Die dreißig tolldreisten Geschichten. Оноре де Бальзак

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Die dreißig tolldreisten Geschichten - Оноре де Бальзак

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      »Nun gib acht, mein Schätzchen«, sprach der Ehemann, »hier sind zwölftausend Dukaten. Mit zwölftausend Dukaten aber, musst du wissen, kauft man Landgüter, Menschen, Weiber und das Gewissen von wenigstens drei Pfaffen; so zweifle ich nicht, dass ich für diese zwölftausend Dukaten auch dich kaufen kann mit Leib, Seele, Eingeweiden und was dazu gehört. Und ich habe Vertrauen in dich, das Vertrauen eines Wucherers, der gibt, um zu erhalten. Höre also, was ich von dir verlange. Du wirst ohne Aufschub zu dem Edelmann gehen, der glaubt, dass er diese Nacht von meiner Frau erwartet wird, und wirst ihm weismachen, dass er sich diesen Gedanken für heute Abend aus dem Kopf schlagen und sein Pferd für diesmal in Gottes Namen in einem andern Stall einstellen müsse, da in letzter Stunde der König sein Nachtmahl bei der Dame bestellt habe ... Dann wirst du dafür sorgen, dass ich die Nacht an seiner und des Königs Stelle sei.«

      »Aber wie?« fragte das Mädchen.

      »Oh«, antwortete er, »ich habe dich gekauft, dich und deinen Witz. Ich bin auch überzeugt, dass du die Dukaten nicht zweimal zu betrachten brauchst, ohne den Weg zu entdecken, der mich zu meiner Frau führt. Du wirst ohnedies dabei deine Seele nicht mit der geringsten Sünde belasten. Vielmehr wird es ein gottgefälliges Werk sein, zwei Eheleute zusammenzubringen, die sich ihre Hand gegeben haben vor dem Priester.«

      »Bei meiner Kleinen«, sagte sie, »Ihr sollt Euch nicht geirrt haben. Kommt heute Abend, nachdem alle Lichter ausgelöscht sind, und Ihr sollt Eures Weibes froh werden, vorausgesetzt, dass Ihr den Schnabel halten könnt, solang Ihr bei ihr seid. Sie selber pflegt bei solchen Gelegenheiten mehr zu kreischen als zu reden und alle Fragen mit ihrem Körper, der von großer Eloquenz ist, zu beantworten. Denn sie ist sehr schamhaft und hasst unsaubere Reden, die sonst bei den Damen vom Hof so beliebt sind ...«

      »Brav«, sagte der Advokat; »nimm diese zwölftausend Dukaten, und ich verspreche dir noch einmal doppelt soviel, wenn ich wie ein Dieb in der Nacht mir nehmen kann, was mir gehört vor Gott und den Menschen.«

      Sie besprachen dann miteinander genau die Stunde, die Gelegenheit des Ortes, was sie ihm für ein Zeichen geben wolle und alles; dann machte sich die Zofe auf den Weg, begleitet von den lustigen goldenen Groschen, die, einer nach dem andern, den Witwen, Waisen und auch andern Leuten mit den bekannten Advokatenkniffen aus der Tasche gelockt waren und die nun alle in die besagte alchimistische Retorte wanderten, in der alles, selbst euer Leben, schmilzt und sich verzehrt, wie es auch davon hergekommen ist.

      Der Anwalt aber beginnt unverweilt seine Vorbereitungen, schabt sich den Bart, parfümiert und frisiert sich, zieht feine Wäsche an, enthält sich des Knoblauchs, um seinen Atem nicht zu verstänkern, stellt sich siebenundzwanzigmal vor den Spiegel und zupft an der Halskrause, kurz, tut alles, was so ein oberhofgerichtlicher Aktenmensch und Staubfresser nur tun kann, um sich das Äußere eines feinen Hofmanns zu geben. Er sucht die Allüren eines jungen Lebemannes nachzumachen, studiert einen leichten, tänzelnden Gang und sucht seinem scheußlichen Gesicht eine liebenswürdige Miene abzugewinnen. Aber es war vergebliche Liebesmüh, er war und blieb der Mann der schmutzigen Prozesse. Er war nicht so gewitzigt wie die schöne Wäscherin von Portillon, die eines Sonntags, als sie sich für ihren Geliebten schön machen wollte, ihr Geheimfach einer sorgfältigen Waschung unterzog und dann mit dem Finger ein wenig hineintunkend und daran riechend sagte: »Oho, Kleine, du unterstehst dich, noch immer zu stinken! Gib acht, ich werde dir mit Lauge zu Leibe rücken.« Und erfüllte ohne Umstände ihre Drohung.

      Unser Aktenritter hielt sich aber für den schönsten Knaben der Welt, obgleich er selber schlimmer stank als seine schlimmsten Salbereien; mit einem Wort, er zog sich an wie der Frühling, obgleich es draußen Stein und Bein zusammenfror, und machte sich auf den Weg nach der genannten Gasse zu den Schwalbennestern.

