Die Kleinbürger. Оноре де Бальзак
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Читать онлайн книгу Die Kleinbürger - Оноре де Бальзак страница 19
»Und der Notar,« sagte Dutocq, »warum lässt der sich das entgehen?«
»Der Notar, mein lieber Junge? Der ist ja gerade unser Glück! Er ist genötigt, seine Stelle zu verkaufen, da er auch sonst ruiniert ist, und hat sich dieses Stückchen aus dem Rest des Kuchens vorbehalten. Weil er diesen Esel von Claparon für ehrlich hält, hat er ihn beauftragt, einen vorgeschobenen Käufer für ihn zu finden; denn er muss ebenso vertrauensvoll wie klug sein. Wir werden ihn nun glauben lassen, dass Fräulein Thuillier ein anständiges Fräulein ist, das dem armen Claparon ihren Namen leihen will, und so werden sie alle beide hineingelegt werden, Claparon und der Notar. Ich bin dieses kleine Geschenk meinem lieben Claparon schuldig, der mir damals bei der Gründungsgeschichte alle Schuld aufgebürdet hat, wo wir von Couture betrogen wurden, in dessen Haut zu stecken ich Ihnen nicht wünschen möchte!«, sagte er, und ein Strahl teuflischen Hasses brach aus seinen trüben Augen. »Ich habe gesprochen, meine hohen Herren!« fügte er mit lauter Stimme hinzu, die ganz durch die Löcher seiner Nase drang, und nahm eine theatralische Haltung an, denn in einer der Zeiten seines äußersten Elends war er auch Schauspieler gewesen.
Als er seine Darlegung beendet hatte, klingelte es an der Tür, und la Peyrade erhob sich, um zu öffnen.
»Sind Sie immer noch mit ihm zufrieden?« sagte Cérizet zu Dutocq. »Er macht mir einen so merkwürdigen Eindruck ..., ich verstehe mich doch auf Verräterei.«
»Er ist so vollkommen in unsern Händen,« sagte Dutocq, »dass ich mir nicht die Mühe nehme, ihn zu beobachten; aber, unter uns gesagt, ich hielt ihn nicht für so klug, wie er ist. Wir hatten geglaubt, auf ein Rennpferd einen Mann gesetzt zu haben, der nicht reiten kann, und jetzt zeigt sichs, dass der Kerl ein alter Jockey ist! So stehts ...«
»Er mag sich in acht nehmen!« sagte Cérizet dumpf, »ich kann ihn umblasen wie ein Kartenhaus. Aber Sie, Papa Dutocq, Sie können ihn ja bei der Arbeit sehen und ihn jeden Augenblick beobachten; passen Sie auf ihn auf! Übrigens habe ich eine Möglichkeit, ihm auf den Zahn zu fühlen, ich werde ihm von Claparon den Vorschlag machen lassen, sich unsrer zu entledigen, und dann werden wir ja sehen ...«
»Das wäre nicht übel«, sagte Dutocq, »du bist nicht blöde.«
»Man versteht sein Handwerk, das ist alles!« sagte Cérizet.
Diese Worte wurden leise gesprochen, während Theodosius bis zur Tür ging und wieder zurückkam. Cérizet musterte alles im Arbeitszimmer, als der Advokat wieder erschien.
»Es ist Thuillier,« sagte Theodosius, »ich erwartete seinen Besuch; er ist im Salon ... Er braucht Cérizets Überrock nicht zu sehen,« fügte er lächelnd hinzu, »diese Schnüre da würden ihn beunruhigen.«
»Bah! Du empfängst arme Leute, das ist doch dein Beruf ... Brauchst du Geld?« fuhr Cérizet fort und holte hundert Franken aus der Hosentasche. »Nimm, nimm, das wird dir gut tun.«
Und er legte den Stapel auf den Kamin.
»Übrigens«, sagte Dutocq, »können wir uns ja auch durch das Schlafzimmer entfernen.«
»Also adieu«, sagte der Provenzale und öffnete ihnen die Tapetentür, die von dem Arbeitszimmer ins Schlafzimmer führte. »Treten Sie ein, mein verehrter Herr Thuillier«, rief er dem alten Beau zu. Und als er ihn in der Tür des Arbeitszimmers erscheinen sah, begleitete er seine beiden Genossen durch das Schlaf- und Ankleidezimmer und die Küche, deren Tür auf den Hausflur ging.
