Verlorene Illusionen. Оноре де Бальзак
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»Überlass mir die Verhandlungen mit den Cointet, mische dich nicht in dieses Geschäft«, sagte er zu seinem Sohn.
Der alte Mann hatte bald das Interesse der Cointet erraten, er erschreckte sie durch die Schärfe seiner Bemerkungen. »Sein Sohn habe eine Dummheit begangen, die er gerade noch verhindern konnte«, sagte er.
»Worauf soll unsere Kundschaft sich stützen, wenn er unser Blatt verkauft? Die Advokaten, die Notare, alle Kaufleute des Houmeau sind liberal, die Cointet haben den Séchard Schaden zufügen wollen, als sie sie des Liberalismus bezichtigten, sie haben ihnen damit das Rettungsseil zugeworfen, die Annoncen der Liberalen werden den Séchard verbleiben! Das Blatt verkaufen? Aber ebensogut könnte man die ganze Druckerei und das Patent verkaufen.«
Er verlangte nunmehr von den Cointet sechzigtausend Franken für die Druckerei, um seinen Sohn nicht zu ruinieren: er liebte seinen Sohn, er schützte seinen Sohn. Der alte Winzer bediente sich seines Sohns, wie die Bauern ihrer Frauen: sein Sohn wollte oder wollte nicht, je nach den Vorschlägen, die er einen nach dem andern den Cointet entriss, und er brachte sie nicht ohne Anstrengungen dazu, dass sie eine Summe von zweiundzwanzigtausend Franken für das Journal de la Charente gaben. Aber David musste sich verpflichten, niemals wieder irgendein Blatt zu drucken, widrigenfalls er dreißigtausend Franken Schadloshaltung zu zahlen hätte. Dieser Verkauf war der Selbstmord der Druckerei Séchard, aber der Winzer beunruhigte sich nicht darüber. Nach dem Diebstahl kommt immer der Mord. Der Ehrenmann hatte im Sinne, diese Summe zur Bezahlung seiner Forderung zu verwenden, und um sie in die Hände zu bekommen, hätte er David noch mit dazu verkauft, insbesondere da dieser lästige Sohn Anspruch auf die Hälfte dieses unverhofften Gewinns hatte. Zur Entschädigung überließ der edelmütige Vater ihm die Druckerei, wobei aber die Bestimmung, dass der Sohn für die Miete des Hauses die famosen zwölfhundert Franken zu zahlen hatte, bestehen blieb. Seit dem Verkauf der Zeitung an die Cointet kam der Alte nur noch selten in die Stadt, er schützte sein hohes Alter vor; aber der wahre Grund war das geringe Interesse, das er an einer Druckerei nahm, die ihm nicht mehr gehörte. Trotzdem konnte er die alte Liebe zu seinen Werkzeugen nicht ganz aufgeben. Wenn seine Geschäfte ihn nach Angoulême führten, wäre es sehr schwer gewesen, zu entscheiden, was ihn am meisten in sein Haus zog, seine hölzernen Pressen oder sein Sohn, zu dem er kam, um pro forma seine Miete zu verlangen. Sein früherer Faktor, der jetzt bei den Cointet war, wusste, was er von diesem väterlichen Edelmut halten sollte; er sagte, »der schlaue Fuchs behielte sich auf diese Weise das Recht vor, sich in die Geschäfte seines Sohnes einzumischen, indem er durch die Aufhäufung der Mietschuld bevorrechtigter Gläubiger würde«.
Die Unbekümmertheit David Séchards hatte Ursachen, die für den Charakter des jungen Mannes bezeichnend waren. Einige Tage nachdem er die väterliche Druckerei übernommen, hatte er einen seiner Studienfreunde getroffen, der damals dem tiefsten Elend preisgegeben war. Der Freund David Séchards war ein junger Mann von ungefähr einundzwanzig Jahren, namens Lucien Chardon, der Sohn eines frühern Regimentswundarztes der republikanischen Armeen, der infolge einer Verwundung seinen Dienst eingebüßt hatte. Seine Naturanlage hatte aus Chardons Vater einen Chemiker gemacht, und der Zufall hatte ihn als Apotheker nach Angoulême geführt. Der Tod überraschte ihn inmitten der Vorbereitungen zur Ausbeutung einer großartigen Erfindung, zu der er mehrere Jahre wissenschaftlicher Studien gebraucht hatte. Er wollte jede Art Gicht heilen. Die Gicht ist die Krankheit der Reichen, und die Reichen zahlen die Gesundheit gut, wenn sie ihrer beraubt sind. Daher hatte der Apotheker dieses Problem aus den vielen ausgewählt, die sich seinem Nachdenken dargeboten hatten. Der selige Chardon hatte in seiner Stellung zwischen Wissenschaft und Erfahrung begriffen, dass allein die Wissenschaft sein Vermögen begründen könnte: er hatte also die Ursachen der Krankheit studiert und sein Mittel auf eine gewisse Lebensweise gegründet, die er jedem Temperament anpasste. Er starb während eines Aufenthalts in Paris, wo er die Approbation der Akademie der Wissenschaften hatte einholen wollen, und verlor so die Frucht seiner Arbeit. Der Apotheker hatte, da er ein großes Vermögen vor sich sah, in der Erziehung seines Sohnes und seiner Tochter nichts verabsäumt, und so hatte der Unterhalt seiner Familie alle Erträgnisse der Apotheke verschlungen. Auf solche Weise kam es, dass er seine Kinder nicht nur im Elend zurückließ, sondern dass er sie auch zu ihrem Unglück in der Hoffnung auf eine glänzende Zukunft aufgezogen hatte, die mit ihm erlosch. Der berühmte Desplein, der ihn behandelte, sah ihn unter Wutkrämpfen sterben. Die Quelle dieses Ehrgeizes war die leidenschaftliche Liebe, die der alte Wundarzt zu seiner Frau hegte, die das letzte Glied der Familie von Rubempré war und die er im Jahr 1793 wie durch ein Wunder vom Schafott gerettet hatte. Ohne dass das junge Mädchen dieser Lüge hatte zustimmen wollen, hatte er einen Aufschub erreicht, indem er sagte, sie sei schwanger. Nachdem er sich so das Recht verschafft hatte, sie zu seiner Frau zu machen, heiratete er sie trotz ihrer beider Armut. Die Kinder besaßen, wie alle Kinder der Liebe, als Erbe weiter nichts als die wunderbare Schönheit der Mutter, ein oft verhängnisvolles Geschenk, wenn es mit Not und Elend verknüpft ist.