Mein Weg: Der Weg der weißen Wolke. Osho
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Mein Weg: Der Weg der weißen Wolke - Osho страница 14
Das Gleiche gilt für alle Arten von Phänomenen. Das Leben arbeitet durch die Polarität von Mann und Frau. Die Frau ist die negative Lebensenergie und der Mann der positive Pol. Beide sind elektrisch, daher die Anziehungskraft. Wenn es nur Männer gäbe, würde das Leben verschwinden; wenn es nur Frauen gäbe, gäbe es kein Leben, nur Tod. Zwischen Mann und Frau herrscht ein Gleichgewicht. Zwischen diesen beiden Polen, diesen beiden Ufern, fließt der Strom des Lebens. Wo man auch hinschaut, man sieht, wie dieselbe Energie sich zwischen zwei Polaritäten im Gleichgewicht hält.
Diese beiden Pole sind für die Meditation von Bedeutung, denn der Verstand ist logisch, aber das Leben ist dialektisch. Wenn ich sage, dass der Verstand logisch ist, dann meine ich, dass er sich in einer geraden Linie bewegt. Wenn ich sage, dass das Leben dialektisch ist, dann heißt das, dass das Leben mit den Gegensätzen arbeitet, nicht mit einer Linie. Das Leben bewegt sich im Zick-Zackkurs von negativ zu positiv, von positiv zu negativ, von negativ zu positiv, es zick-zackt, es benutzt die Gegensätze.
Der Verstand bewegt sich in einer Linie und geht nie zum Gegenteil, er leugnet das Gegenteil. Der Verstand glaubt an die Eins. Das Leben glaubt an die Zwei. Der Verstand wählt immer nur eine Seite. Wenn der Verstand sich für Stille entscheidet, wenn er genug von all dem Lärm des Lebens hat, geht er in die Himalajas. Er will seine Ruhe haben und nicht mehr mit dem Lärm konfrontiert werden. Der Gesang der Vögel stört, der Wind, der in den Bäumen rauscht, stört. Der Verstand will Ruhe. Er hat sich für die gerade Linie entschieden. Jetzt wird das Gegenteil völlig ausgeschlossen.
Aber ein Mensch, der im Himalaja Ruhe sucht und das Gegenteil, das andere vermeidet, tötet sich ab. Er wird stumpfsinnig. Je mehr er sich für die Stille entscheidet, desto stumpfsinniger wird er. Das Leben braucht das Gegenteil, die Spannung, die im Gegensatz liegt. Die Stille, die durch zwei Gegensätze erzeugt wird, ist etwas ganz anderes, aber eine Stille ohne Gegensatz ist tot, es ist eine Friedhofsruhe. Ein Toter ist still, aber wer möchte schon tot sein? Ein Toter ist vollkommen still, niemand kann ihn stören. Seine Konzentration ist perfekt, man kann sein Geist nicht aufwühlen, er steht still. Selbst wenn rundherum die ganze Welt verrückt wird, bleibt er in seiner Konzentration.
Aber ihr wollt ja nicht tot sein; Ruhe, Konzentration, oder wie man es nennen will, sind dann egal, wenn ihr ruhig seid und tot, dann bedeutet diese Ruhe ja nichts mehr. Ruhe muss über euch kommen, wenn ihr absolut lebendig seid, vital, überschäumend mit Leben und Energie. Dann bedeutet Ruhe etwas.
Dann hat sie eine völlig andere Qualität. Diese Ruhe ist nicht stumpf. Sie lebt in einem subtilen Gleichgewicht zwischen den beiden Extremen. Ein Mensch, der ein lebendiges Gleichgewicht, eine lebendige Ruhe sucht, kann auf dem Marktplatz und in die Himalajas gehen. Beides. Er wird den Lärm des Marktes ebenso genießen wie die Stille der Berge und im Gleichgewicht zwischen diesen beiden Polen bleiben. Dieses Gleichgewicht kann man nicht erreichen, wenn man versucht, gradlinig zu leben.
Das ist die Bedeutung der Zen-Technik, der mühelosen Mühe. Widersprüchliche Begriffe werden benutzt: die mühelose Mühe, das torlose Tor, der weglose Weg. Im Zen werden immer Widersprüche benutzt, um euch einen Fingerzeig zu geben, dass der Ablauf dialektisch ist, nicht linear. Das Gegenteil soll nicht verneint werden, es wird miteinbezogen, absorbiert. Der Gegensatz soll nicht vergessen werden, sondern benutzt. Wenn ihr das Gegenteil ablehnt, wird es zum Sorgenpaket, es bleibt unbenutzt an euch hängen, und ihr versäumt vieles.