»In sechs Monaten musst du Celestes Mann und aus aller Not sein ... Du bist doch ein glücklicher Mensch, du, du hast nicht auf der Anklagebank vor dem Zuchtpolizeigericht gesessen, zweimal ... wie ich! Das erstemal im Jahre 1825 in einem Tendenzprozesse, ... wegen einer Reihe von Artikeln, die ich nicht geschrieben hatte, und das zweitemal wegen der Gewinne aus der Gründungsgeschichte, die uns vor der Nase weggeschnappt wurden! Aber nun Feuer dahinter, verdammt noch mal! Dutocq und ich, wir haben jeder unsre fünfundzwanzigtausend Franken verflucht nötig; also viel Glück, mein Lieber!« schloss er und reichte Theodosius die Hand, indem er sie prüfend drückte. Der Provenzale reichte Cérizet die Rechte und drückte ihm aufs wärmste die Hand.
»Sei überzeugt, mein Junge, dass ich unter keinen Umständen jemals vergessen werde, aus welcher Lage du mir herausgeholfen und mich in den Sattel gesetzt hast ... Ich bin euer Angelhaken, aber ihr lasst mir einen schönen Anteil an der Beute, und ich müsste ja niederträchtiger als ein Sträfling, der sich als Spion anbietet, sein, wenn ich nicht offenes Spiel spielen würde.«
Sobald die Tür geschlossen war, sah Cérizet durchs Schlüsselloch, um Theodosius' Gesicht zu beobachten; aber der Provenzale hatte sich schon umgewandt, um zu Thuillier zurückzueilen, und sein misstrauischer Genosse konnte nicht sehen, welchen Ausdruck seine Physiognomie angenommen hatte.
Es war weder Widerwille noch Ärger, sondern Freude, was sich jetzt auf seinem unbeobachteten Gesichte malte. Theodosius sah, wie die Chancen des Erfolges sich immer günstiger für ihn gestalteten, und er schmeichelte sich mit dem Gedanken, dass er sich von seinen üblen Helfershelfern, obwohl er ihnen alles verdankte, schon würde losmachen können. Das Elend hat, besonders in Paris, unergründliche schmutzige Tiefen, und wenn ein darin Versunkener wieder an die Oberfläche kommt, so bringt er an seinem Körper und an seinen Kleidern die Spuren des Schmutzes mit herauf. Cérizet, Theodosius' früherer wohlhabender Freund und Beschützer, war der Schmutzfleck, der noch an dem Provenzalen haftete, und der alte Gründungsschwindler ahnte, dass dieser ihn sich würde abbürsten wollen, wenn er in eine Sphäre gelangte, wo ein anständiges Aussehen Bedingung war.
»Mein lieber Theodosius,« sagte Thuillier, »wir haben Sie jeden Tag in dieser Woche erwartet, und jeden Abend haben wir unsre Erwartung getäuscht gesehen. Aber diesen Sonntag haben wir unser Diner, und meine Schwester und meine Frau haben mich beauftragt, Sie dazu zu bitten ...«
»Ich hatte so viel zu tun,« sagte Theodosius, »dass ich für niemanden, wer es auch sei, auch nur zwei Minuten übrig hatte, selbst nicht für Sie, den ich doch zu meinen Freunden rechne, und mit dem ich zu reden hatte ...«
»Wie? Denken Sie denn wirklich ernsthaft an das, worüber Sie mit mir gesprochen haben?« unterbrach Thuillier Theodosius.
»Wenn Sie nicht gekommen wären, damit wir uns darüber verständigen, dann würde ich Sie nicht so hochschätzen, wie ich es tue«, entgegnete la Peyrade lächelnd. »Sie waren doch Vizechef, Sie werden also doch wohl noch ein wenig Ehrgeiz haben, und der ist bei Ihnen nur allzu berechtigt! Hören Sie! Unter uns gesagt, wenn man sieht, wie dieser Minard, ein vergoldeter Hohlkopf, zu Hofe geht und sich in den Tuilerien breit macht; wie Popinot auf dem Wege ist, Minister zu werden; ... und Sie, ein Mann, der die Geschäfte der Verwaltung am Schnürchen hat, ein Mann mit dreißigjähriger Erfahrung, der unter sechs Regierungen gedient hat, Sie sollen sich damit begnügen, in der Stille Ihre Rosen zu züchten? Oh, nein! ... Ich rede offen, mein lieber Thuillier, ich will Sie in die Höhe bringen, weil Sie mich dann mit emporziehen ... Also hören Sie meinen Plan. Aus unserm Bezirk soll ein Mitglied des Magistrats gewählt werden, und das sollen Sie sein! ... Und,« sagte er mit Nachdruck, »das werden Sie sein! Dann werden Sie eines Tages zum Deputierten des Bezirks gewählt werden, sobald die Kammer neu gewählt wird, was ja nicht mehr lange dauern kann ... Die Stimmen, die Sie zum Mitglied der Stadtverwaltung gewählt haben, werden Ihnen auch bei der Deputiertenwahl treu bleiben, verlassen Sie sich dabei auf mich ...«
»Aber wie wollen Sie das zustande bringen?« rief Thuillier aus, fasziniert von dieser Aussicht.
»Das