Verlorene Illusionen. Оноре де Бальзак

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Verlorene Illusionen - Оноре де Бальзак

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seinen Sohn und den Faktor und sah, wie beide in ihren Käfigen ein Buch lasen, das der Bär für Korrekturen hielt. Er aß mit David zu Mittag, kehrte dann auf sein Gut in Marsac zurück und grübelte über seine Besorgnisse. Der Geiz hat wie die Liebe die Gabe des zweiten Gesichts für die kommenden Ereignisse, er wittert sie, er nimmt sie voraus. Wenn er von der Druckerei wieder weg war, wo der Anblick seiner Werkzeuge ihn bestrickte, die ihn in die Zeit zurückversetzten, wo er sein Vermögen erworben, fand der alte Winzer bei seinem Sohne beunruhigende Zeichen von Untätigkeit. Der Name Gebrüder Cointet erschreckte ihn, er sah ihn die Firma Séchard & Sohn überflügeln. Kurz, der alte Mann fühlte das Unglück nahen. Diese Ahnung hatte guten Grund: das Unglück schwebte wirklich über dem Hause Séchard. Aber die Geizigen haben einen Gott. Durch ein Zusammentreffen von unvorhergesehenen Umständen musste dieser Gott dafür sorgen, dass der Preis seines wucherischen Verkaufs vollständig in die Geldtasche des Trunkenbolds kam. Hören wir nun, aus welchen Gründen die Druckerei Séchard zurückging, obwohl es den Anschein hatte, dass sie hätte florieren müssen. David kümmerte sich weder um die religiöse Reaktion, die die Restauration in der Regierung hervorbrachte, noch um den Liberalismus und bewahrte daher in politischen und religiösen Dingen die schädlichste Neutralität. Das war in einer Zeit, wo die Kaufleute der Provinz sich zu einer Meinung bekennen mussten, um Kunden zu haben, denn man musste zwischen der Kundschaft der Liberalen oder der der Royalisten wählen. Eine Liebesneigung, die im Herzen Davids erwachte, seine wissenschaftlichen Beschäftigungen, seine schöne Natur, all das ließ in ihm die Gewinngier nicht aufkommen, die zum rechten Kaufmann gehört und die ihn veranlasst hätte, über die Unterschiede nachzudenken, die die Industrie der Provinz von der der Hauptstadt trennen. Die in den Departements voneinander so verschiedenen Nuancen verschwinden in der großen Bewegung von Paris. Die Gebrüder Cointet schlossen sich den monarchistischen Meinungen an, sie hielten ostentativ die Fasttage inne, gingen fortwährend in den Dom, verkehrten mit den Priestern und druckten sofort, als das Bedürfnis bemerkbar war, religiöse Bücher. Die Cointet bekamen also in diesem einträglichen Geschäfte das Oberwasser und verleumdeten David Séchard, den sie des Liberalismus und des Atheismus bezichtigten. »Wie«, sagten sie, »könnte man einen Menschen beschäftigen, der einen von den Septembermördern, einen Trunkenbold, einen Bonapartisten, einen alten Geizkragen zum Vater hätte, der früher oder später ganze Haufen Gold hinterlassen müsste?« Sie wären arm, hätten für ihre Familie zu sorgen, während David ein Junggeselle wäre und einmal sehr reich würde. Er täte auch nur, was ihm behagte usw. Unter dem Einfluss dieser Anschuldigungen übertrugen schließlich die Präfektur und die bischöfliche Kanzlei das Privileg ihrer Druckaufträge den Gebrüdern Cointet. Bald riefen diese gierigen Gegner, denen die Sorglosigkeit ihres Konkurrenten Mut machte, ein zweites Anzeigeblatt ins Leben. Die alte Druckerei war auf die Druckaufträge der Stadt angewiesen, und die Einnahme aus seinem Anzeigeblatt ging auf die Hälfte zurück. Das Haus Cointet, das an den kirchlichen und religiösen Büchern beträchtliche Summen verdient hatte, schlug bald den Séchard vor, ihm ihre Zeitung zu verkaufen, damit sie die Bekanntmachungen des Departements und die Inserate der Behörden ungeteilt hätten. Sowie David diese Nachricht seinem Vater mitgeteilt hatte, stürzte der alte Winzer, den die Fortschritte des Hauses Cointet schon erschreckt hatten, mit der Schnelligkeit eines Raben, der die Leichen auf einem Schlachtfeld gewittert hatte, von Marsac auf die Place du Mûrter.

      »Überlass mir die Verhandlungen mit den Cointet, mische dich nicht in dieses Geschäft«, sagte er zu seinem Sohn.

      Der alte Mann hatte bald das Interesse der Cointet erraten, er erschreckte sie durch die Schärfe seiner Bemerkungen. »Sein Sohn habe eine Dummheit begangen, die er gerade noch verhindern konnte«, sagte er.

