Die Kleinbürger. Оноре де Бальзак

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Die Kleinbürger - Оноре де Бальзак

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Herr Bürgermeister erhob sich jetzt, wobei tiefes Schweigen eintrat.

      »Meine Herren, auf unsre Verfassung! Sie ist die Quelle der Macht und Größe des dynastischen Frankreichs!«

      Die Flaschen verschwanden unter einstimmiger Bewunderung der erstaunlichen Qualität und Feinheit der Getränke.

      Celeste Colleville sagte schüchtern:

      »Liebe Mama, würden Sie mir gestatten, auch ein Hoch auszubringen?«

      Das arme Kind hatte das starre Gesicht ihrer Patin bemerkt, der Herrin des Hauses, die man vergessen hatte, und deren Blick mit dem Ausdruck eines Hundes, der nicht weiß, welchem Herrn er gehorchen soll, von dem Gesicht ihrer schrecklichen Schwägerin bis zu dem Thuilliers über alle hinwegirrte, ohne an sich selbst zu denken; aber die Freude auf diesem Sklavenantlitz, das daran gewöhnt war, nicht mitzuzählen und seine Gedanken und Empfindungen zu unterdrücken, leuchtete nur, wie die bleiche Wintersonne durch den Nebel scheint: sie konnte nur schwer dieses schlaffe, verkümmerte Gesicht aufhellen. Die Gazehaube mit dunklen Blumen, die nachlässige Frisur, das karmeliterbraune Kleid, dessen Taille als einzigen Schmuck eine dicke goldene Kette aufwies, alles dies, ihre ganze Haltung, rührte die junge Celeste, die allein in der Welt den Wert dieser Frau zu schätzen wusste, die zum Schweigen verdammt war, die alles um sich her verstand, unter allem litt und sich mit sich selber und ihrem Gott trösten musste.

      »Lassen Sie das gute Kind seinen kleinen Toast sprechen«, sagte la Peyrade zu Frau Colleville.

      »Auf meine liebe Patin!« sagte das junge Mädchen und neigte ihr Glas respektvoll vor Frau Thuillier und reichte es ihr zum Anstoßen hin.

      Die arme Frau sah ganz verstört, aber durch einen Tränenschleier, abwechselnd ihre Schwägerin und ihren Mann an; ihre Stellung innerhalb der Familie war so bekannt, und die unschuldige ehrerbietige Freundlichkeit, die ihrer Schwachheit erwiesen wurde, war etwas so Schönes, dass jeder Rührung empfand; alle Herren erhoben sich und verneigten sich vor Frau Thuillier.

      »Ach, Celeste! Ich wünschte, ich könnte Ihnen ein Königreich zu Füßen legen!« sagte Felix Phellion zu ihr.

      Der gute Phellion wischte sich eine Träne ab und selbst Dutocq war bewegt.

      »Was für ein reizendes Kind!« sagte Fräulein Thuillier, die aufstand und ihre Schwägerin umarmte.

      »Jetzt ist die Reihe an mir!« sagte Colleville und nahm eine Athletenpose an. »Passen Sie auf! Auf die Freundschaft! Ausgetrunken und frisch gefüllt! – Schön! Auf die Künste, den Schmuck des gesellschaftlichen Daseins! Ausgetrunken und frisch gefüllt! – Auf noch ein solches Fest am Tage nach der Wahl!«

      »Was ist denn das für eine kleine Flasche? ...« fragte Dutocq Fräulein Thuillier.

      »Das ist eine von meinen drei Flaschen Likör von Frau Amphoux; die zweite wird für Celestes Hochzeitstag aufgehoben, und die dritte für die Taufe ihres ersten Kindes.«

      »Meine Schwester hat beinahe den Kopf verloren«, sagte Thuillier zu Colleville.

      Das Diner wurde mit einem Toaste Thuilliers beendet, zu dem ihn Theodosius veranlasste, als der Malaga in den kleinen Gläsern wie eine Reihe Rubine erglänzte.

      »Colleville, meine Herren, hat einen Toast auf ›die Freundschaft‹ ausgebracht; ich trinke mit diesem edlen Weine ›auf meine Freunde‹! ...«

      Ein wütendes Hurra begrüßte diese Sentimentalität; aber als Dutocq zu Theodosius sagte:

      »Es ist eine Sünde, einen solchen Malaga diesen Zungen gewöhnlichster Sorte vorzusetzen ...«, rief die Bürgermeisterin aus: »Ach, wenn man so was nachmachen könnte, mein Lieber,« und brachte durch die Art, wie sie den spanischen Wein ausschlürfte, das Glas zum Klingen, »was für ein Vermögen ließe sich damit machen! ...«

      Zélie war auf der höchsten Stufe des Rotglühens angelangt; sie sah zum Erschrecken aus.

