Die dreißig tolldreisten Geschichten. Оноре де Бальзак

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Die dreißig tolldreisten Geschichten - Оноре де Бальзак

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wechselten verständnisvolle Blicke.

      Da sie aber ihren Onkel in so guter Laune sahen, wollten sie ihn auf die Probe stellen.

      »Angenommen«, sagten sie, »Ihr würdet Euer Testament machen, lieber Onkel, wer bekäme da Euer Haus?«

      »Der Stoffel«, antwortete der Chorherr verschmitzt.

      »Und die Hypothek in der Rue Saint-Denis?«

      »Der Stoffel.«

      »Und den Meierhof zu Ville-Parisis?«

      »Der Stoffel.«

      »Der Stoffel, der Stoffel! Dieser Stoffel wird also alles erhalten?« platzte der Hauptmann heraus.

      »Nein«, antwortete der Chorherr lächelnd, »wer der Schlaueste von euch ist, der wird mein Erbe sein. Ich werde testieren in aller Form Rechtens, und schon bin ich kaum im Zweifel, wer die Braut heimfuhren wird.«

      Und der verschmitzte Chorherr warf dem Stoffel einen Blick zu, ähnlich dem, womit jene geschminkten und gepuderten Weibsen ein geputztes Herrlein in ihre Sackgasse locken und worüber dem Stoffel auf einmal der vernagelte Verstand und solchergestalt ein Licht aufging, als es nur je einem Jungfräulein in der Brautnacht aufgegangen ist. Der Advokat und der Hauptmann ließen es sich ebenfalls gesagt sein. Sie machten ihre Katzbuckel und verließen das Haus, aufs äußerste empört über die Albernheit des Chorherrn.

      »Was meinst du von diesem Stoffel?« fragte der Sauluder den Hundsaffen.

      »Ich meine, ich meine«, sagte der Landsknecht grollend, »ich meine, ich werde ihm in der Straße auflauern und ihm unversehens seinen Kopf vor die Füße werfen; er kann ihn ja wieder aufheben, wenn er Lust dazu spürt.«

      »Holla!« sprach der Advokat, »du hast deine eigne Art, Köpfe abzuhauen. Jedermann wird sagen: ›Das war der Schweinsledern.‹ Ich habe einen andern Plan. Ich will ihn zum Abendessen einladen, und nachher wollen wir Sacklaufen spielen. Wir lassen uns in Säcke einnähen und wetten, wer so am besten gehen kann; wenn der Stoffel erst eingenäht ist, werfen wir ihn in den Fluss. Er kann dann schwimmen, wenn's ihm darum ist.«

      »Das will überlegt sein«, antwortete der Hundsaffe.

      »Ist längst überlegt«, erwiderte der Advokat. »Wenn nur der Vetter erst zum Teufel ist, wer sollte uns noch die Erbschaft streitig machen?«

      »Einverstanden«, sprach der Kriegsmann; »aber es ist nötig, dass wir zusammenhalten wie die zwei Beine an einem Rumpf; denn wenn du fein bist wie Seide, so bin ich hart wie Stahl, mein Einfall ist nicht weniger wert als der deine, hörst du?«

      »Gut, abgemacht. Aber wie soll er denn nun umkommen, durch das Schwert oder durch den Sack?«

      »Du tust ja, als ob wir einen König ermorden wollten. Soviel Gerede um einen Tölpel von Schweinehirten! Machen wir aus, dass derjenige zwanzigtausend Taler an der Erbschaft voraus haben soll, der von uns beiden am raschesten ist zur Tat. Ich werde ihm also sagen: ›Heb deinen Kopf auf, Tölpel!‹«

      »Und ich: ›Schwimme, mein Freund!‹« Und der Advokat lachte wie ein offener Hosenlatz.

      Dann gingen sie zum Nachtessen, der Hauptmann zu seinem Weibsbild, der Advokat zu der Frau eines Goldschmieds, deren Geliebter er war.

      Wer aber war wie aus den Wolken gefallen? Der Stoffel. Denn obwohl die beiden Vettern drunten auf dem Platz zusammen gesprochen hatten und kaum lauter, als man in der Kirche zu sprechen wagt, hatte der Stoffel doch alles gehört, entweder weil die Worte zu ihm hinauf- oder weil seihe Ohren zu den Worten heruntergestiegen waren.