      »Worauf soll unsere Kundschaft sich stützen, wenn er unser Blatt verkauft? Die Advokaten, die Notare, alle Kaufleute des Houmeau sind liberal, die Cointet haben den Séchard Schaden zufügen wollen, als sie sie des Liberalismus bezichtigten, sie haben ihnen damit das Rettungsseil zugeworfen, die Annoncen der Liberalen werden den Séchard verbleiben! Das Blatt verkaufen? Aber ebensogut könnte man die ganze Druckerei und das Patent verkaufen.«

      Er verlangte nunmehr von den Cointet sechzigtausend Franken für die Druckerei, um seinen Sohn nicht zu ruinieren: er liebte seinen Sohn, er schützte seinen Sohn. Der alte Winzer bediente sich seines Sohns, wie die Bauern ihrer Frauen: sein Sohn wollte oder wollte nicht, je nach den Vorschlägen, die er einen nach dem andern den Cointet entriss, und er brachte sie nicht ohne Anstrengungen dazu, dass sie eine Summe von zweiundzwanzigtausend Franken für das Journal de la Charente gaben. Aber David musste sich verpflichten, niemals wieder irgendein Blatt zu drucken, widrigenfalls er dreißigtausend Franken Schadloshaltung zu zahlen hätte. Dieser Verkauf war der Selbstmord der Druckerei Séchard, aber der Winzer beunruhigte sich nicht darüber. Nach dem Diebstahl kommt immer der Mord. Der Ehrenmann hatte im Sinne, diese Summe zur Bezahlung seiner Forderung zu verwenden, und um sie in die Hände zu bekommen, hätte er David noch mit dazu verkauft, insbesondere da dieser lästige Sohn Anspruch auf die Hälfte dieses unverhofften Gewinns hatte. Zur Entschädigung überließ der edelmütige Vater ihm die Druckerei, wobei aber die Bestimmung, dass der Sohn für die Miete des Hauses die famosen zwölfhundert Franken zu zahlen hatte, bestehen blieb. Seit dem Verkauf der Zeitung an die Cointet kam der Alte nur noch selten in die Stadt, er schützte sein hohes Alter vor; aber der wahre Grund war das geringe Interesse, das er an einer Druckerei nahm, die ihm nicht mehr gehörte. Trotzdem konnte er die alte Liebe zu seinen Werkzeugen nicht ganz aufgeben. Wenn seine Geschäfte ihn nach Angoulême führten, wäre es sehr schwer gewesen, zu entscheiden, was ihn am meisten in sein Haus zog, seine hölzernen Pressen oder sein Sohn, zu dem er kam, um pro forma seine Miete zu verlangen. Sein früherer Faktor, der jetzt bei den Cointet war, wusste, was er von diesem väterlichen Edelmut halten sollte; er sagte, »der schlaue Fuchs behielte sich auf diese Weise das Recht vor, sich in die Geschäfte seines Sohnes einzumischen, indem er durch die Aufhäufung der Mietschuld bevorrechtigter Gläubiger würde«.

      Die Unbekümmertheit David Séchards hatte Ursachen, die für den Charakter des jungen Mannes bezeichnend waren. Einige Tage nachdem er die väterliche Druckerei übernommen, hatte er einen seiner Studienfreunde getroffen, der damals dem tiefsten Elend preisgegeben war. Der Freund David Séchards war ein junger Mann von ungefähr einundzwanzig Jahren, namens Lucien Chardon, der Sohn eines frühern Regimentswundarztes der republikanischen Armeen, der infolge einer Verwundung seinen Dienst eingebüßt hatte. Seine Naturanlage hatte aus Chardons Vater einen Chemiker gemacht, und der Zufall hatte ihn als Apotheker nach Angoulême geführt. Der Tod überraschte ihn inmitten der Vorbereitungen zur Ausbeutung einer großartigen Erfindung, zu der er mehrere Jahre wissenschaftlicher Studien gebraucht hatte. Er wollte jede Art Gicht heilen. Die Gicht ist die Krankheit der Reichen, und die Reichen zahlen die Gesundheit gut, wenn sie ihrer beraubt sind. Daher hatte der Apotheker dieses Problem aus den vielen ausgewählt, die sich seinem Nachdenken dargeboten hatten. Der selige Chardon hatte in seiner Stellung zwischen Wissenschaft und Erfahrung begriffen, dass allein die Wissenschaft sein Vermögen begründen könnte: er hatte also die Ursachen der Krankheit studiert und sein Mittel auf eine gewisse Lebensweise gegründet, die er jedem Temperament anpasste. Er starb während eines Aufenthalts in Paris, wo er die Approbation der Akademie der Wissenschaften hatte einholen wollen, und verlor so die Frucht seiner Arbeit. Der Apotheker hatte, da er ein großes Vermögen vor sich sah, in der Erziehung seines Sohnes und seiner Tochter nichts verabsäumt, und so hatte der Unterhalt seiner Familie alle Erträgnisse der Apotheke verschlungen. Auf solche Weise kam es, dass er seine Kinder nicht nur im Elend zurückließ, sondern dass er sie auch zu ihrem Unglück in der Hoffnung auf eine glänzende Zukunft aufgezogen hatte, die mit ihm erlosch. Der berühmte Desplein, der ihn behandelte, sah ihn unter Wutkrämpfen sterben. Die Quelle dieses Ehrgeizes war die leidenschaftliche Liebe, die der alte Wundarzt zu seiner Frau hegte, die das letzte Glied der Familie von Rubempré war und die er im Jahr 1793 wie durch ein Wunder vom Schafott gerettet hatte. Ohne dass das junge Mädchen dieser Lüge hatte zustimmen wollen, hatte er einen Aufschub erreicht, indem er sagte, sie sei schwanger. Nachdem er sich so das Recht verschafft hatte, sie zu seiner Frau zu machen, heiratete er sie trotz ihrer beider Armut. Die Kinder besaßen, wie alle Kinder der Liebe, als Erbe weiter nichts als die wunderbare Schönheit der Mutter, ein oft verhängnisvolles Geschenk, wenn es mit Not und Elend verknüpft ist.

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