      »Unseres ist bereits gemacht!« erwiderte Minard.

      »Meinst du nicht auch,« sagte Brigitte zu Frau Thuillier, »dass wir den Kaffee lieber im Salon trinken?«

      Frau Thuillier gab sich gehorsam den Anschein, als sei sie die Herrin des Hauses und erhob sich.

      »Ach, Sie sind ein wahrer Zauberer«, sagte Flavia Colleville und nahm la Peyrades Arm, als sie aus dem Speisezimmer in den Salon gingen.

      »Mir liegt nur daran,« entgegnete er, »Sie zu bezaubern; und glauben Sie mir, ich nehme damit nur Revanche; Sie sind heute bezaubernder als je!«

      »Thuillier,« bemerkte sie, um dieser Diskussion aus dem Wege zu gehen, »Thuillier hält sich für einen Politiker!«

      »Aber, Beste, der Hälfte der lächerlichen Erscheinungen in der Gesellschaft wird so etwas eingeredet; die Leute selbst sind daran unschuldiger als man denkt. Wie oft sieht man nicht in den Familien, dass der Mann, die Kinder und die Hausfreunde einer ganz dummen Mutter einreden, dass sie geistvoll, einer fünfzigjährigen, dass sie schön und jung sei! ... Daher diese für Unbeteiligte unbegreiflichen Verkehrtheiten. Solche Leute sind lächerlich eitel, weil ihre Mätresse sie anbetet, oder stolz auf ihre Reimkunst, weil andere dafür bezahlt werden, sie glauben zu machen, dass sie große Dichter seien. Jede Familie hat ihren bedeutenden Mann, und daher, wie in der Kammer, das allgemeine Dunkel trotz aller Leuchten Frankreichs ... Geistvolle Leute lachen darüber unter sich, das ist alles. Sie sind der Geist und die Schönheit dieser Kleinbürgergesellschaft; deshalb habe ich mich Ihnen anbetend geweiht; aber mein nächster Gedanke war, Sie hier herauszuziehen, denn ich habe Sie ernsthaft lieb und mit einem Gefühl, in dem mehr Freundschaft als Liebe enthalten ist, wenn auch viel Liebe sich dabei meldet«, fügte er hinzu und drückte sie im Schutze der Fensternische, in die er sie geführt hatte, ans Herz.

      »Frau Phellion wird den Klavierpart übernehmen«, sagte Colleville; »heute muss alles tanzen: die Flasche, die Zwanzigsousstücke Brigittes und unsre kleinen Mädels! Ich werde meine Klarinette holen.«

      Und er übergab seine leere Kaffeetasse seiner Frau, indem er darüber lächelte, dass er sie in so gutem Einvernehmen mit Theodosius sah.

      »Was haben Sie denn mit meinem Manne gemacht?« fragte Flavia ihren Verführer.

      »Müssen wir uns alle unsre Geheimnisse anvertrauen?«

      »Haben Sie mich denn nicht lieb?« erwiderte sie und warf ihm einen Blick mit der koketten Verschmitztheit einer Frau zu, die sich beinahe schon entschieden hat.

      »Oh, da Sie mir die Ihrigen anvertrauen,« begann er wieder und ließ sich zu der erregten Lustigkeit der Provenzalen hinreißen, die anscheinend so reizvoll und so natürlich ist, »will ich Ihnen doch nicht verhehlen, was mir das Herz bedrückt ...«

      Er führte sie wieder in die Fensternische zurück und sagte lächelnd:

      »Colleville, der gute Kerl, hat in mir die von diesen Kleinbürgern unterdrückte Künstlernatur erkannt, die vor ihnen sich schweigend verhalten muss, weil sie sich nicht verstanden, falsch beurteilt und zurückgestoßen sieht; aber er hat die Glut des heiligen Feuers, das mich verzehrt, verspürt. Ja, gewiss,« sagte er mit tiefster Überzeugung, »ich bin ein Künstler des Wortes, wie Berryer; ich könnte die Geschworenen zum Weinen bringen und selber dabei weinen, denn ich bin nervös wie ein Weib. Er, dem diese ganze Kleinbürgergesellschaft grässlich ist, hat sich also mit

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