      Man ließ ihn eine hübsche Zeit warten; doch als er schon dachte, dass er auf den Leim gegangen wäre wie ein rechter Gimpel – es war unterdessen vollends Nacht geworden –, kam die Zofe und öffnete endlich dem beglückten Ehemann das Haus des Königs. Oben angelangt, schob sie ihn hinter eine Tapetentür nahe bei dem Bett seiner Frau, die bald darauf erschien, vor dem Feuer des Herdes den ganzen Schmuck des Tages ablegte und sich mit einem Nachtgewand bekleidete, das mehr sehen ließ, als es verhüllte. Ein klaffender Spalt in seiner Tapetentür machte den Ehemann zum Zuschauer bei dieser geheimen weiblichen Operation. Die Dame aber, die sich mit ihrer Zofe allein glaubte, hatte tausend übermütige kleine Reden, wie sie bei solcher Gelegenheit den Damen über die Lippen kommen.

      »Bin ich heut nicht zwanzigtausend Dukaten wert, ist das nicht gerade gut genug bezahlt für Schloss Brie?«

      Sie wies bei diesen Worten auf ihre Vorwerke, die wie zwei Bastionen starrten und noch manchen Sturm aushalten konnten, wie sie schon tausendmal furchtbar angegriffen worden waren, ohne etwas von ihrer stolzen Aufrechtheit zu verlieren.

      »Meine Schultern allein sind ein Königreich wert«, sagte sie.

      »Ich zweifle, ob der König ein paar so machen könnte. Aber, bei Gott, mein Handwerk fängt an, mir langweilig zu werden. Was zuviel ist, ist kein Vergnügen mehr.«

      Das Zöfchen lächelte. »Beim König«, sagte die Dame, »ich wollte, du wärst an meiner Stelle!«

      Da lachte die Zofe laut heraus.

      »Sprecht nicht so laut, er ist da.«

      »Wer er?«

      »Euer Gemahl.«

      »Welcher?«

      »Euer Ehegemahl.«

      Und das Kammerkätzchen, das gern die zwölftausend Dukaten gewann, aber auch die Gunst ihrer Herrin nicht verlieren wollte, erzählte ihr kichernd das ganze Abenteuer ins Ohr.

      »Nun denn«, antwortete leise die Frau Advokatin, »er soll was haben für sein Geld. Mag er festgefrieren hinter seiner Tapete. Wenn er mich aber nur mit dem kleinen Finger anrühren darf, will ich meine ganze Schönheit verlieren und hässlich werden wie ein Nussknacker. Du musst dich an meiner Stelle in mein Bett legen, und es mag deine Sache sein, wie du die zwölftausend Dukaten verdienen willst. Sage ihm aber, dass er sich morgen früh beizeiten aus dem Staube mache, damit ich deinen Betrug nicht merke. Um ihn in seiner Täuschung zu erhalten, werde ich kurz vor Tagesanbruch den Platz mit dir tauschen.«

      Der arme Ehemann fror, dass ihm die Zähne klapperten. Unter dem Vorwand, ein Stück Wäsche zu suchen, machte sich die Zofe in seinem Verschlag zu schaffen.

      »Ihr müsst Euch schon ein wenig an Euren Aussichten erwärmen«, sagte sie. »Die Gnädige legt sich für heute Abend in Gala, Ihr sollt Euer Geld nicht zum Fenster hinausgeschmissen haben. Aber beißt die Zähne aufeinander und muckst mir nicht! Ich wäre verloren.«

      Endlich, als der Mann glücklich steifgefroren war, wurden die Lichter ausgelöscht, dann in wenigen Minuten erschien von neuem die Zofe, um der königlichen Geliebten zu melden, dass der Edelmann warte. Dann hüpfte sie in das königliche Bett, die Dame aber, wie wenn es die Zofe wäre, entfernte sich aus dem Gemach.

      Nun zögerte der Anwalt nicht, aus seinem kalten Loch hervorzutreten und unverweilt unter die Bett-Tücher zu kriechen, wo er sich in allen Himmeln fühlte. Die Kammerfrau knickerte nicht für die zwölftausend Dukaten, und der gute Advokat war ganz erstaunt über den Überfluss in einem königlichen Hause zum Unterschied der kleinen und ängstlichen Ausgaben einer Bürgersfrau. Sie spielte ihre Rolle gut, die verschmitzte Zofe, sie regalierte den Federfuchser mit kleinen unterdrückten Schreien, die echt klangen, wenn sie's auch nicht waren, wand und bäumte sich wie ein Karpfen auf dem Stroh und machte von Zeit zu Zeit ihr ›ah, ah‹, was sie jeder andern Rede überhob. Sie gab ihrem Advokaten so viele Fragen auf, und er blieb auf

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