Die Energie kann umgewandelt und benutzt werden. Dadurch werdet ihr lebendiger und vitaler. Wenn das Gegenteil miteinbezogen wird, ist es ein dialektischer Prozess. Mühelosigkeit heißt Nichts-Tun, Inaktivität, Akarma. Mühe heißt Viel-Tun, Aktivität, Karma. Beides muss sein. Tut viel, ohne dabei als ein Täter vorhanden zu sein – dann erreicht ihr beides. Geht in die Welt, ohne ein Teil davon zu werden. Lebt in der Welt, aber lasst die Welt nicht in euch leben. Dann ist der Widerspruch aufgehoben worden. Dann lehnt ihr nichts ab, dann verneint ihr nichts. Dann ist die gesamte Gottheit angenommen worden.
So mache ich es. Die Dynamische Meditation ist ein Widerspruch in sich selbst. Dynamisch bedeutet Mühe, absolute Anstrengung. Meditation bedeutet Stille, Mühelosigkeit, Nichts-Tun. Man kann es eine dialektische Meditation nennen. Seid so aktiv, dass die ganze Energie in Bewegung kommt, dass kein Funken Energie statisch bleibt. Die gesamte Energie ist gefordert, und nichts wird zurückgehalten. Alle eingefrorenen Energieteile schmelzen dahin. Dann seid ihr keine Eisblöcke mehr, ihr seid dynamisch geworden.
Jetzt seid ihr keine Materie mehr, ihr seid Energie, Elektrizität. Arbeitet mit all eurer Energie, lasst sie fließen. Wenn alles in Bewegung ist, und ihr ein Wirbelwind geworden seid, dann passt gut auf! Denkt daran, aufmerksam zu sein, und plötzlich findet ihr eine vollkommene Stille im Zentrum des Wirbelwindes. Das ist es, was ihr seid – ihr in eurer Göttlichkeit, ihr als Götter! Rundherum ist Bewegung. Euer Körper ist ein brausender Wirbelwind geworden alles dreht sich schneller und schneller. Alle hartgefrorenen Partikelchen sind geschmolzen. Und ihr fließt. Ihr seid zu einem Vulkan geworden, zu Feuer. Aber im Zentrum, inmitten aller Bewegung, ist ein unbewegter Punkt, der stille Punkt. Dieser stille Punkt muss nicht hergestellt werden. Er ist da. Ihr braucht überhaupt nichts dafür zu tun. Er war immer da.
Er ist euer urinnerstes Wesen, der tiefste Wesensgrund. Das ist es, was die Hindus Atma, die Seele, nennen. Dieses Zentrum ist immer da, aber ihr bemerkt es nicht, wenn eure Körper, eure materielle Existenz nicht völlig aktiv geworden ist. In totaler Aktivität wird das total Inaktive sichtbar. Die Aktivität schafft den Kontrast. Sie ist wie eine schwarze Wandtafel, auf der sich ein weißer Punkt befindet. Gegen den Hintergrund der schwarzen Tafel tritt der weiße Punkt hervor. Wenn eure Körper aktiv geworden sind, in dynamischer Bewegung, bemerkt ihr plötzlich den stillen Punkt, das unbewegte Zentrum des ganzen Universums. Das geschieht mühelos. Man muss sich nicht darum bemühen, es wird einfach offenbart. Mühe an der Peripherie, Mühelosigkeit im Zentrum.
Bewegung am Rande, Stille in der Mitte, Aktivität im Außen und Inaktivität im Zentrum. Die einzige Schwierigkeit dabei ist, dass man sich mit dem Zentrum, das die Hindus Atma, die Seele, nennen, identifizieren kann. Wenn man sich mit der stillen Mitte identifiziert, hat man wiederum zwischen den beiden Polaritäten gewählt. Dann hat man sich wieder für etwas entschieden und das andere abgelehnt.
Das ist eine der subtilsten östlichen Beobachtungen: Wenn man sich mit dem stillen Punkt identifiziert, kann man Gott niemals erfahren. Und da gibt es viele Traditionen, ganz besonders die Jainas, die sich zu sehr mit dem Selbst identifizieren. Sie sagen, dass es keinen Gott gibt, dass das Selbst der einzige Gott ist. Hindus, die wirklich tiefe Einblicke haben, sagen über diesen stillen Punkt und die Bewegung an der Peripherie, dass man entweder beides ist oder keines von beiden. Entweder man ist beides oder gar nichts. Das kommt auf das Gleiche heraus. Das sind die beiden Pole, die beiden dialektischen Pole, die These und die Antithese. Das sind die beiden Ufer, und ihr seid dazwischen – weder in Bewegung noch in Stille.
Das ist die höchste Transzendenz; das ist es, was die Hindus Brahma nennen. Mühe und Mühelosigkeit, Bewegung und Stille, Aktivität und Inaktivität, Materie und Seele – das sind die beiden Ufer, und zwischen ihnen fließt das Unsichtbare. Die beiden Ufer sind sichtbar, und dazwischen fließt das Unsichtbare – das bist du.
Die Upanishaden sagen: „Tatvam asi swetketu – das, was zwischen beiden Ufern fließt, das, was man nicht sehen kann, das, was in