste den drei Mädchen auf ihren harten Lagern die Hände. Akolé war zu schön! Ich kniete mich nieder, küsste sie auf die Stirn, die Augen, den Mund – –.

      "Go to Tíoko – – –", sagte sie sanft.

      Monambô, Akóshia verkrochen sich in ihren Kat­tunen. "Go to Tíoko – – –!"

      Als ich aus der Hütte trat, waren die Birken grau im Frühlichte und wie eins mit der nebeligen Luft, welche nach feuchter Frische duftete – –

      Können Negerinnen erröten?!

      Negerinnen können erröten. Wie kupferfarbig werden sie, gleichsam heller. Zum Beispiel, wenn du ihre Hände küsst, dich wie ein Kavalier benimmst.

      Können Negerinnen erbleichen?!

      Nein, im Gegenteile. Sie – – – erdunkeln!

      Zum Beispiel, wenn du – – – dich nicht wie ein Kavalier benimmst.

      Dann – – – erdunkeln sie!

      "Prügel sind gut, o Herr", sagte die eben von ihrem Gatten geprügelte junge Negerin Dédé zu P. A. "Wie tshofán ist es (Medizin)! Der, der prügelt, wird von seiner Wut geheilt und der andere von seinem ,bösen Gewissen'!"

      Besucher des Aschanti-Dorfes schlagen abends an die Holzwände der Hütten, zum Spaße.

      Der Goldschmied Nôthëi: "Sir, wenn ihr zu uns nach Akkra kämet als Ausstellungsobjekte (exhibited), würden wir nicht des Abends an eure Hütten klopfen!"

      "Herr – – –", sagte der Häuptling Bôdjé zu P. A., "komme in meine Hütte." – – – – – –.

      "Sit down."

      - – – – – –.

      "Ich habe heute nachmittags Nahbadû geschlagen. Ich schlug sie mit diesem Ochsenziemer. Verstehst du mich?!"

      "I understand – – –."

      "I am the chief of my people. Ich liebe es nicht, Nahbadû zu schlagen. Of course. Wenn alle Mädchen zu dem Tam-Tam jedoch sich begeben, sitzt sie in ihrer Hütte und macht gar nichts. Sie ist weder krank noch müde. Ganz verrückt sitzt sie in ihrem Hause und macht gar nichts. I am the chief of my people! Ich fragte sie, warum sie täglich dasselbe tue, dazusitzen und gar nichts zu tun. Ich fragte und fragte. Dann schlug ich sie mit meinem Ochsenziemer. Wenn alle Mädchen in den Hütten sitzen würden und vor sich hinträumen, nicht?! Wofür zahlen die weißen Menschen?! Es ist unsere Pflicht. Ich liebe es nicht, Nahbadû zu schlagen. Ich wollte dir das nur sagen, damit du es wissest. Was hast du denn, Herr – –?!"

      "Nichts, Bôdjé – – –."

      "Nun, Herr, ich werde sie von nun an träumen lassen in ihrer Hütte – – –."

      Nahbadû:

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