      »Hört Ihr, Herr Onkel?«

      »Ja«, antwortete der, »ich höre das Holz, das im Feuer schwitzt und knistert.«

      »Und ich«, antwortete Stoffel, »wenn ich auch nicht an den Teufel glaube, so glaube ich doch an den heiligen Michael, meinen Schutzengel. Er ruft mich, ich folge ihm.«

      »Geh, mein Sohn«, antwortete schelmisch der Chorherr, »aber gib acht, dass du nicht ins Wasser fällst oder deinen Kopf verlierst; denn mir ist, als hörte ich den Fluss rauschen, und das Straßengesindel, scheint mir, ist nicht immer das gefährlichste Gesindel.«

      Stoffel verwunderte sich sehr über diese Worte. Er betrachtete sich den Kanonikus. Der Alte schien ihm seltsam aufgeräumt mit seinen gichtkrummen Beinen und seinem flammenden Blick. Aber da er jetzt dem Tod, der ihn bedrohte, den Rang ablaufen musste, dachte er, dass er ein andermal Zeit habe, den Oheim zu bewundern oder ihm die Nägel zu stutzen. Machte sich also auf nach der Stadt mit einer Eile wie ein Weibsbild, das dem Vergnügen nachläuft.

      Die beiden Vettern, die nicht an die göttliche Erleuchtung glaubten, wie sie manchmal über einfältige Hirten zu kommen pflegt, hatten oft im Beisein des Stoffels, wie wenn er Luft wäre, ihre geheimsten Heimlichkeiten gegeneinander ausgekramt.

      Unter anderem hatte eines Abends der Sauluder dem Kanonikus, um ihn aufzuheitern, von seiner Liebschaft mit der Frau eines Goldschmieds erzählt und wie er es anstellte, um dem Gevatter unvermerkt das bekannte Paar Hörner beizubringen, ein Paar goldige, ein Paar feinziselierte und feinskulptierte, ein Paar Hörner mit so reichem figürlichem Schmuck als nur je ein Gefäß auf der Tafel eines Königs. Diese Goldschmiedin war, wenn man ihn hörte, ein tolles Ding, kühn und verwegen wie nicht leicht eine, die, wenn sie ihren Mann schon die Stiege heraufkommen hörte, die Sache erst recht noch einmal machte, wie wenn es nichts weiter gälte, als eine Erdbeere zu schlucken, dabei das Köpfchen voll närrischer Launen, immer auf neue Streiche denkend und zu allem heiter wie das gute Gewissen selber, zur Freude ihres Mannes, dem ihr Wohlsein naheging wie sein Hemd. Und so durchtrieben war sie, dass weder ihre Liebschaft ihrer Wirtschaft noch ihre Wirtschaft ihrer Liebschaft schadete, also dass sie nicht nur allgemein den Ruf einer tugendsamen Frau, sondern auch das volle Vertrauen ihres Eheherrn genoss, der ihr die Schlüssel, die Kasse und alles überließ.

      »Und zu welcher Stunde empfängt Euch Eure Dulcinea?« fragte der Chorherr.

      »Jeden Abend. Und oft schlafe ich bei ihr.«

      »Aber wie kann das geschehen?« fragte von neuem der Oheim.

      »Das machen wir so. In einem Verschlag steht ein mächtiger Schrank. In den verstecke ich mich. Nun müsst Ihr wissen, dass der Goldschmied fast jeden Abend bei seinem Gevatter, dem Tuchhändler, speist, mit dessen Frau er so steht wie ich mit seiner eigenen. Wenn er nun nach Haus kommt, tut die Frau so, als ob es ihr irgendwo nicht recht wäre, lässt ihn allein zu Bett gehen und schleicht sich, um ihrem Übel Linderung zu verschaffen, in den Verschlag mit dem Schrank. Am Morgen dann, wenn der Mann vor seiner Goldwaage sitzt, mache ich mich davon. Das Haus hat zwei Ausgänge, einen nach der Straße und einen nach dem Fluss; begegne ich dem Hausherrn, bin ich eben durch das andere Loch, wo er nicht war, hereingekommen, natürlich um mit ihm wegen seines Prozesses zu verhandeln, den ich als sein Advokat so lange wie möglich am Leben und in guter Gesundheit zu erhalten suche. Und so ist das eine rentable Liebschaft, für die der Herr Gemahl soviel an Sporteln und sonstigen Advokatenrechnungen bezahlen muss, dass er sich im Stall gut ein paar Pferde halten könnte. Der Mann unternimmt nichts ohne mich; er liebt mich, wie so einer den zu lieben verpflichtet ist, der ihm so fleißig hilft, sein Gärtlein umzustechen, zu gießen und in jeder Weise zu kultivieren.«

      An diese Worte dachte jetzt der Stoffel; er machte sich aber unverzüglich auf den Weg, denn er hatte dem Tod den Rang abzulaufen.

      Stoffel erinnerte

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